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23.02.02 Preußens Wiedergeburt

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 23. Februar 2002


Preußens Wiedergeburt
Ein Namensvorschlag und seine - unerwarteten? - Folgen

So kann man einen Volltreffer landen, ohne vorher genau gezielt zu haben: Als Alwin Ziel, sozialdemokratischer Sozialminister zu Potsdam, vorschlug, das geplante vereinigte Bundesland Berlin-Brandenburg „Preußen“ zu nennen, hatte er offenkundig nicht im Sinne, eine breite Grundsatzdiskussion über Geschichte und Zukunft Preußens auszulösen. Er habe damit das Vereinigungsprojekt voranbringen wollen; der Name des neu zu bildenden Bundeslandes sei „eher nebensächlich“.

Die von Ziel ungewollt und ungezielt losgetretene Lawine zeigte sofort: Der Name eines Landes ist nicht „nebensächlich“, ist nicht „Schall und Rauch“. Vor allem dann nicht, wenn der Name „Preußen“ lautet - oder lauten soll. Sofort meldeten sich Politiker und Intellektuelle in ganz Deutschland und weit darüber hinaus zu Wort.

Darunter natürlich auch die üblichen Bedenkenträger, zum Beispiel der Staatsminister für Angelegenheiten der Kultur und Medien, Julian Nida-Rümelin. Er befürchtet, der Name Preußen könne „falsche Assoziationen“ wecken. Fragt sich nur, von wem denn diese „falschen Assoziationen“ geweckt werden, wenn nicht von „politisch korrekten“ Vergangenheitsbewältigern à la Nida-Rümelin …

Ernster zu nehmen sind kritische Stimmen wie die des Schweizer Soziologen Jean Ziegler. Er mahnt, es gehe vielleicht „nicht darum, was Preußen tatsächlich war, sondern um das Klischee“. So könne er sich vorstellen, daß dieser Namensvorschlag hochgespielt werde, um „die Angst vor Deutschland zu schüren“.

Auf Kritik-Kurs liegt - kaum überraschend - auch PDS-Senator Gysi. Ziels Vorschlag sei „historisch-politisch schwer daneben“; zur Zeit habe man in Berlin andere Sorgen. Leider läßt Gysi sich nicht darüber aus, ob er damit seine eigene Amtsführung meint.

Insgesamt aber ist die Resonanz auf die Idee aus Potsdam positiv. Zum Beispiel sieht der englische Historiker Trevor-Roper „nicht den geringsten Grund, weshalb der Begriff Preußen nicht verwendet werden sollte“. Man könne „Preußen nicht die Schuld am Nationalsozialismus anlasten“. Der französische Schriftsteller Michel Tournier betont, es sei leicht, „die Fakten der Anklage gegen die Preußen, die Geschichte machten, zusammenzustellen. Man kann aber auch - und das ist gerechter - diesen Staat lobpreisen“. Auch der russische Schriftsteller Andrej Bitow hätte „gegen den Namen Preußen nichts einzuwenden“. Sein deutscher Kollege Hans Magnus Enzensberger findet die Idee „auf Anhieb nachvollziehbar“. Martin Walser geht noch weiter: „Preußen, das ist ein schönes Wort.“

Für die Ostpreußen ist es das längst. So lautete auf dem LO-Festakt „300 Jahre preußische Königskrönung“ vor einem Jahr der Namensvorschlag für ein neues, größeres Bundesland rund um Berlin und Potsdam: Preußen! Hans-Jürgen Mahlitz