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20.04.02 / Gedanken zur Zeit: Politisches Nebelfaß

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 20. April 2002


Gedanken zur Zeit: Politisches Nebelfaß
von Lienhard Schmidt

Wem soll der Torso eigentlich nützen - so muß man angesichts des mehrfach geänderten Gesetzentwurfes fragen, den unsere Bundesregierung und die sie (noch) tragende Koalition im Bundestag durchgepeitscht und mit Hängen und Würgen durch den Bundesrat brachte?

Was immer Bundespräsident und Bundesverfassungsgericht noch von sich geben, das Thema ist vor der Bundestagswahl im September nicht vom Tisch. Dazu ist ein Produkt erforderlich, das sachlich überzeugende Lösungen anbietet für die seit etlichen Jahren anstehenden Probleme.

Drei Punkte sind hier besonders herauszustellen:

Erstens: Die dringend erforderlich nachhaltige Eindämmung, wenn nicht Verhinderung des Asylmißbrauchs. Es stellt die Tatsachen auf den Kopf, wenn der Opposition, insbesondere der CDU/CSU, vorgeworfen wird, ihre Ablehnung des Regierungsentwurfes, bzw. ihre Alternativen seien inhuman. Hingegen ist fortgesetzter Asylmißbrauch zu Lasten des sozialen Netzes inhuman, weil er zu Lasten derer, die wirklich Hilfe brauchen geht. Der Kompromiß aus rot-grünen Vorstellungen dürfte de facto am Asylmißbrauch kaum etwas ändern.

Zweitens: Die Ermöglichung und Steuerung von Zuwanderung zur Besetzung von Arbeitsplätzen, speziell im Hightech-Bereich, wo offenbar deutsche Bewerber in der erforderlichen Qualifikation fehlen. Daß hier ein derartiges Problem überhaupt entstehen konnte, wirft kein gutes Licht auf die Weitsicht und Vorausplanung der Großindustrie, die mit den zahlreichen Progno-seinstituten und eigenen Kräften im Zusammenwirken mit den Universitäten und Fachschulen dem Entstehen von Lücken bei der Besetzung hochqualifizierter Arbeitsplätze doch hätte vorbeugen können. Eigenartig berührt auch, daß nach Einführung der Greencard nur etwa ein Viertel der vom Gesetzgeber eröffneten Zuwanderungsmöglichkeit genutzt wurden. Wünscht die Großindustrie, deren Verbände die Opposition lautstark nötigen, dem Regierungsentwurf des Zuwanderungsgesetzes zuzustimmen, etwa gar nicht die weitere Öffnung für (nicht kommende) Spezialisten, sondern für weniger qualifizierte Einwanderer? Vorrang, und zwar unbedingten Vorrang für Besetzung von Arbeitsplätzen mit bereits im Lande vorhandenen Arbeitssuchenden, wird offenbar vom Regierungsentwurf nicht so abgesichert, wie es die Sachlage erfordert.

Es ist im übrigen weniger eine Aufgabe des Staates als der Wirtschaft, im Zusammenspiel mit den Gewerkschaften Bedingungen zu schaffen, zu denen Produkte und Dienstleistun- gen wettbewerbsfähig und renditebringend von im Lande ver- fügbaren Kräften erbracht werden.

Drittens: Integration. Ideologisch-utopische Vorstellungen tragen wenig dazu bei, das sachlich Erforderliche klar zu formulieren. Das dürfte auch das Zögern der CDU/CSU erklären, den diesbezüglichen Gesetzestexten zuzustimmen. Einwanderung ohne Integrationsabsicht der Einwandernden fördert genau so wie mangelnde Offenheit und Toleranz der Menschen im Gastland Ausländerfeindlichkeit. Abschottung, aus welchen Gründen auch immer, bildet den Humus für spätere Konflikte.

Was da in Pandoras Büchse stecken kann, haben uns dutzende böser Beispiele in aller Welt gezeigt. Wer also seinen Lebensschwerpunkt in ein anderes Land verlegen möchte, sollte es tunlichst vermeiden, dort ein Fremdkörper bleiben zu wollen. Seine Kinder in die alte Heimat zur Schule zu geben, läßt aber vermuten, daß eine wirkliche Integration in der neuen (eben dann doch nicht) Heimat nicht geplant ist.

Andererseits muß der Integrationswillige auch auf die Bereitschaft der Menschen, der Behörden und Institutionen im vorerst Gastland, später neuen Heimatland, zählen können, ihm das Einleben zu erleichtern.

Nun ist für manche Zeitgenossen das Thema Heimat, Nation, Vaterland schon der Schnee von gestern. Multikulturelle Traumwelten und ein schwammig definiertes Weltbürgerwesen lassen Assimilierung/Integration auf ein nationales Konzept oder womöglich auf eine "Leitkultur" als eher störend, jedenfalls als fortschrittsfeindlich erscheinen. Für den rot-grünen Gesetzestexter wahrlich keine leichte Aufgabe.

Vielleicht ist noch eine Bemerkung zur demographischen Komponente erforderlich. Sollten unsere zahlreichen Singles nicht überlegen, wieweit ihre bevölkerungspolitische Aktivität (möglicherweise den Reiz des Familiegründens neu zu entdecken), eine Alternative sein kann zum Vertrauen auf genügend Nachwuchs aus illegaler Einwanderung? Die Rentenkasse würde es danken und dem sozialen Netz täte es auch gut.

Doch wäre auch hier natürlich ein Mithalten der Politik von Nöten, gute Familienpolitik ist auch gute Steuerpolitik.