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06.04.02 / Umwelt: Die Transparenz der Pfandflasche

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 06. April 2002


Umwelt: Die Transparenz der Pfandflasche
R. G. Kerschhofer über Sinn und Unsinn der Öko-Bürokratie

Wer ein Macher sein will, muß etwas machen, von dessen Wichtigkeit und Richtigkeit er das Publikum überzeugen kann, um solcherart die eigene Wichtigkeit und Richtigkeit zu unterstreichen. Damit ist zwar keineswegs gewährleistet, daß sich das tatsächlich Wichtige und Richtige immer verhindern läßt, denn manchmal legt sogar ein blindes Huhn ein Ei. Doch wo gelegt wird, gibt es eben Blinde, die darüber streiten, was denn früher gewesen sei, Huhn oder Ei, Korn oder Huhn, Ei oder Verpackung - und so kann selbst ein falsches Argument zum Dogma werden, wenn das Ei, dem es Pate stand, nicht sofort als taub erkannt wird. Oder konkreter: Abfall-Politiker sind gerade dabei, ihr altbewährtes "Getrennt sammeln, vereint deponieren" durch ein Pfandsystem für Einweg-Flaschen und Getränkedosen zu ergänzen.

Erst vor einigen Jahren änderte ein wohlvertrautes Ding sein Aussehen: Die Halbliter-Bierflasche wurde höher und schlanker. Auf Wunsch von Modeschöpfern, wie ich meinte, doch Experten erklärten mir, daß dies auf Anordnung aus Brüssel geschehen sei und daß der neue Typ "NRW-Flasche" heiße, weil er aus besagtem Bundesland stamme. Da die meisten Brauereien in Mitteleuropa bis weit nach Osten und Südosten auf das gleiche System eingestellt waren, bedeutete dies, daß unzählige Flaschen vorzeitig abgeschrieben werden mußten. Die Kosten dafür sowie für die Umstellung von Kisten, Regalen, Kühlaggregaten und Ladeflächen wird wohl irgendwer zu tragen gehabt haben.

Doch der Hausverstand sagt einem auch, daß bei der neuen Form das Verhältnis von Hülle und Inhalt ungünstiger sein muß. Mit Hilfe der Küchenwaage konnte ich die Probe aufs Exempel machen: Die neue Flasche ist tatsächlich um fünfzehn Prozent schwerer als die alte. Daß entsprechend mehr Glas produziert, transportiert und gereinigt werden muß, scheint den Umweltschützern ebenso entgangen zu sein wie den normiersüchtigen Europisten, diesen Brüsseler "Normokraten". Oder sind sie allesamt Glas-Aktionäre? Mangels Transparenz werden wir es nie erfahren.

Auch wenn ich kein Glas-Aktionär bin, schätze ich die traditionelle Flasche, weil sich's aus ihr so trefflich einschenken läßt - und dann trinken, mit Schaum vorm Mund. Daher frage ich mich, warum man ein funktionierendes Pfandsystem mutwillig weniger wirtschaftlich macht. Wenn schon Normierung, dann sollten eher die vielen Sonderformen und Größen abgeschafft werden, die dem Konsumenten die Rückgabe erschweren und dem Händler die Rücknahme verteuern. Aber obwohl ich auch kein Kunststoff- oder Aluminium-Aktionär bin, muß ich mich andererseits fragen: Was ist denn eigentlich so schlecht an Einweg-Gebinden? Oder allgemeiner, warum regt man sich so auf über den Verpackungsmüll? Wenn eine Wegwerfgesellschaft sogar Inhalte bedenkenlos wegwirft, warum nicht auch Verpackungen?

Gewiß, früher gab es kaum Abfallprobleme: Da nahmen wir hausgemachtes Fruchtsaft-Konzentrat in den Urlaub mit, kriegten beim Einkaufen die Sachen in Zeitungspapier eingewickelt, egal ob Lebensmittel oder Nägel, und alles halbwegs Brennbare steckten wir in den Ofen. Doch Hygiene hat eben ihren Preis, und damit Selbstbedienung nicht noch wörtlicher genommen wird, als es ohnehin der Fall ist, brauchen heute sogar ein paar armselige Nägel eine sperrige Verpackung.

Wenn "Einweg" im Vormarsch ist, bedeutet das allerdings auch, daß es für das Wirtschaftssystem - bestehend aus Produzenten, Händlern und Konsumenten - unter den heutigen Rahmenbedingungen einfach wirtschaftlicher ist. Die in Summe zu bewegenden Massen (Waren, Verpak- kungen, Fahrzeuge und Personen) sind geringer, dementsprechend auch Verkehrsaufkommen, Energie-Verbrauch und Abgase. Dazu kommt, daß die Müllverbrennungsanlagen umso weniger Heizöl benötigen, je mehr Brennbares im Restmüll landet. Und solange kein Rohstoffmangel herrscht, besteht auch kein rationaler Grund zum "Recycling", wenn dieses mehr Energie verbraucht als der Rohstoffabbau.

Problematisch an "Einweg" ist nicht die Hülle, sondern eher der oft überflüssigerweise konsumierte Inhalt, vor allem aber die Disziplinlosigkeit, mit der Abfall überall hingeschmissen wird. Ob ein Pfandsystem hier nennenswerte Verbesserungen bringen kann, ist zweifelhaft, denn wer im Überfluß lebt, auch wenn dieser nur "geborgt" ist, der läßt sich nicht so leicht durch Pfänder vom Vergeuden abhalten. Und es ist doch so schrecklich "cool", mit Bierdosen oder Cola-Flaschen herumzulaufen, um diese schließlich knackend - Demonstration der Stärke! - zu zerquetschen und in Bus oder Bahn zwischen die Sitze zu klemmen.

Wer glaubt, die Verschmutzung des öffentlichen Raumes durch ein Pfandsystem bekämpfen zu können, müßte ein solches konsequenterweise auch für Verpak-kungen von "Fast Food", Schokolade, Sonnenöl etc. und selbst für Zeitungen, Zigaretten und Hundefutter einführen. Doch zufällig sind jene, die uns mit dem Kult um ihre Ersatz-Gottheit "Umwelt" tyrannisieren, identisch mit jenen, die alles als "faschistoid" bekämpfen, was nur irgendwie nach Ordnung und Selbstbeherrschung riecht. In ihrem materialistischen Weltbild glauben sie dann, ins Wirtschaftsgeschehen eingreifen zu müssen, und fallen erst recht auf ihre eigenen Trugschlüsse hinein: Denn wer Unwirtschaftliches subventioniert, sei es direkt oder sei es indirekt über die Pönalisierung des Wirtschaftlichen, der vergißt, daß die Kosten dieser Umverteilung einschließlich der damit verbundenen Bürokratie anderweitig durch echtes Wirtschaften hereingebracht werden müssen, daß also die verzerrenden Eingriffe stets ein Mehr an Energie-Verbrauch, Transportwegen, Abgasen, Abfall etc. mit sich bringen.

So, das wäre gesagt. Jetzt heißt es nachschenken, um mit Schaum vorm Mund all die Flaschen zu vergessen, bei denen ich das Pfand ohne weiteres verfallen lassen würde - Hauptsache, sie sind entsorgt.