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30.03.02 / Hans-Joachim von Leesen über den Bericht des Wehrbeauftragten

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 30. März 2002


Bundeswehr: Der Staat als "Rabenvater"
Hans-Joachim von Leesen über den Bericht des Wehrbeauftragten

Eigentlich müßte die deutsche Öffentlichkeit alarmiert sein durch die Informationen über mangelhafte Ausrüstung und Versorgung der Soldaten der Bundeswehr. Da erfährt man aus einem Bericht des Beauftragten für Erziehung und Ausbildung beim Generalinspekteur der Bundeswehr, Brigadegeneral Löchel, daß die Truppe "nicht mehr vorbehaltlos hinter der militärischen Führung" stehe und daß sie auch "der politischen Leitung mit starken Vorbehalten" begegne. (Siehe OB 11 vom 16. Februar). Dann sickerte in den letzten Tagen durch, daß der Tod zweier Marinesoldaten der deutschen Fregatte "Mecklenburg-Vorpommern" bei dem Großmanöver "Strong Resolve 2002" verursacht wurde, weil die Deutsche Marine sich aus Geldmangel die Anschaffung von modernen Kälteschutzanzügen nicht leisten kann - im Gegensatz zur britischen Royal Navy, deren im kalten Wasser der Ostsee treibende Marinesoldaten dank der Schutzanzüge gerettet werden konnten.

Angesichts der sich häufenden Meldungen über die Vernachlässigung unserer Soldaten durch die politische Führung hätte eigentlich der Mitte März dem Bundestag vorgelegte Bericht des Wehrbeauftragten, des Sozialdemokraten Wilfried Penner, über die Bundeswehr im Jahre 2001 größere Aufmerksamkeit finden müssen.

Der Wehrbeauftragte wird vom Bundestag "zum Schutz der Grundrechte der Soldaten und zur Überwachung der Grundsätze der inneren Führung" berufen. Er hat tätig zu werden, wenn ihm Umstände bekannt werden, die auf eine Verletzung der Grundrechte oder der Grundsätze der inneren Führung schließen lassen. Jeder Soldat hat das Recht, sich unmittelbar an ihn zu wenden.

Im vergangenen Jahr bearbeitete der Wehrbeauftragte 3.626 Vorgänge abschließend. Nach seinem Bericht lag das Schwergewicht der aufgetretenen Probleme in der Tatsache, daß die Bundeswehr umstrukturiert wurde (übrigens zum siebten Mal in ihrer Geschichte), diesmal von einer Verteidigungsarmee zu einer Interventionsarmee, die im Rahmen friedensbewahrender und friedensschaffender Maßnahmen im Ausland eingesetzt wird. Dort tun zur Zeit über 9.000 deutsche Soldaten Dienst - von Bosnien-Herzegowina über Afghanistan und den Indischen Ozean bis Georgien. Es ist immer wieder verblüffend zu hören, daß von Amts wegen angeordnet wird, "das Profil der Soldaten" sei dadurch "dem Grunde nach nicht verändert". Der Soldat, der das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen hat, tut das nach politisch korrekter Auffassung eben auch vor Djibuti wie am Hindukusch. Dort aber fühlen sich, so der Bericht, "weit über fünfzig Prozent" der dort eingesetzten deutschen Soldaten "nicht gut geführt" und "erfahren die höheren Vorgesetzten mehr als Teil des Apparates denn als Führer und Kameraden im Einsatz". Es ist von einem "gravierenden Vertrauensverlust" die Rede. Sollte die vielgerühmte "Innere Führung" ihre Bewährungsprobe nicht bestehen?

Die sechs Monate langen Auslandseinsätze werden von vielen als zu lang empfunden. Soldaten beschwerten sich darüber, daß sie in zu kurzen Abständen in Auslandseinsätze geschickt werden, in Einsätze, für die häufig das Material nicht ausreicht.

So sind die Schiffe der Deutschen Marine, die vor dem Horn von Afrika, einem der heißesten Gebiete, kreuzen, angeblich um Terroristen zu fangen, für das Klima technisch nicht vorbereitet.

Aber auch Heer und Luftwaffe klagen wegen Überalterung ihres Geräts, was am schlimmsten jedoch bei der Marine zu Buch schlägt. Bei ihrmangelt Ersatzteile, was "sich direkt auf die Einsatzfähigkeit auswirkt".

Von Unmut ist die Rede über die Verschlechterung der Besoldung und Versorgung der Soldaten vor allem im Ausland. Besonderen Ärger verursacht es, daß die Soldaten aus Mitteldeutschland schlechter besoldet werden als ihre Kameraden aus den alten Bundesländern, obgleich sie bei Auslandseinsätzen dasselbe leisten müssen und denselben Risiken ausgesetzt sind. Man staunt, wenn man erfährt, daß sich offenbar nicht selten die Auszahlung des Wehrsoldes verzögert, so im Falle eines Grundwehrdienstleistenden, der neun Monate auf den ihm für zwei Monate zustehenden Sold warten mußte.

In Kasernen gibt es erhebliche hygienische Mängel, die aus Geldmangel nicht behoben werden. Es fehlen ausreichend viele geeignete Bewerber für die Laufbahn der Sanitätsoffiziere, aber auch der Unteroffiziere und Mannschaften, so daß "die sanitätsdienstliche Versorgung der Bundeswehr für die Zukunft gefährdet" erscheint. Dafür aber wuchs im Jahre 2001 die Zahl der Kriegsdienstverweigerer auf 182.420, "die höchste Zahl überhaupt".

Da tröstet es, daß die gemeldeten "rechtsextremistischen oder fremdenfeindlichen Vorkommnisse" mit 196 (bei 118.400 Wehrdienstleistenden) im vergangenen Jahr um zehn niedriger lagen als ein Jahr davor. Es handelte sich um "Propagandadelikte", die nur "rechts" strafbar sind, so etwa wenn ein betrunkener Soldat "Sieg Heil!" grölt oder Musik mit "rechtsextremistischen Texten" hört. Solche Leute werden sofort aus der Bundeswehr entfernt, denn "ein tüchtiger Soldat kann nur sein, wer sich politisch korrekt verhält".

Offenbar ist es weniger gravierend, daß 1.444 Fälle von Drogenmißbrauch gemeldet wurden.

Wer den neuen Bericht des Wehrbeauftragten liest, kann über den Zustand unserer Bundeswehr nicht beruhigt sein. Aber der Zustand des deutschen Volkes ist ja auch nicht beruhigend.