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12.01.2002 Schloß jetzt!

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 12. Januar 2002


Kommentar
Schloß jetzt!

Durchhaltevermögen zahlt sich eben aus. Nach über zehn Jahren zähen Ringens scheint Wilhelm von Boddien nun endlich am Ziel: Berlin erhält, zumindest in wesentlichen Teilen, sein historisches Stadtschloß sehr wahrscheinlich zurück.

Dafür hatte der Hamburger Kaufmann mit seinem „Förderverein Berliner Stadtschloß“ seit der Vereinigung unermüdlich gekämpft. Unvergessen bleibt die Installation einer Attrappe im Maßstab eins zu eins im Sommer 1993. Schlagartig machte das „Luftschloß“ Berlinern und Touristen klar, welcher Schatz der Nation verlorengegangen war.

Auf der politischen Ebene tat sich seitdem wenig, bis Bund und Land Berlin eine Expertenkommission einsetzten. In den kommenden Wochen wird deren Empfehlung erwartet. Vor Weihnachten sickerte nach der achten Sitzung des 23köpfigen Gremiums unter Vorsitz des Österreichers Hannes Swoboda durch: Es steht gut für das Schloß. Zumindest sollen die Fassade, der Schlüterhof und einige repräsentative Innenräume in altem Stil erstehen. Die Raumhöhen sollen insgesamt den historischen gleichen.

Wilhelm von Boddien nutzt die Gunst dieser Entscheidung für die nächste Offensive. Am 16. Januar stellt er in Berlin ein Finanzierungsmodell vor. In DM berechnet wird der ganze Bau demnach 1,35 Milliarden kosten - 350 Millionen allein das Grundstück, welches Bund und Land gehört und das diese kostenlos zur Verfügung stellen sollen. 400 Millionen Mark trägt nach Boddien die Preußenstiftung bei. Die hätte sie sonst ohnehin zur Sanierung ihrer Dahlemer Bauten benötigt, welche sie nach Einzug ins Schloß nicht mehr benötigt. 300 Millionen Mark soll die Landesbibliothek einspeisen.

Die restlichen 300 Millionen will Boddien bei institutionellen und privaten Anlegern sammeln. Hoch erfreut zeigte sich der Fördervereinschef über die jetzt schon rege Resonanz aus dem Volk. Unter dem Motto „Werden Sie Schloßbesitzer“ hätten sich zahllose Interessenten bei ihm gemeldet.

Die historischen Fassaden wiederum fordern weitere 150 Millionen Mark. Die will Boddien durch Spenden aufbringen. Das Beispiel der Dresdner Frauenkirche macht zuversichtlich, daß dies gelingt.

Wie es scheint, hat der rot-rote Senat in der Sache erfreulicherweise nicht mehr viel zu melden. Kanzler Schröder hat sich bereits eindeutig für das Schloß ausgesprochen. Und: Selbst im Ostteil Berlins hat der alte Hohenzollernsitz mittlerweile doppelt so viele Freunde wie ein Erhalt des „Palastes der Republik“. Aber auch wenn alles planmäßig verläuft, wird es bis zum Baubeginn noch eine Weile dauern. In dieser Zeit kann sich die Nation Gedanken darüber machen, wie sie den Mann ehren will, der sie durch alle wirren Debatten hindurch zum Glück einer neuen architektonischen Mitte geradezu genötigt hat: Wilhelm von Boddien. Hans Heckel