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23.02.02 Jörg Haider im Fadenkreuz der USA

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 23. Februar 2002


Österreich: Eine fatale Reise?
Jörg Haider im Fadenkreuz der USA
von R. G. Kerschhofer

Zunächst lief alles nach gewohntem Ritual ab: Jörg Haider tut etwas - und alle regen sich auf. Das heißt, eigentlich regen sich nur einige wirklich auf, während viele hämisch zusehen, und umgekehrt fragen sich FPÖ-Funktionäre kummervoll, „ob denn das nötig“ sei, denn auch sie würden gerne von den Medien geliebt werden. Doch so oder so, die Aufregung wird - mit Rück-kopplung über das Ausland - derart hochgeschaukelt, daß der Anlaß fast in Vergessenheit gerät. Und Haider steht nachher besser da als zuvor. Meistens. In neuerer Zeit aber merklich seltener.

Was war diesmal anders? Diesmal - das war ein Blitzbesuch Haiders im Irak, ein Treffen mit Saddam Hussein und eine Lieferung von medizinischem Material, vielleicht unter Verletzung oder Umgehung von „Uno“-Sanktionen. Laut Haider eine Privatreise mit humanitären Zielen: Medizinische Hilfe und Freilassung von Kriegsgefangenen aus den beiden Golfkriegen - deshalb auch das Zusammentreffen mit der politischen Führung des Irak. Über „wahre“ Motive soll hier nicht spekuliert werden, denn im Lande Sigmund Freuds gehören psychoanalytische Ferndiagnosen ohnehin zum Medien-alltag. Tatsache ist aber, daß die Reise eine Vorgeschichte hat, welche die „Gesellschaft für österreichisch-arabische Beziehungen“ und die „Österreichisch-irakische Gesellschaft“ mit einschließt - und welche begann, ehe Präsident Bush die „Achse des Bösen“ zur Doktrin erhoben hatte.

Ob Haider Schaden nahm, wird er selber am besten beurteilen können. Die Regierungsarbeit ist durch die Turbulenzen sicher nicht leichter geworden. In der Frage, ob Österreichs Ruf geschädigt wurde, sollte man allerdings überlegen, wer jeweils welchen Schaden anrichtet, der „Täter“ oder der „Rufer“: Etwa Bundeskanzler Schüssel, der sich zur Koalition mit der FPÖ entschloß, oder jene, die das Ausland um Sanktionen anbettelten? Etwa Kurt Waldheim, den man zum Nazi und Kriegsverbrecher stempelte, oder eine SPÖ-Führung, die haltlose Anschuldigungen in die Welt setzte? (Da diese vom Jüdischen Weltkongreß dankbar aufgegriffen wurden, was Waldheim auf die „Watchlist“ des US-Justizministerium brachte, ist es für die USA ungeheuer schwer, Waldheim zu rehabilitieren. Auch der neue US-Botschafter in Wien meinte im Antrittsinterview, daß Waldheim derzeit „kein Thema“ sei.)

Eine vor allem im Ausland sträflich vernachlässigte Frage müßte jedenfalls sein, warum die Reaktionen auf Haider stets so heftig ausfallen. Oder: Was wäre anders, würde Haider dieses oder jenes unterlassen? Als Haider 1986 die FPÖ übernahm, war sie als Fünf-Prozent-Partei Regierungspartner der SPÖ. Alle Analysen besagen, daß die FPÖ-Erfolge untrennbar mit Haider verknüpft sind und daß eine FPÖ ohne Haider so weit hinter die ÖVP zurückfallen würde, daß sich die Koalition nicht mehr ausginge. Die SPÖ hätte dann alle Optionen: Mit Grün oder wieder mit Schwarz oder - wie ebenfalls schon gehabt - mit einer Haiderlosen, handlich gestutzten FPÖ.

Jörg Haider als Person ist also das einzige Hindernis für eine neuerliche SPÖ-Herrschaft, und die ÖVP-FPÖ-Koalition ist ein wesentliches Hindernis für die endgültige Umwandlung der EU zur sozialistischen Domäne! Sicher macht es Haider seinen Kritikern manchmal allzuleicht, doch linke Kaderparteien in ihrer rabulistischen Dialektik und im Bündnis mit einem weltumspannenden Desinformationsnetzwerk würden gar keine realen Ansatzpunkte brauchen, sobald sie sich auf ein Feindbild festgelegt haben!

Haiders Irak-Reise hat tatsächlich humanitäre Bedeutung: Nicht die von Haider genannte, denn angesichts von Millionen unschuldiger Opfer einer verfehlten Nahost-Politik sind ein paar Einzelschicksale belanglos. Wohl aber könnte sie helfen, US-Pläne für einen Angriff auf den Irak zu durchkreuzen - und genau deshalb mußten ÖVP- und FPÖ-Funktionäre deutliche Kritik an der Reise äußern und einen Kotau vor dem Gralshüter des Guten machen. Aber so seltsam es klingt, Haider und linke EU-Politiker, allen voran der französische Außenminister Védrine, ziehen am selben Strang: Denn da Bush noch immer nicht mit einem Schauprozeß gegen Osama bin Laden aufwarten kann und obendrein von Finanzskandalen ablenken muß, ist ein neuer „Schlag gegen den Terror“, auch ohne Sachbeweis, höchst verlockend. Mit unabsehbaren Folgen.

Die USA wollen Haider wegen der Lieferung medizinischer Hilfsgüter einen strafrechtlichen Strick drehen. Doch gerade damit wird die Absurdität des Irak-Embargos umso augenscheinlicher: Denn mit Duldung von Nachbarländern, sogar von Verbündeten der USA, erhält der Irak laufend bedeutende Mengen von durchaus rüstungsrelevanten Materialien! Vor allem aber wird immer mehr Leuten bewußt, daß auch Saddam Hussein - genau wie die Taliban oder wie Stalin oder wie viele andere - so lange zu den „Guten“ zählte, als er Verbündeter der USA war. Und das müßte nachdenklich stimmen.