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18.05.02 / Wie die Bundeswehr mit Gästen umgeht

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 18. Mai 2002


Feigheit vor dem Freund
Wie die Bundeswehr mit Gästen umgeht
von Hans-Joachim von Leesen

Ende Mai dieses Jahres kommt eine Gruppe von Einwohnern der zum Königreich Dänemark gehörenden Färöer Inseln nach Deutschland. Unter anderem wollen die Färinger in Laboe im Marineehrenmal einen Kranz niederlegen, um damit ihre Dankbarkeit gegenüber den Männern von U 31 aus dem Zweiten Weltkrieg auszudrücken.

Dahinter steckt eine anrührende Geschichte. Im September 1940 stoppte das unter dem Kommandanten Wilfried Prellberg fahrende U 31 das färöische Fischereifahrzeug "Union Jack" in der Nordsee. Als sich nach Prüfung herausstellte, daß das Schiff Lebensmittel nach Großbritannien bringen sollte, nämlich Fische, mußte es versenkt werden. Der U-Boot-Kommandant gab der Besatzung der "Union Jack" Gelegenheit, ein Rettungsboot klarzumachen. Nachdem er sich vergewissert hatte, daß es ausreichend mit Trinkwasser und Nahrungsmitteln versorgt war, wurde das Fischereifahrzeug versenkt. Die Besatzung erreichte dank der Fürsorge des deutschen U-Boot-Kommandanten heil die Küste.

Nachkommen der geretteten Fischer und weitere Bewohner der Färöer Inseln wollen nun in Deutschland aus Dankbarkeit und als Geste der Versöhnung einen Kranz auch für den im November 1940 gefallenen U-Boot-Kommandanten Wilfried Prellberg niederlegen. Sie baten einen deutschen Gewährsmann, ausfindig zu machen, ob noch Männer der Besatzung des U 31 am Leben sind, damit man sich mit ihnen treffen könne.

Die angesprochenen Deutschen meinten, der Bericht der Färinger sei eine sinnvolle Gelegenheit, auch zur heutigen Deutschen Marine eine Verbindung herzustellen, zumal gerade in Kiel das neueste deutsche U-Boot U 31 fertiggestellt und zu Wasser gelassen worden war. Sicherlich, so die Überlegung, würden die Medien auch Notiz von einer solchen Begegnung nehmen, so daß der Besuch zu positiven Schlagzeilen führen würde.

Die Antwort der Marine auf diese Anregung war ernüchternd. Ein Oberleutnant zur See war offenbar mit der Abwimmelung des Begehrens beauftragt worden. Er entledigte sich im befohlenen Sinne der Aufgabe. Höflich bedankte er sich für das Interesse an den Soldaten der U-Boot-Flottille, erklärte aber mit dürren Worten, es gebe keine Möglichkeit, Besuchswünsche zu erfüllen.

Kein Wort davon, daß sich Bürger des Königreichs Dänemark für das ritterliche und menschliche Verhalten eines U-Boot-Kommandanten der Kriegsmarine bedanken wollten. Man nahm den historischen Hintergrund nicht zur Kenntnis. Wer da glaubte, die Bundeswehr würde eine Gelegenheit nutzen, positiv über die früheren deutschen Soldaten berichten zu lassen, der irrt. Die Bundeswehrführung, die politische wie die hohe militärische, ist an den früheren deutschen Soldaten überhaupt nicht interessiert. Jeder Hinweis darauf, daß schließlich die Bundeswehr aus der Wehrmacht hervorgegangen ist, ist ihnen in höchstem Grade peinlich und wird vertuscht.

In den letzten Jahren konnte man immer wieder dieses krankhafte Verhältnis zur eigenen Geschichte erleben. Da wird Ende der 90er Jahre die Bundeswehr auf dem Balkan im Rahmen internationaler Streitkräfte eingesetzt. Die Soldaten, wie die des 1. deutschen SFOR-Kontingents im Lager Reilovac, wurden auch in der Freizeit betreut. Dazu diente ein deutscher Betreuungssender, der ein flott gemachtes Programm von (Bundeswehr-)Radio Andernach ausstrahlte. Wunschkonzerte und Moderation durch Soldaten des Feldlagers waren neben Grüßen aus der Heimat die Spitzenreiter unter den Sendeteilen.

Radio Andernach konnte auch die in der Innenstadt von Sarajevo arbeitenden und kasernierten deutschen Soldaten mit seinem Programm erreichen. Aber auch französische, britische und niederländische Soldaten waren begeisterte Hörer.

Um 21.56 Uhr pflegte Radio Andernach sein Programm zu beenden mit dem Lied "Lili Marleen", das schon während des Zweiten Weltkrieges vom Soldatensender Belgrad ausgestrahlt worden war und auch die Sympathien der damals gegnerischen britischen Soldaten gewann.

Von den heutigen Verbündeten kamen dann auch in den Jahren 1998/99 keinerlei Beschwerden, wohl aber von einem deutschen Luftwaffen-Stabsoffizier. Er beschwerte sich bei der deutschen Botschaft über die angebliche "Brisanz" von "Lili Marleen" und meinte, das Lied beleidige die britischen, französischen und niederländischen Soldaten. Daraufhin mußte das von einer Nachkriegs-Filmschauspielerin gesungene Lied abgesetzt werden.

Zum Kapitel "Feigheit vor der eigenen Vergangenheit" gehört auch das 1999 von Verteidigungsminister Scharping verhängte Kontaktverbot der Bundeswehr zur Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger wie auch die Abschaffung von Kasernennamen, so fern sie sich auf große deutsche Soldaten des Zweiten Weltkrieges bezogen.

Wie kleinlich man bei den Restriktionen vorgeht, zeigen Beispiele aus dem "Wegweiser für die Traditionspflege beim Heer". Da heißt es, daß der Marsch "Unsere Marine", komponiert 1886 von Richard Thiele, zwar nicht verboten ist, aber "nicht gespielt wird". Grund: In diesem über hundert Jahre alten Marsch sind einige Takte des Liedes "Stolz weht die Flagge schwarz-weiß-rot" verarbeitet.

Ausdrücklich verboten ist den Bundeswehrsoldaten aber, die verballhornte Fassung des Schlagers "Wenn bei Capri die rote Sonne ins Meer versinkt" zu singen, die da lautet "Wenn bei Danzig die Rote Flotte im Meer versinkt". Tatsächlich wanderten schon in der sowjetischen Besatzungszone junge Leute ins Lager, wenn sie angesäuselt mit diesem Quatschlied die Besatzungsmacht veräppelten. Was bei den humorlosen Bolschewisten verständlich sein mochte, das gibt bei der Bundeswehr Rätsel auf, zumal es gar keine "Rote Flotte" mehr gibt. Aber immerhin war es ja auch die Rote Flotte, die uns vom Hitler-Faschismus befreite und wohl deswegen von den Bundeswehrbürokraten noch nachträglich in Schutz genommen werden soll.

Ausdrücklich verboten wird in den Richtlinien des Verteidigungsministerium verhältnismäßig wenig, doch stecken sie den Rahmen des politisch Korrekten ab. Die Praxis hat dazu geführt, daß der durchaus erlaubte Rahmen aus lauter Mangel an Zivilcourage bei weitem nicht ausgeschöpft wird. Der vorauseilende Gehorsam zahlreicher Offiziere führt dazu, daß der Soldat heute ohne jede Beziehung zur deutschen Militärgeschichte, also zu jenen Deutschen, die in der Vergangenheit als Soldaten ihrem Land dienten, lebt. Unterhaltungen mit Bundeswehrangehörigen, die in einem der zahlreichen Auslandseinsätze gedient haben, ergeben das klare Bild, daß kaum jemand von den Offizieren, Unteroffizieren und Soldaten im Ausland das Bewußtsein hat, für übergeordnete Werte, für ihren Staat, für ihr Vaterland oder was auch immer zu dienen. Es geht allein um die hervorragende Bezahlung. Ein sechs Monate langer Einsatz bedeutet für den normalen Soldaten einen neuen VW-Golf. Das war's dann.

Es fällt schwer zu glauben, daß eine solche Haltung das Ergebnis einer Fehlentwicklung ist. Sie ist so gewollt von den Verantwortlichen. Man braucht, und das zeigt die jüngste Vergangenheit, militärische Einheiten, die jederzeit an jedem beliebigen Ort verfügbar sind, Soldaten, die die militärische Technik beherrschen, aber nicht nach dem Warum fragen. Sie sollen ihren Job machen, wie sich Bundeskanzler Schröder auszudrücken beliebt. Und ansonsten die Schnauze halten.

 

Fototext: U 31 mit seinem Kommandanten Korvettenkapitän Wilfried Prellberg gehörte zur U-Flottille "Saltzwedel", von der ein Teil hier - neben dem U-Boot-Begleitschiff "Saar" vertäut - 1937 in Bremen fotografiert wurde. Foto: www.u-boot-archiv.de