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12.01.2002 Die Hochmeister des Deutschen Ordens in Preußen (VIII) Konrad von Wallenrode

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 12. Januar 2002


Serie:
Die Hochmeister des Deutschen Ordens in Preußen (VIII) Konrad von Wallenrode
von Friedrich Borchert

Konrad von Wallenrode (1391-1393) war nach dem Tode seines Vorgängers und Namensvetters Konrad Zöllner von Rotenstein Statthalter, bis er am 12. März 1391 selber zum Hochmeister gewählt wurde. Seit 1382 hatte er als Oberster Marschall und ab 1387 als Großkomtur dem Deutschen Orden gedient. Bereits 1377 leitete er die große Komturei Schlochau in Pommerellen.

Konrad v. Wallenrode entstammte einer fränkischen Adelsfamilie aus der Gegend von Rothenburg, die dem Deutschen Orden und der Kirche einige tatkräftige Mitglieder stellte. Vater Tiberius v. Wallenrode hatte fünf Söhne, von denen zwei, nämlich Konrad und Friedrich, in den Orden eintraten und einer Priester und später Bischof von Lübeck wurde.

Es gelang dem Hochmeister, den langanhaltenden Streit mit dem Erzbischof von Riga zu beenden, indem er seinen Vetter Johann von Wallenrode unter Aufbietung diplomatischer und finanzieller Mittel protegierte und dessen Einsetzung als Erzbischof von Riga und Metropolit bewirkte. Dank seines diplomatischen Geschicks inkorporierte der Papst das Erzstift Riga im Jahre 1394 sogar dem Deutschen Orden.

Andererseits war die politische Lage beim Amtsantritt des neuen Hochmeisters besorgniserregend. Neben dem damals noch herrschenden Zwist mit dem Erzbischof von Riga war auch Litauen keineswegs ein berechenbarer Nachbar, denn Großfürst Witold wechselte wiederholt die Seiten. Die Gegnerschaft mit Polen schwelte fortwährend; es besetzte kurzerhand das vom Herzog von Oppeln an den Orden verpfändete Dobriner Land an der westpreußischen Südgrenze. Aus dem Reich, das dem Geschehen teilnahmslos zusah, war kein Beistand zu erwarten, denn König Wenzel und einige norddeutsche Fürsten paktierten aus egoistischen Gründen sogar mit Polen.

Am Huldigungstag anläßlich der Amtsübernahme wurden Klagen über Gebrechen des Landes vorgebracht, wobei die Opposition unter Führung der Handelsstädte besonders die Wirtschaftspolitik der Großschäffer hin- sichtlich des steigenden Eigenhandels des Deutschen Ordens kritisierte.

Der neue Hochmeister war ein untadliger, kraftvoller Mann, der mit fester Hand das Land regierte, ein Regent, wie ihn Preußen in jener gefahrvollen Zeit brauchte, aber viel zu früh verlor. Spätere Geschichtsschreiber stellen ihn wohl wegen seiner gewaltigen, etwas düsteren Gestalt und unter dem Eindruck von mißverstandenen Visionen der frommen Klausnerin Dorothea von Montau († 1394) als bösartigen Tyrannen dar. Sicher hat Wallenrodes Vorbehalt gegen Priester und Mönche, der wohl gelegentlich bis zur Verachtung ging, zu der negativen Beurteilung durch die fromme Mystikerin geführt, die natürlich von ihrem Mentor, dem Domdechanten Johannes Marienwerder, stark beeinflußt worden ist. Ihre Visionen sind aus heutiger Sicht nur unter Berücksichtigung mittelalterlicher Mystifizierungen und fanatisierten Glau- benswillens zu bewerten.

Der negativen Beurteilung durch den dem Deutschen Orden feindlich gegenüberstehenden Dominikanermönch Simon Grunau, der 140 Jahre später lebte, braucht man angesichts seiner häufig fehlerhaften, teils sogar lügnerischen Darstellungen beweisbarer Sachverhalte keine Beachtung zu schenken.

Beide genannten tendenziösen Sichtweisen wurden von chauvinistischen polnischen Schriftstellern, wie beispielsweise Adam Mickiewicz (um 1827), allzugern übernommen.

Dagegen schreiben zeitgenössische Chronisten, wie zum Beispiel Johann von Posilge und Wigand von Marburg, durchaus positiv über den Hochmeister. Bei Posilge liest man unter anderem: „Dieser Meister war von seinen Gebietigern und Herren des Ordens sehr gefürchtet, weil er nicht wollte, daß sie ihren armen Leuten Gewalt antäten. Auch war er sehr gefürchtet von den im Umland sitzenden Herren, den Herzogen oder wer sie waren. Gütig und milde war er gegenüber seinen Rittern und Knechten, sowie den Städten und Ländern.“ (Übersetzt aus der Chronik von Johannes von der Posilge, bischöflich pomesanischer Offizial zu Riesenburg.) Auch der Kreuzfahrer Wigand von Marburg berichtete positiv, als er schrieb: „Einst Marschall, dann Großkomtur, hatte er sich in allem gut gehalten. Während seiner Meisterschaft hatte er Anfeindungen … Er dachte klug vorausschauend, wie er den Polen und Heiden widerstehen könnte, die den Orden mit vielfacher List beunruhigten.“

Stets richtete Konrad v. Wallenrode seine diplomatische Kunst und seine militärische Strategie auf die Abwehr der dem Ordensstaat gegenüberstehenden mächtigen Koalition aus Polen und Litauen. Freilich mußte er dem Land und seinen Bewohnern schwere Opfer auferlegen, um es vor einer Katastrophe zu bewahren. Dank seines großen diplomatischen Geschicks und seiner unermüdlichen Tatkraft gelang es ihm, die immanenten Spannungen in der polnisch-litauischen Union zum Vorteil Preußens zu nutzen.

Mitten in seiner kurzen, aber verdienstvollen Regentschaft wurde der Hochmeister des Deutschen Ordens plötzlich von einem heftigen Fieber ergriffen, das ihm die Besinnung raubte und ihn binnen weniger Tage hinwegraffte. Konrad v. Wallenrode wurde neben seinen Vorgängern in der Hochmeistergruft, der St. Annen-Krypta, auf der Marienburg beigesetzt.