19.04.2024

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02.03.02 Ein Vereinsausflug mit Folgen

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 02. März 2002


Ein Vereinsausflug mit Folgen
von Werner Hassler

Die Dämmerung senkte sich schon in die Gassen und Winkel des kleinen romantischen Weinstädtchens. Nicht nur der Tag, sondern auch der Vereinsausflug des Männergesangvereins Frohsinn neigte sich seinem Ende zu. Mit Lobliedern auf Wein, Weib und Gesang wankte eine kleine Gruppe der ausgelassenen Gesellschaft Bacchus-selig über den Bahnhofsvorplatz. Dort standen zwei Reisebusse, welche die Sangesbrüder samt der Vereinsfamilie nach Hause bringen sollten.

Im spärlichen Schein einer Straßenleuchte erkannte die kleine Gruppe einen Mann, der dort auf einer Ruhebank lag und allem Anschein nach seinen Rausch ausschlief. „Mensch, das ist doch Erich, der dort liegt“, rief einer aus der Gruppe. „He, Erich, aufwachen!“

Doch Erich gab keinen Mucks von sich. Zu sehr hatte ihn Bacchus benebelt. „Hm, was - was machen wir nun mit dem?“ - „Wir müssen ihn mitnehmen, sonst verpaßt er ja den Bus“, riet ein Sangesbruder, begleitet mit einem hörbaren Rülpser. „Bei uns im Bus war er zwar nicht, aber der andere startet ja gerade. Na, wir haben noch einige Plätze frei. Also nehmen wir ihn mit“, schlug ein anderer mit schwerer Zunge vor. Nicht einmal die Wein- und Trinklieder oder die Lobeshymnen der Tenöre auf die geliebte Heimat konnten Erich während der Fahrt aus seinem Schlaf aufwecken.

Müde und heiser stiegen die Sänger vor ihrem Vereinslokal aus dem Bus. Aber Erich war immer noch nicht aus seinem tiefen Rausch erwacht. „Was machen wir jetzt mit ihm?“ fragten sich die Sangesbrüder. „Wir bringen ihn nach Hause. Ist ja nicht weit. Los, packt mal mit an!“

Das Läuten an der Türglocke war vergeblich gewesen. Es öffnete niemand. „Hoffentlich hat er einen Hausschlüssel mit“, brummte Sepp, der Bassist, und fingerte in Erichs Tasche. „Aha, da ist er ja schon, der Schlüssel!“ Sie öffneten die Tür und setzten den immer noch schlaftrunkenen Erich in den Hausflur, im angenehmen Gefühl, ein gutes Werk getan zu haben. Doch weit gefehlt! Als Erich aus seinem Rausch erwachte, rieb er sich verwundert die Augen. Sein Brummschädel konnte noch keinen klaren Gedanken fassen, und er kniff die Augen zusammen.

Doch plötzlich war er hellwach. „Hol mich doch der Teufel, wie komm’ ich denn hierher, nach Hause?“ Er entsann sich: Vor acht Tagen war er mit seiner Frau zu einem vierzehntägigen Urlaub zu seinen Schwiegereltern in das kleine romantische Weinstädtchen gefahren. Und gestern hatte er in seinem Urlaubsdomizil rein zufällig ein paar Sportsfreunde aus seiner Heimat getroffen. Mann, was wurde da getrunken und gefeiert!

„Wie komm’ ich nur hierher, ich weiß von nichts mehr“, grübelte Erich ohne Unterlaß und kratzte sich den Brummschädel.

„Aber verflixt - wie soll ich das nur meiner Frau beibringen, wo ich die ganze Nacht gewesen bin!“