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23.03.02 / Venezuela: Der linke Faschist

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 23. März 2002


Venezuela: Der linke Faschist
Hugo Chávez bringt sein Land an den Rand eines Krieges
von Karl H. Lincke

Den größten "Faschisten" auf dem Globus auszumachen ist eine stete Beschäftigung der politischen Linken. Diktatoren wie Franco oder Pinochet bekamen dieses unerfreuliche Etikett verpaßt. Heute gilt es demokratisch gewählten Politikern wie Jörg Haider oder Silvio Berlusconi. Angesichts der weiten Auslegung des Begriffs "Faschist" oder "Nazi" wundert es, daß die sensiblen Frühwarnsysteme der Antifaschisten einen genuinen Nationalsozialisten bzw. nationalen Sozialisten notorisch übersehen.

Hugo Chávez ist Präsident von Venezuela. Er ist ein ausgesprochener venezolanischer Patriot, der laut eigenen Angaben sein Land heiß und innig liebt. An nationalem Pathos läßt er sich von keinem überbieten.

Parallelen zu Hitler und Mussolini scheinen sogar vorhanden: etwa ein (gescheiterter) Putsch, seine militärisch auftretende An- hängerschaft, die nicht vor Schlägereien mit Gegnern zurück-schreckt. Oder die dreiste Nutzung der Massenmedien für politische Zwecke: Chávez ist Talkmaster in der eigens für ihn kreierten Sendung "El Presidente". Was für die Nationalsozialisten Juden waren, sind für Chávez Nordamerikaner, "gringos", die mit Geld und Macht das venezolanische Volk zersetzen wollen. Auch gegenüber spanischen und portugiesischen Einwanderern und dem Nachbarn Kolumbien schürt er ausländerfeindliche Stimmungen.

Warum schweigt sich die politische Linke dennoch über diesen Politiker aus? Chávez ist kein rechter, sondern ein linker "Faschist". Seine getreuesten Anhänger sind frühere linke Guerilleros und kommunistische Kader. Zu seinen politischen Verbündeten zählen Castro, Sadam Hussein und der chinesische Staatschef Jiang Zemin. Dies und seine planwirtschaftliche Wirtschaftspolitik lassen die Antifaschisten aller Länder verstummen.

Als der Oberst 1999 an die Macht kam, standen laut Umfragen an die 80 Prozent der Venezolaner hinter ihm, während ihn nur eine Minderheit aus tiefem Herzen verabscheute. Pro oder kontra schien eine Frage der Klasse. Die niederen sozialen Schichten - und damit die immense Mehrheit - unterstützten Chávez, während die Mittel- und Oberschicht ihn ablehnten. Heute sind die Verhältnisse genau umgekehrt: Eine satte Mehrheit der Bevölkerung wendet sich gegen den Präsidenten, kaum 20 vom Hundert stützen ihn noch. Insbesondere die verarmte Bevölkerung hat die Seiten gewechselt.

Chávez' Aufstieg führen Beobachter auf die Verantwortungs- losigkeit der politischen Klasse seines Landes zurück, die be- trächtliche soziale Unterschiede, grassierenden Bildungsnotstand in breiten Bevölkerungskreisen und eine aus beidem resultierende Armut zugelassen hat in der ansonsten nicht nur durch Erdölvorkommen reichen Region. Unternehmen, katholische Kirche, die Gewerkschaften, die Intellektuellen und Künstler, sogar die Studentenvertretungen - sonst "Revolutionen" eher aufgeschlossen - gehen inzwischen spürbar auf Distanz zum linkslastigen Staatsoberhaupt. Obschon sie einst in breiter Front zu seinen Anhängern zählten, haben sie jeglichen Respekt vor ihm verloren.

Die venezolanische Polit-Elite sieht in Chávez nicht (mehr) den charismatischen Führer, der mit Würde und Sinn regiert, sondern einen armen Scharlatan, der stundenlang ohne Punkt und Komma redet, der singt (und er singt schlecht!) und jeden beleidigt, der sich nicht unterordnen will. Abgesehen von diesen pittoresken Zügen - die ihm den Titel "el loco", der Verrückte, eingebracht haben - macht sich die Presse des Landes über eine ausufernde Korruption her, von der die gesamte Regierung unterwandert sei. Und scheut nicht davor zurück, auch die Verbindungen zwischen Chávez' Regime und der kolumbianischen Drogenmafia öffentlich bloßzustellen.

Zu diesem deprimierenden folkloristischen Panorama gesellt sich eine ernste Wirtschaftskrise: Unzählige Unternehmen sind in den Bankrott geschliddert. Ein massiver Exodus von Kapital und Arbeitskräften folgte. Chávez' Mißwirtschaft erinnert seine Kritiker bereits an den argentinischen Mussolini-Verehrer General Perón. Offenbar steuert Chávez auf die Schaffung einer Gesellschaft ohne jedwede demokratische Institutionen zu, in der sich der Privatbesitz auf wenige reiche Famlienclans beschränkt. Ziel ist eine vollkommene wirtschaftliche Gleichschaltung, die von einem militärisch und wirtschaftlich starken Staat kontrolliert wird, gestützt auf die Vereinigung von Führer und Masse.

Folgerichtig geht "el Presidente" zunächst daran, seine Widersacher - insbesondere im Militär - mundtot machen. Doch will ihm der Aufbau eines Terrorregimes à la Ghaddafi oder Castro nicht recht gelingen. Insbesondere die Armee, die in 40 Jahren ununterbrochener Demokratie zu einem stabilen Faktor des Landes geworden ist, hat Chávez klar bedeutet, daß sie ihn bei seinen totalitären Abenteuern nicht be- gleiten wird. Ohne die Militärs ist jedoch eine Diktatur kaum durchzusetzen. Zugleich wächst die Zahl der Menschen dieser Tage rapide, die einen "demokratischen Putsch" fordert, der die Regierung verjagt und Neuwahlen möglich macht. Angesichts des zunehmenden Zorns halten es Kenner gar für sehr wahrscheinlich, daß aufgebrachte Regimegegner den Versuch unternehmen könnten, Chávez vom Präsidentenstuhl zu verjagen.

In der Hauptstadt Caracas kursiert ein haarsträubendes Szenario: Chávez - in Panik vor einem Machtkampf mit dem Militär, die schroffe Ablehnung des eigenes Volkes vor Augen - könnte einen Zwischenfall mit Kolumbien provozieren, um den Konflikt zu internationalisieren und sich auf eine künstlich stimulierte Welle nationalistischer Gefühle zu retten. Ein Krieg könnte die Folge sein. N

Kritiker sehen Parallelen zu Hitler, Mussolini und Perón, doch seine Freunde heißen Ghaddafi und Castro: Venezuelas Staatspräsident Hugo Chávez liebt die martialische Pose Foto: dpa