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12.01.2002 »Ein Amerikaner auf den Spuren der Geschichte Preußens«

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 12. Januar 2002


»Ein Amerikaner auf den Spuren der Geschichte Preußens«
Auch hier bestimmen wieder viele Vorurteile die Sicht der preußisch-deutschen Geschichte des Autors James Charles Roy

Daß sich ein Amerikaner auf die Suche nach Preußen begibt, ist bemerkenswert. So will denn wohl auch der entsprechende Untertitel Neugier erwecken. Bei allen unwillkürlichen Vorbehalten, die sich hinsichtlich dieser einander doch fremden Welten einstellen - vielleicht gibt es ja einen Erkenntnisgewinn beim Blick von der Neuen Welt auf die preußisch-deutsche Geschichte?

Um das Ergebnis vorwegzunehmen: diese Lesefrucht zu pflücken, das lohnt - wie eigentlich erwartet - nur sehr bedingt. Man stößt auf viele alte Vorurteile, auf die auch hierzulande sattsam bekannten Geschichtsklitterungen und antipreußische Propaganda, wie sie im 20. Jahrhundert von den westlichen Demokratien in nicht enden wollender Aggressivität und zur Verschleierung brutaler Interessendurchsetzung gegen Deutschland benutzt wurden. Einen unliebsamen Konkurrenten aus dem Feld zu schlagen und möglichst zu vernichten, das war - unter dem Deckmantel höherer Moral - jahrhundertelang das politische Ziel gegen Preußen und später ganz Deutschland.

Die Lektüre dieses Preußen- Buches eines Amerikaners könnte einen gewissen Anreiz bedeuten, abermals der Genese von Vorurteilen auf den Grund zu gehen. Überhaupt erwähnenswert ist dieses Buch aber durch seine journalistische Art, Geschichte in die Gegenwart zu holen, indem der Autor die Regionen und Orte, deren Geschichte er beschreibt, selber aufgesucht hat. Er führte Gespräche mit Menschen, die heute dort leben oder aber von dort vertrieben worden waren. Die preußisch-deutsche Geschichte während eines großen Teils des 20. Jahrhunderts wird so durch persönliche Erinnerungen und Erlebnisse veranschaulicht.

Zunächst aber noch zu einzelnen Fakten und Aussagen, die hier vermittelt werden. Wie üblich, wird die Zahl der Opfer von Flucht und Vertreibung kleingerechnet. Nun ist eine solche Sichtweise kein Wunder, wenn vorher im Stil anhaltender Kriegspropaganda Preußen als „erbarmungslos“ charakterisiert wird: „Das einfache Wort ‚Preußen‘ beschwört bei den meisten Leuten sofort das schaurige Bild endloser Kriege herauf - Pickelhaube, Schaftstiefel, Stechschritt, Adler, Blut und Zerstörung.“

Und selbstverständlich waren es immer „Angriffskriege“, die Preußen führte. (Frankreich, England und die USA haben sich ja bekanntermaßen über die Jahrhunderte hin stets nur „verteidigt“.) Die Feinde Preußens wurden regelmäßig „abgeschlachtet“. Das begann schon mit dem Deutschen Orden, der im Osten versuchte, „das Krebsgeschwür seiner Existenz einzupflanzen“. Offenbar gelang ihm das glücklicherweise doch nicht, denn der Autor fuhr auf seinen Reisen im heutigen Ostpreußen stets „an einem typisch slawischen Landgut nach dem anderen vorbei“. Wie diese entstanden sind, scheint ein Rätsel zu sein, über das sich der Autor keine Gedanken macht. Hier verhält er sich genauso wie die polnische Geschichtsschreibung, die Jahrhunderte wegräumt mit dem Märchen von den „wiedergewonnenen Gebieten“.

Man könnte mit der Aufzählung von derlei Zitaten amerikanischer und polnischer Geschichtsklitterungen - zugerichtet für die immerwährende Umerziehung der Deutschen zum dauerhaften Wohle Hollywoods, der Anwälte der amerikanischen Ostküste sowie polnischer Besitzansprüche - das Buch beiseite legen. Das jedoch würde den Leser um einen tatsächlichen Erkenntnisgewinn bringen - etwas bescheidener formuliert: man würde die Erfahrungen des Autors ver- säumen, die er im heutigen Polen - in den „wiedergewonnenen Gebieten“ - gemacht hat. Und die sind weitgehend negativ! Nicht nur ist der Autor entsetzt über den verwahrlosten Zustand des Landes, der Städte und Dörfer der früheren preußischen Provinzen. Auch die Mentalität der jetzigen Bewohner irritiert den Amerikaner. Wenn jemand wie unser Autor mit der Unterstützung eines „Holocaust Education Committee“ nach Polen kommt und dort auf dem Boden des damals angeblich so judenfeindlichen Preußen immer wieder mit einem viel aggressiveren heutigen Antisemitismus konfrontiert wird und aus der sonst so erfolgreichen Stilisierung der Polen als ewige Opfer plötzlich Chauvinisten und Täter werden, dann ist der Kulturschock wohl unvermeidlich.

Das trifft ebenso zu für seinen Besuch in der Region und Stadt „Kaliningrad“ - wohin ja die westlichen Demokratien durch ihren gemeinsamen Beschluß in Potsdam zum Völkermord an den Deutschen die blutigste Diktatur des 20. Jahrhunderts gebracht haben. Eine kritische Reflexion dieser damaligen Kollaboration und ihrer Folgen ist von einem US-Amerikaner allerdings ebensowenig zu erwarten wie von einem heutigen Deutschen, dessen ‚historische Kenntnisse’ sich überwiegend zeitgeschichtlicher Desinformation verdanken.

Einmal verweist der Autor selber auf diesen pädagogischen Wissensnotstand - der eigentlich ein Skandal sein müßte, zum im Hinblick auf die permanent geforderte „Erinnerungskultur“ -, wenn er von „jener mit entsetzlichen Leiden verbundenen Massenflucht aus Ostpreußen“ berichtet, „von der die meisten Einwohner Westdeutschlands jedoch erstaunlich wenig wissen“. Und wohl mit Blick auf die anhaltende Diskussion über Täter und Opfer der Kriegs- und Nachkriegszeit fährt er fort: „Doch es läßt sich nicht leugnen, daß auch diese Menschen zu den Opfern gehörten und daß sie alles verloren, was sie besaßen. Zu behaupten, ihr individuelles Leid sei gerechtfertigt, weil die Deutschen als Volk insgesamt nichts anderes verdient hätten, geht an der Sache vorbei.“ Gerhard Schwarz

James C. Roy: „,... es war einmal ein Königreich ...‘ Ein Amerikaner auf den Spuren der Geschichte Preußens“. Verlag Langen Müller, München, 2001, 400 Seiten, Preis: 25,51 Euro.