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05.01.02 Ein Blick auf die Geschichte und Entwicklung des großen, kleinen Portugal

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 05. Januar 2002


Im Windschatten Europas
Ein Blick auf die Geschichte und Entwicklung des großen, kleinen Portugal

Bisher existierte keine Gesamtdarstellung der portugiesischen Geschichte in deutscher Sprache. Walther L. Bernecker und Horst Pietschmann, zwei sehr gute Kenner der iberischen Welt, stopfen diese fatale Lücke. Auf knappen 136 Seiten präsentieren sie Portugals eigenartige historische Entwicklung.

Portugal entstand im Verlauf der Rückeroberung der iberischen Halbinsel von den Mauren. Ursprünglich eine Grafschaft, etablierte es sich zwischen dem 12. und 14. Jahrhundert als unabhängiges Königreich. Gleichzeitig formten portugiesische Dynasten ein zentrales Staatswesen, das Geldwirtschaft und Handel organisierte. So gehört Portugal „zu den ältesten und homogensten Staatsnationen Westeuropas“.

Wenig später eröffnete Portugal eine neue Phase der Weltgeschichte. Am Ende des 15. Jahrhunderts umrundeten portugiesische Kapitäne die Südspitze Afrikas und entdeckten Seewege nach Indien. Der Import asiatischer Gewürze begründete das Luxusleben kleiner Oligarchien, während Brasilien zum wichtigsten Teil des portugiesischen Kolonialimperiums avancierte.

Jedoch nutzte Portugal die Ressourcen seiner Besitzungen nicht produktiv. Die Plünderung der Kolonien mündete in die Verarmung des Landes. Eng verknüpft hiermit sind zwei fundamentale Sachverhalte zu beachten. 1506 wurden fast alle portugiesischen Juden vertrieben, und dann kam die Inquisition. Gewerbliche und wissenschaftliche Berufe mieden viele auch deshalb, weil man sie für „jüdisch“ hielt. Strukturell ähnelte Portugal dem spanischen Nachbarn; ein verfehltes Denken ruinierte das Land. Bis weit in das 20. Jahrhundert sollte es Portugal nicht gelingen, diesen katastrophalen Trend umzukehren.

Der koloniale Expansionismus überforderte das kleine Königreich. 1580 fiel es an Spanien, welches Portugal finanziell zur Ader ließ. Dank britischer Hilfe sicherte Portugal die 1640 wieder errungene Selbständigkeit. Politisch und wirtschaftlich unterlag Lissabon künftig englischer Dominanz.

Alle Versuche der Krone, das Land zu modernisieren, zeigten nur begrenzte Erfolge. Gegen Adel und Kirche vermochten sich die Reformer nicht zu behaupten.

Nach schweren inneren Kämpfen gab es seit 1851 stabile konstitutionelle Staatsführungen. Der politischen Öffnung entsprach allerdings nicht die wirtschaftliche Lage, denn die Industrialisierung machte wenige Fortschritte.

An diesem Gegensatz scheiterte auch die Erste Republik, 1910 bis 1926. Sie verlief im Zeichen blutiger Unruhen. Zuletzt putschten Militärs, entmündigten die niederen Volksklassen und errichteten eine Diktatur. Weiterhin verharrte Portugal in Rückständigkeit.

Verlustreiche und aussichtslose Kolonialkriege bedingten 1974 die friedliche „Nelkenrevolution“. 1976 erhielt Portugal eine demokratische Verfassung, und das Parteiensystem konsolidierte sich. Der Vorherrschaft linker Parteien folgten in den 80er Jahren Mitte-Rechts-Regierungen. Massive Finanzspritzen der EU ermöglichten es, moderne Industrien aufzubauen. Jedem interessierten Laien sei dieses Buch empfohlen! Rolf Helfert

Walther L. Bernecker, Horst Pietschmann, Geschichte Portugals. Vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart, C. H. Beck, München 2001, 136 Seiten, 7,57 E