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18.05.02 / Erbarmen und Versöhnung

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 18. Mai 2002


Erbarmen und Versöhnung
von Dietrich Sandern, Pfarrer i. R.

Menschen feiern gern, überall auf der Erde, in allen Kulturen, bei allen Völkern. Und sie sind sehr phantasievoll bei der Suche nach Anlässen. Manchmal hat man den Eindruck, daß in unserer Spaßgesellschaft auch das Feiern zu einer Sucht geworden ist. Der Großteil der Feste hat seinen Ursprung im Religiösen. Die Menschen feierten und feiern ihren Gott, von dem sie sich abhängig wußten, bei dem sie sich aber auch geborgen wußten; sie feierten die Versöhnung und das Leben.

Auch wir Christen feiern eine ganze Reihe von Festen, als Hauptfeste Weihnachten, Ostern und Pfingsten. Und darin feiern wir den dreieinigen oder auch den dreifaltigen Gott: den Vater, den Sohn, den Heiligen Geist. Wissen wir das noch? Oder hat sich unser Feiern von diesem Ursprung schon so weit entfernt, daß es nur noch säkulare Feste sind, die eigentlich außer dem Feiern keinen rechten Inhalt mehr haben?

Ein zentraler Gedanke zieht sich - direkt oder indirekt - durch alle Feste: Friede, Versöhnung, Erbarmen, Liebe, Rechtfertigung. Vom weihnachtlichen "Verherrlicht ist Gott in der Höhe, und auf Erden ist Friede bei den Menschen seiner Gnade" bis hin zum österlichen "Friede sei mit euch" und der pfingstlichen Einhauchung des Heiligen Geistes mit der Übertragung der Vollmacht, im Namen Gottes Sünden zu vergeben.

Dieser Friede ist Jesus wichtig. Immer wieder entbietet er bei seinen nachösterlichen Erscheinungen seinen Jüngern diesen Gruß und diesen Wunsch: "Friede sei mit euch!" Und im Zusammenhang mit seinem ganzen Leben, aus seiner Ausrichtung auf den Vater im Himmel und auf uns Menschen auf der Erde wird deutlich, was er damit eigentlich meint: Nicht "Friede, Freude, Eierkuchen", nicht im militärischen oder politischen Sinn ein Zustand des Nicht-Krieges, nicht ein Stillhalten im gesellschaftlichen, ethnischen oder sonstigen Bereich, sondern einen Frieden, den der Mensch mit sich selbst, dann auch mit dem Mitmenschen und letztlich mit Gott haben kann und sollte. Es ist der Friede, den zutiefst nur Gott geben kann, den er uns als das große Ostergeschenk zu geben bereit ist; dafür hat er Leben, Leiden und Tod auf sich genommen, um in der Auferstehung das Leben und diesen Frieden uns zu vermitteln.

Noch einmal: Was für ein Friede ist das, den Jesus uns wünscht? Die Bibel - das Evangelium (Frohe Botschaft!) nach Johannes - berichtet: "Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sprach zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist! Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert." Das ist sein Friede für uns: Erbarmen und Versöhnung, ohne die der Mensch nicht leben kann. Wir alle haben sie nötig, ob wir es wahrhaben wollen oder nicht, denn Versagen, Schuld und Sünde drücken uns und quälen uns manchmal sogar. Wir spüren oder erahnen es mitunter mehr, als wir es uns bewußt machen; wir schieben diese Tatsache unseres Lebens lieber beiseite, verdrängen bis hin zur Katastrophe. Warum eigentlich? Sünde ist ja Mangel an Liebe; Sünde ist "die isolierende und absondernde Verschlossenheit des Menschen gegenüber seinem Daseinsgrund - Gott - wie auch gegenüber seinem Mitmenschen".

In dieser Situation gibt uns Jesus Christus den Heiligen Geist zur Vergebung der Sünden. Dieses spricht der Priester auch jedesmal in der Beichte mit den Worten der Lossprechung von den Sünden aus: "Gott, der barmherzige Vater, hat durch den Tod und die Auferstehung seines Sohnes die Welt mit sich versöhnt und den Heiligen Geist gesandt zur Vergebung der Sünden. Durch den Dienst der Kirche schenke er dir Verzeihung und Frieden. So spreche ich dich los von deinen Sünden im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes." Der Heilige Geist, diese so schwer faßbare dritte Person in Gott, wird uns eher zugänglich - und dann auch liebenswert - durch sein Wirken in der Welt. Dieser Heilige Geist gibt allem Sein das Leben, und hier ganz konkret das Leben und den Frieden in der Vergebung unserer Sünden.

"Der Heilige Geist - der unbekannte Gott", so ähnlich lautete einmal der Titel eines Buches. Ist er wirklich der unbekannte Gott? In ihm haben wir den innersten Frieden, erfahren wir die Liebe und das Erbarmen Gottes, in ihm haben wir das Leben in Fülle. Ist das nicht Grund genug, um Pfingsten in Freude gebührend zu feiern?!