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19.01.2002 Auch Modefotografie und Mannequins prägen das Bild des Alltagslebens

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 19. Januar 2002


Zeugnisse einer Epoche
Auch Modefotografie und Mannequins prägen das Bild des Alltagslebens

Bald ist es auch bei uns wieder soweit: Der Winterschlußverkauf wird Kunden und Kundinnen dazu verlocken, ein Schnäppchen zu machen. So neu ist diese Idee nicht. Schon vor über 150 Jahren waren die Kaufleute bemüht, ihre Lager zu räumen, um Platz zu machen für neue Ware. So bot der Konfektionär Löwenstein in der Berliner Gertraudenstraße 1833 Mäntel an: „Da jetzt die Zeit nach Neujahr eingetreten und ich bisher noch immer ein vollständiges Lager aller Arten Damen-Mäntel vorräthig habe, so setze ich, um damit für dieses Jahr zu räumen, einen Ausverkauf an, und empfehle ich einem geehrten Publikum meine aufs Eleganteste und nach neusten Pariser und Wiener Mode-Journalen angefertigten Damen-Mäntel, als in ganz schweren seidenen Stoffen, feinen Zephir, Imperial, Peruviennes, Kaisertuch und Circassiennes in Ganz- und Halbseide gefüttert zu auffallend billigen Preisen ...“ - Meyer Löwenstein, geboren 1754 in Königsberg, wohnte schon seit 1781 in Berlin, wo er Teilhaber des Salomon Blumenreich war, der zwei Damenmäntelfabriken und zwei Modegeschäfte betrieb. Nachzulesen sind diese Fakten in einem Begleitbuch, das zur neuen Dauerausstellung Berliner Chic - Mode aus den Jahren 1820-1990 im Museum Ephraim Palais/Stadtmuseum Berlin (bis auf weiteres) erschien (104 Seiten, 93 Abb., davon 21 farbig, an der Museumskasse 14,50 E, im Buchhandel 24,50 E). Das Buch informiert in sachkundigen Beiträgen über Entwicklung und Bedeutung von Mode und Konfektion in Berlin, einst die Modestadt in Deutschland. Vor allem auch die Berichte über die Mode in der ehemaligen DDR wird viele Leser aus dem Westen interessieren, wurden die Bemühungen im Osten der Stadt doch oft belächelt. Weiter stellt der Katalog wichtige Sammlungsbereiche des Stadtmuseums vor und weist auf Neuerwerbungen hin.

Die sehenswerte Sammlung aus den Beständen des ehemaligen Berlin Museums, Märkischen Museums und des Modeinstituts der DDR wird nun erstmals in ihrer ganzen Fülle der Öffentlichkeit präsentiert. Ein chronologischer Rundgang führt durch 170 Jahre Berliner Konfektionsgeschichte. Gezeigt werden die originalen Kleider, von der großen Robe bis zum eher bescheidenen Nachkriegskleid. Modezeichnungen und Modefotografien ergänzen die Ausstellung.

Was aber wäre das schönste Kleid ohne Schmuck, wird sich die eine oder andere fragen. Und so wird noch bis zum 3. Februar ergänzend eine Ausstellung unter dem Titel „Gold, Silber und Edelstahl - Eine Hommage an das FER DE BERLIN“ gezeigt. „Fer de Berlin“, das ist der Eisenschmuck, der nach dem Tod der Königin Luise als Trauerschmuck getragen wurde, der aber auch als passende Ergänzung zur klassischen Kleidermode angesehen wurde. Goldschmiede und Designer haben Elemente dieser Kunst heute wieder neu entdeckt und verarbeiten Eisen und Edelstahl in ihren Creationen. Zu sehen sind in Berlin übrigens auch Beispiele aus dem Schaffen des 1963 in Masuren geborenen Joachim Dombrowski.

Einen unterhaltsamen und sehr umfassenden Überblick über die Geschichte der Mode im vergangenen Jahrhundert findet man in dem bei Battenberg herausgekommenen Band Fashion of the Century - Chronik der Mode von 1900 bis heute von Ingrid Loschek (ISBN 3-89441-441-3, 272 Seiten, 230 sw und 220 Farbabb.,gebunden mit Schutzumschlag, 50 E). Für jedes Jahr dieses bewegten Jahrhunderts hat die Modehistorikerin wichtige politische Ereignisse, Höhepunkte aus Kultur und dem alltäglichen Leben gesammelt und sie neben Ereignisse aus der Welt der Mode gestellt. Jedes in der Modeszene wichtige Land erhielt einen eigenen Abschnitt, in dem auf die besonderen Ereignisse eingegangen wird. Selbst die Männermode, sonst arg vernachlässigt, wird berücksichtigt. Vor dem Hintergrund der historischen Ereignisse werden viele Entwicklungen in der Mode, die man oft als Verrücktheiten abgetan hat, erst verständlich. So ist die Mode nicht zuletzt auch ein Spiegel des Lebensstils einer Epoche.

Charlestonkleider, Petticoats, Minis oder Folklorekleider - sie alle brauch(t)en Mannequins, um sie an die Frau zu bringen. Ob sie nun Naomi, Claudia oder Linda heißen, ob sie Twiggy oder Veruschka hießen, sie haben viel dazu beigetragen, daß Mode ein unverzichtbarer Bestandteil des Lebens wurde. Besonders in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg fanden Modenschauen ein großes, interessiertes Publikum. Zu lange hatte man auf schöne Kleider verzichten müssen. Die Mannequins und Fotomodelle der fünfziger Jahre schafften es denn auch bald, zu Idolen zu werden. Der Traumberuf Mannequin war geboren. Namen wie Susanne Erichsen, 1950 zur Miss Germany erkoren, Denise Sarrault und Elfi Wildfeuer waren in aller Munde. So ist denn diesen drei Botschafterinnen der Mode auch ein gleichnamiges Buch aus dem Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag gewidmet (Hrsg. Adelheid Rasche. 180 Seiten, 126 Duotone Abb., 25,50 E; ISBN 3-89602-377-2), das die Mannequins in meisterhaften Fotografien vorstellt und nicht zuletzt auch einen Blick wirft auf die Welt der „Goldenen Fünfziger“. - Mode als Zeichen der Zeit, Modefotografien aber auch als moderne Kunst. Wer könnte sich heute eine Welt ohne sie vorstellen? Silke Osman

Aparte Mode: Gewagter Zweiteiler zu Beginn der fünfziger Jahre und ein dezentes Nachmittagskleid 1946 Fotos: Seufert (1), Stiftung Stadtmuseum Berlin (1)