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23.02.02 Schill, Stiegler und die Schlammschlacht

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 23. Februar 2002


Hans-Jürgen Mahlitz:
Schill, Stiegler und die Schlammschlacht

Eine geradezu haarsträubende Affäre: Da geht ein öffentlich-rechtlicher Fernsehsender auf einen demokratisch gewählten Politiker los, beschuldigt ihn des kriminellen Drogenkonsums, bietet als einziges „Beweismittel“ einen dubiosen, anonymen „Augenzeugen“ auf, verzichtet großzügig darauf, dessen abenteuerliche Schmuddelgeschichten nachzuprüfen - getreu dem bewährten Motto „Ich lass’ mir doch nicht durch Recherchen meine Story kaputtmachen!“

Nun sollte man als Bürger eines demokratischen Rechtsstaates annehmen, besagter Sender müsse unverzüglich und öffentlich den Beweis für seine ehrenrührigen Behauptungen antreten, der Angegriffene hingegen könne zunächst einmal unbesorgt bleiben; schließlich hat er ja die Unschuldsvermutung auf seiner Seite. So ist das nun mal im Rechtsstaat, und das ist auch wirklich gut so.

Mit einer Ausnahme: Ist der Beschuldigte bereits einschlägig vorbelastet, sprich als „rechts“, „rechtslastig“ oder „rechtspopulistisch“ etikettiert, dann ist der Rechtsstaat automatisch außer Kraft gesetzt. Dann heiligt der antifaschistische Zweck jedes Mittel, dann darf auch straflos zu Verleumdung und Falschbeschuldigung gegriffen werden. Dann ist auch die übliche Beweislast umgedreht; nun muß der Verdächtigte beziehungswesie der Vorverurteilte lückenlos beweisen, daß er unschuldig ist.

Genau dies ist dem Hamburger Innensenator Ronald B. Schill jetzt gelungen: Ein Haartest bewies definitiv, daß „Richter Gnadenlos“ nicht, wie vom NDR-Politmagazin Panorama behauptet, Kokain oder andere verbotene Rauschmittel konsumiert. Aber was nützt ihm das?

Die „Fraktion der schlechten Verlierer“ hat beizeiten vorgesorgt und über ihre willigen Helfer in den Medien verbreiten lassen, der Haartest könne zwar bei „positivem“ Ergebnis die Schuld, bei „negativem“ aber nicht unbedingt die Unschuld beweisen. Der NDR und sein merkwürdiger Zeuge brauchen nicht zu befürchten, an einen neuen „Richter Gnadenlos“ zu geraten; die Rechtsprechung in Deutschland setzt wirkliche oder vermeintliche Meinungsfreiheit weit über Ehrenschutz (siehe „Soldaten-sind-Mörder“-Urteil).

Daß Schill die Kokain-Beschuldigungen vollständig entkräften konnte, ist für ihn erfreulich, ansonsten aber nicht unbedingt beruhigend. Die Art und Weise, wie diese Schmutzkampagne vorbereitet, öffentlich inszeniert und bei sich abzeichnender Erfolglosigkeit abgehakt wurde, läßt für den Bundestagswahlkampf Schlimmes befürchten. Der „Fall Schill“ - wie auch der „Fall Stiegler“ (siehe Beitrag auf Seite 1) - bezieht seine gefährliche Brisanz aus dem Zusammenspiel zwischen Politikern und Publizisten; dies ist die Grundrezeptur für die Schlammschlacht, die nun auf uns zukommt.

Deutschlands Meinungsmacher haben sich selbst das Etikett „Vierte Gewalt“ angeheftet,

eine perfekte (oder sollte man sagen: perfide?) Mischung aus Arroganz und Täuschung. Arrogante Anmaßung, weil eine „Vierte Gewalt“ in unserem Grundgesetz überhaupt nicht vorkommt, und verharmlosende Täuschung, weil immer mehr Medienmacher sich nicht als „Vierte“, sondern als „Erste“ Gewalt aufführen. Es wird Zeit, daß wir Journalisten unser eigenes Selbstverständnis wieder richtig definieren: Wir sollen gegenüber den drei demokratischen Gewalten Berichterstatter, Kommentatoren und allenfalls Wächter sein - nicht aber Täter, Ankläger, Richter und Henker in einer Person.