18.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
25.05.02 / Längst untergegangene Zeit geschildert

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 25. Mai 2002


Längst untergegangene Zeit geschildert
Kindheits- und Jugenderinnerungen von Hans Graf von Lehndorff wieder lieferbar

Wenn man die von Napoleon angelegte Reichsstraße I über Königsberg und Insterburg hinaus immer weiter nach Osten fährt, kommt man auf der Mitte zwischen Gumbinnen und Stallupönen an eine Stelle, wo sich die Straße um einige Meter aus der sonst völlig flachen Landschaft heraushebt. Von dort fällt der Blick nach Süden über ein weites, grünes, parkartig mit Bäumen bestandenes Land, das bis an den Horizont reicht. Hier haben göttliche Schöpferkraft und menschlicher Gestaltungswille gemeinsam ein Werk zustandegebracht, wie es nur selten gelingt. Es ist Trakehnen, die Heimat der edlen ostpreußischen Pferde." Mit diesen knappen, aber auch einfühlsamen Worten umriß ein Mann den Ort der Sehnsucht so vieler Pferdefreunde, der lange Jahre in Trakehnen verbrachte: Hans Graf von Lehndorff. In seinem Erinnerungsbuch Menschen, Pferde, weites Land, das jetzt im C. H. Beck Verlag wieder neu aufgelegt wurde (287 Seiten mit 25 Abb. auf Tafeln und 1 Karte, geb. mit farbigem Schutzumschlag, 10 E) hat der Preußenschildträger der Landsmannschaft Ostpreußen diesem Landstrich ein literarisches Denkmal gesetzt.

In einfühlsamen Worten schildert der 1910 in Graditz an der Elbe Geborene seine Kindheit und Jugend. Aufgewachsen mit Pferden und anderen Tieren erlebt Hans Graf von Lehndorff eine unbeschwerte Zeit. Mit Humor erzählt er von seinem ersten Pferd "Heliotrop", das nichts Besseres zu tun wußte, als den jungen Reiter fast immer an der gleichen Stelle abzuwerfen, um dann schnurstracks nach Hause zu rennen. "Er hatte es faustdick hinter den Ohren - ein anatomisches Merkmal, das beim Pferd auf die gleiche Wesensart hinweist wie beim Menschen."

Ziegen, Meerschweinchen und Angora-Kaninchen gehörten ebenfalls zum Haushalt. Sie wurden gehegt und gepflegt, hin und wieder auch dressiert. Köstlich das Hindernisrennen, das die Geschwister mit den Ziegen veranstalteten. Die Pferde aber bestimmten das Leben. "Die Pferde sorgten auch dafür, daß der Gesprächsstoff nie ausging, ja, sie beherrschten unser Leben so vollständig, daß meine Mutter, die es als ihre Verpflichtung ansah, etwas für unsere Allgemeinbildung zu tun, nahezu die Waffen streck-te. War es ihr in Graditz noch gelungen, wenigstens bei den Mahlzeiten keine Pferdegespräche zuzulassen, so sah sie in Trakehnen bald ein, daß solche Bemühungen nutzlos waren. Voller Hochachtung sprach sie immer von ihrer Schwiegermutter, die als Hausfrau in Graditz einmal einer ganzen Tischgesellschaft statt Suppe puren Hafer auf die Teller gefüllt hatte."

Hans Graf von Lehndorff († 1987), der vor allem auch durch sein "Ostpreußisches Tagebuch - Aufzeichnungen eines Arztes aus den Jahren 1945-1947" bekannt wurde, und durch sein Buch "Die Insterburger Jahre - Mein Weg zur Bekennenden Kirche" (beide erschienen ebenfalls bei C. H. Beck), hat mit "Menschen, Pferde, weites Land" ein Buch geschrieben, das besticht durch seine feinfühligen Schilderungen einer längst untergegangenen Zeit und ihrer liebenswerten und oft auch skurrilen Menschen. Man