29.03.2024

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18.05.02 / Ein gutes Buch "gehört"

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 18. Mai 2002


Ein gutes Buch "gehört"
Vorteile des Hörbüches gegenüber dem klassischen Buch

Wie herrlich, ein freier Tag! Doch wie so häufig in unserem ach so schönen Lande sieht das Wetter trübe aus, genauer gesagt, es regnet. Nun gut, dann macht man sich eben einen gemütlichen Fernsehtag, doch auch bei den vielen Programmen ist nichts Erwähnenswertes auszumachen. Dann eben lesen! Ärgerlicherweise stellen sich nach knapp einer Stunde Kopfschmerzen ein, und so wird das Buch zur Seite gelegt. Aber was nun? Telefonieren! Also, die Nummer der besten Freundin gewählt und dann heißt es "Oh, ich habe leider nicht so viel Zeit. Wir hören gerade ,Jauche und Levkojen'!" - "Was tut ihr?" - "Wir hören ,Jauche und Levkojen' " - "Du meinst, du liest das Buch von Christine Brückner?" - "Nein, wir hören das Hörbuch." - "Hörbuch?" "Du kennst keine Hörbücher?" "Nö!" lautet die schlichte, ehrliche Antwort. "Hörbücher sind entweder Kassetten oder CDs, auf denen zumeist ein oder mehrere Schauspieler Bücher vorlesen." "So was wie Benjamin Blümchen und die Kinderkassetten, auf denen Märchen erzählt werden, nur für Erwachsene?" - "Ja, genau so was. Jetzt muß ich aber wirklich Schluß machen." Das Telefonat war beendet und ich wieder ein bißchen schlauer.

Am darauffolgenden Wochen-ende will ich meine kranke Tante besuchen. Aber was kann man einer bettlägerigen Person sinnvolles schenken? Plötzlich erinnere ich mich wieder an die Hörbücher. Für meine ältere, kranke Tante wäre das doch eine echte Alternative zu einem Buch. Zumal sie aufgrund nachlassender Sehkraft nur mühsam lesen kann. Außerdem würde die sonst so langweilige längere Autofahrt beim Lauschen eines Hörbuches viel abwechselungsreicher werden. Und so geht es auf in den Buchladen. Ich erstehe einige dieser mir zuvor unbekannten Mittel zum Zeitvertreib, die ich nun hier kurz vorstellen möchte.

So ist es eine richtige Freude, Petra Reskis "Ein Land so weit" zu lauschen. Die angenehme Stimme der Sprecherin Krista Posch entspannt, und man gibt sich der Geschichte, die von Originalaufnahmen aufgelockert wird, hin. Einem kommen beinahe selbst die Tränen, wenn die Autorin von ihrer Familie erzählt, die bei jeder Familienfeier nach dem Essen das Ostpreußenlied sang. Da wurden gemeinschaftlich in Erinnerungen schwelgend schwermütige Tränen vergossen. Die Autorin macht deutlich, daß sie dies als Kind peinlich fand und erst als Erwachsene, als sie die Heimat selbst besuchte, ihre Großeltern, Eltern, Onkel und Tanten verstand. Petra Reski besucht das Heimatdorf ihrer Familie und befragt Nachbarn, mit denen sie sich, teils in deutscher Sprache, unterhält. Besonders die zittrige Stimme einer Nachbarin ihrer Großeltern, die von ihrem eigenen harten Leben berichtet, beeindruckt den Zuhörer (Ull-stein Hörverlag, 1 MC, 59 Minuten, 15,95 Euro).

Klaus Bednarz hat es sich nicht nehmen lassen, die Hörversion seinem Buches "Fernes nahes Land - Begegnungen in Ostpreußen" selbst zu sprechen, wobei zu erwähnen ist, daß bei diesem Hörbuch sehr viele Originalinterviews eingespielt werden. Auf seiner Reise nimmt er sich der Regionen Masuren, Ermland, nördliches Ostpreußen und Frisches Haff mit Memel an. Er redet mit den dort lebenden Menschen, und man erfährt mehr über das heutige Leben im Ostpreußen. So beschreibt unter anderem ein masurischer Fischer seinen kräftezehrenden Arbeitsalltag, ein ermländischer Wurstfabrikant die wirtschaftlichen Probleme und ein Architekt, der die Arbeiten am Königsberger Dom beaufsichtigt, die Hindernisse beim Wiederaufbau. Klaus Bednarz präsentiert Ostpreußen und die dort lebenden Menschen - im Gegensatz zu dem, was man aus "Monitor" gewohnt war - meist sachlich und unkommentiert. Er zeigt einen Querschnitt der Stimmung in der Heimat durch alle sozialen Schichten (Hoffmann und Campe, 2 MCs, 170 Minuten, 20,35 Euro).

"Soweit die Füße tragen" - eine beeindruckende Geschichte, allerdings als Hörbuch fast so zermürbend wie die Gefangenschaft und Flucht des Soldaten Forell. Ganze sieben Stunden und sechs Minuten muß der Zuhörer mitleiden, während Forell 14.208 Kilometer zu Fuß von Sibirien aus zurück-legt. Bernhard Bettermann, der den Forell in der Neuverfilmung spielt, liest selbst, da er aber eben wirklich nur liest und keine anderen Stimmen und Geräusche auflockern, ist das Hörbuch sehr monoton (Lübbe Audio, 6 MCs, 426 Minuten, 27,45 Euro).

Recht erheiternd sind die Geschichten "Die Tante Jolesch oder Der Untergang des Abendlandes in Anekdoten" und "Die Erben der Tante Jolesch", die der Autor Friedrich Torberg selber liest. Der 1979 im Alter von 71 Jahren verstorbene Wiener war zu seiner Zeit für seine Kritiken, Essays, Pamphlete, Feuilletons und nicht zuletzt wegen der ihm eigenen Komik sehr geschätzt. Und auch heute noch lauscht man seinen Anekdoten über ein längst versunkenes Österreich mal amüsiert, mal auch wehmütig, wie es bei Vergangenem eben häufig ist (Langen Müller Audio-Books, 2 MCs, 120 Minuten, je 19,90 Euro).

In "Deutschland, Deutschland über alles - Von Anfang bis Ende" beschreibt Joachim Fernau (gelesen von Dieter Mann) in sehr lockerer Form das Leben und die Regentschaft des Großen Kurfürsten sowie der preußischen Könige Friedrich I., Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II. Auffallend ist sein ausnahmslos negatives Urteil über den Soldatenkönig und seine wohlwollende Beurteilung der Außenpolitik des "alten Fritz". So rechtfertigt er sowohl Friedrichs Annexion Schlesiens als auch seine Beteiligung an der ersten polnischen Teilung. So nebenbei macht der bekennende Preuße Fernau den Zuhörer mit seinem Verständnis und seiner Definition von Preußentum bekannt (Langen Müller Audio-Books, 4 MCs, 210 Minuten, 20,40 Euro). Rebecca Bellano