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01.06.02 / Bildungsmisere: "Du Frau, du fegen!"

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 01. Juni 2002


Bildungsmisere: "Du Frau, du fegen!"
Schulen in der Multikulti-Falle: Türkische Kinder wachsen mehr denn je in einer Parallelgesellschaft auf. Sie sprechen kaum noch deutsch und drücken das Niveau ganzer Klassen
von Uwe Greve

Im Rahmen des von der Pisa-Studie festgestellten Bildungsdefizits spielen die Probleme mit den Zuwanderern eine bedeutende Rolle. Zum Leidwesen der Apologeten der "multikulturellen", sprich multiethnischen Gesellschaft, nimmt die Studie dabei kein Blatt vor den Mund. In der öffentlichen Diskussion wird das Problem dann allerdings heruntergespielt. Von der Generation der 68er geprägte Medien erwähnen es allenfalls als Randthema.

Doch die Fakten sind eindeutig. Insbesondere die größte Zuwanderungsgruppe, die türkische, ist dabei, sich in Deutschland zur Parallelgesellschaft zu entwickeln. Schon jetzt erklingen Stimmen, die - mit dem Völkerrecht im Rücken - die gesetzliche Etablierung einer türkischen Minderheit in Deutschland fordern. Mit allen Rechten, wie sie zum Beispiel für die Dänen in Schleswig-Holstein gültig sind. Bei der Größe der Gruppe hieße dies nicht nur türkischsprachige Kindergärten, Schulen, Universitäten, sondern auch Bibliotheken und Kultureinrichtungen aller Art, insbesondere aber auch die Gründung mindestens einer türkischen Inter- essenpartei in Deutschland. Wie soll bei solchen Aussichten die sprachliche Integration junger Türkinnen und Türken in das deutsche Bildungssystem und die Arbeitswelt gelingen?

Die erste Generation der zuwandernden Türken hatte außer einigen türkischen Zeitungen, Brief- und Telefonkontakten nur wenig Bindung zur Heimat. Die heutige dritte Generation empfängt über Satellitenschüsseln alle türkischen Fernsehprogramme, schickt ihre Kinder nachmittags in türkischsprachige Koranschulen, hat mit Intertürk eigene Sportvereine, und die Mehrheit der jungen Männer holt sich ihre Ehefrauen aus der Heimat. In den Familien, im Freundeskreis und damit im Alltag wird türkisch gesprochen. Meistens haben die Kinder bis zum Schuleintritt noch so gut wie kein Wort deutsch gesprochen.

Nehmen wir etwa die Kurt-Held-Schule in Berlin-Kreuzberg. Hier ist bereits abzulesen, was in vielen anderen deutschen Großstädten noch nicht in diesem Ausmaß sichtbar ist. Schon 1996 waren von den 475 Kindern der Schule 342 Ausländer. Das sind 72 Prozent. Danach ist der Ausländeranteil noch weiter gestiegen. An dieser Schule gibt es Beispiele, daß in einer Klasse nur zwei deutsche Kinder neben ihren türkischen Klassenkameraden sitzen, die gerade dabei sind, Deutsch als Fremdsprache zu lernen. Wie soll unter diesen Voraussetzungen ein Deutschunterricht aussehen? Wer muß sich in welche Richtung integrieren? Immer weniger deutsche Eltern schicken ihre Kinder auf diese Schule, weil sie befürchten, daß sie mit dem Lehrstoff hoffnungslos gegenüber Gleichaltrigen aus anderen Klassen zurückbleiben.

In der Berliner Rundschau beschrieb Anja Reich vor einiger Zeit anschaulich die Situation am Beispiel der Lehrerin Marlis Barucker: "Die Voraussetzungen werden immer schwieriger", sagt die Pädagogin. "Das ist so eine abgeschlossene Welt hier. Manchmal erinnert mich das schon an ein Ghetto." Bis auf den Unterricht werde überall türkisch gesprochen. "Und auch da", berichtet sie, "haben Kinder Hem- mungen, weil sie nichts verstehen und fürchten, sich in der Gruppe zu blamieren."

So muß es Zeynep gehen, einem kleinen türkischen Mädchen mit langem Pferdeschwanz. Die Sechsjährige spricht nicht, weicht dem Blick der Lehrerin aus, rutscht unruhig auf dem Stuhl hin und her. Einmal soll sie das Wort "Finger" nachsprechen. Marlis Barucker spricht es ihr auf türkisch vor und dann auf deutsch. Keine Reaktion. Sie kniet sich zu Zeynep nieder, schüttelt leicht ihre Hand. "Das sind Finger, Zeynep." Zeynep schweigt.

In der Pause sagt die Lehrerin, daß sie sich Sorgen mache, was aus Kindern wie der kleinen Zeynep einmal werde. "Ihre Chancen sind sehr gering. Das kann man jetzt schon sagen. Weil sie unter schwierigen Voraussetzungen anfangen. Viele hatten, wenn sie in die Vorschule kommen, noch nie einen Stift, eine Schere oder ein Buch in der Hand. Sie spielen auf der Straße, werden von ihren Geschwistern betreut ..."

Da immer mehr deutsche Familien, auch solche, die eigentlich im "multikulturellen" Kreuzberg wohnen wollten, hier wegziehen, steht in wenigen Jahren die Frage auf der Tagesordnung: Ist hier eine deutsche Schule überhaupt noch machbar? Da viele der Zuwandererfamilien vom Arbeitsmarkt praktisch bereits abgekoppelt sind, entwickelt sich hier ein Klima, in dem Bildung eine immer geringere Rolle spielt. Nicht nur Muslim-Extremisten finden hier ein ideales Potential vor.

Die Probleme mit Menschen aus fernen Kulturen und Religionen spiegeln sich im Alltag fast aller Schulklassen in Deutschland wider. Besonders in jenen mit hohem Anteil an Moslems. Ein Beispiel aus einer niedersächsischen Schule: Die Lehrerin bastelt mit ihren Kindern Figuren zur Weih-nachtszeit aus Klebepapier: einen Weihnachtsmann, einen Weih-nachtsengel, die Jesusfamilie mit dem Kind in der Krippe, Ochs, Esel. Die neunjährigen türkischen Kinder sind mehr als lustlos bei der Sache. Weihnachten ist nicht ihr Fest. Als am Schluß die Schnipsel vom Fußboden geräumt werden sollen, sagt ein Junge: "Du Frau, du fegen, ich Mann, ich nicht fegen." Die Lehrerin will keinen Krach und bittet die deutschen Schüler, die Arbeit zu übernehmen. Die maulen: "Ungerecht, entweder alle oder keiner." Um Frieden bemüht, nimmt die Lehrerin schließlich Besen und Schaufel und reinigt die Klasse allein. Multiethnischer Alltag.

Tatsache ist auch, daß zahlreiche Schüler, die zu Hause nur ihre Heimatsprache sprechen, im Deutschunterricht große Schwierigkeiten haben und den Klassenfortschritt insgesamt hemmen. Der Vizepräsident des nordrhein-westfälischen Landtags, Helmut Linssen (CDU), forderte deshalb in diesen Tagen mit Recht in einem Interview mit der Zeitschrift Der Selbständige: "Es ist ein unhaltbarer Zustand, wenn ausländische Kinder eingeschult werden, die die deutsche Sprache nicht oder nur unzureichend beherrschen. Ein solcher Zustand geht ja nicht nur zu Lasten dieser Kinder, sondern auch zu Lasten der deutschen Schüler. Als ich vor Jahren diesen Mangel kritisiert habe, wurde ich von den ,Gutmenschen' im Land in eine ganz bestimmte Ecke gestellt. Inzwischen entdecken auch die Multi-Kulti-Protagonisten, daß die Entwicklung zu Parallelgesellschaf- ten mit Integration nichts zu tun hat. Wenn wir jetzt nicht höllisch aufpassen, sind wir auf dem Weg in eine Gesellschaft, von der der Chef des Zentrums für Türkeistudien in Essen sagt, daß allenfalls nur noch ein friedliches Nebeneinander möglich ist - nicht aber ein friedliches Miteinander. Ich aber möchte eine integrative Gesellschaft. Dafür muß es Beiträge und Bemühungen auf beiden Seiten geben. Integration ist keine Einbahnstraße. Ich verlange von jedem, der zu uns kommt, daß er die deutsche Sprache beherrscht, daß er das Grundgesetz achtet, daß er unsere Kultur respektiert und daß er - wenn er kein Asylsuchender ist - seinen Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln bestreiten kann. Und ich füge hinzu: Eine Zuwanderung vorrangig in die Sozialsysteme wie in den letzten Jahren und Jahrzehnten kann und darf es nicht mehr geben."

Weil die Integration hier lebender Ausländer aus fremden Kulturen schon jetzt mit den bisherigen Mitteln praktisch gescheitert ist, würde eine weitere Massenzuwanderung das Prinzip der Integration völlig ad absurdsum führen. Ein fortschreitender Abstieg unseres Bildungssystems wäre damit programmiert. Dringend notwendig ist jetzt eine enge Begrenzung der Zuwanderung, wenn sie unseren Staat nicht völlig überfordern soll.

Auf die hier seit längerem lebenden Ausländer müßte, wie in den USA, ein Integrationsdruck ausgeübt werden. Ohne gute Englischkenntnisse gibt es dort keine Aufnahme in die Schulen. Frühkindliche Integrationskurse werden sehr preiswert angeboten.

Ministerpräsident Roland Koch hatte dieses Defizit für Hessen schon im Herbst 2001 erkannt. Seine Kultusministerin Karin Wolf legte noch vor dem Pisa-Schock den Entwurf eines "zweiten Gesetzes zur Qualitätssicherung" in hessischen Schulen vor. Als Begründung ihrer Initiative nannte sie die Notwendigkeit der "Verbesserung der deutschen Sprachkenntnisse von Kindern einer anderen Herkunftssprache". Dies sei "zentrale Voraussetzung für schulischen Erfolg und Integration". Mit nur 71 Prozent erreichten in Hessen viel zu wenig nichtdeutsche Schüler einen Schulabschluß. "Erst wenn wir die Sprache dieser Kinder verbessern, können sie im Unterricht auch wirklich zeigen, was in ihnen steckt", argumentierte die Ministerin. Reiche ein Sprachkurs nicht aus, so könnten die Schulleiter die Einschulung zurückstellen und eine weitere Sprachschulung veranlassen.

Sollte sich die Bundesrepublik Deutschland bei Fortsetzung der Regierung Schröder/Fischer tatsächlich weiter als "Einwanderungsland" definieren, würde dies einen weiteren Abstieg unseres Bildungswesens zur Folge haben. Denn dann würden Integrationsbemühungen ihren Sinn verlieren. Parallelgesellschaften mit eigenen Bildungsvorstellungen und -zielen werden dann die unausweichliche Folge sein.