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01.06.02 / Österreich: Zwischen Ordnungsdienst und Bürgerwehr

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 01. Juni 2002


Österreich: Zwischen Ordnungsdienst und Bürgerwehr
R. G. Kerschhofer über die schizoide Sicherheitspolitik der Linken

Zwei Meldungen vom selben Tag: Die SPD fordert in Hamburg einen "Ordnungsdienst", und die Schwesterpartei SPÖ kündigt Musterprozesse mit Schadenersatzklagen gegen eine Sicherheitsinitiative in Graz an. Was auf den ersten Blick so gegensätzlich erscheint, entspricht bei näherem Hinsehen durchaus der gleichen sozialistischen "Logik". Denn die Hamburger Genossen, die wegen Vernachlässigung der öffentlichen Sicherheit abgewählt wurden, wollen eine beamtete Truppe, die sich mit Müllsündern, Graffitti-Sprayern und Falschparkern befassen soll. Der Zorn der SPÖ hingegen richtet sich gegen eine Initiative, die aus mehreren Gründen "verwerflich" ist: Erstens, zweitens und drittens geht sie von einem Lokalpolitiker der FPÖ aus. Und viertens hat sie sich vorgenommen, etwas gegen den Drogenhandel im Umfeld von Schulen zu tun, da dieser vor allem von Schwarzafrikanern betrieben wird, ein klarer Fall von "Rassismus".

Selbstverständlich kann und soll man da wie dort darüber diskutieren, ob die vorgeschlagenen beziehungsweise eingeleiteten Maßnahmen geeignet sind, den angestrebten Zielen näherzukommen. Anhand der in Österreich ausgebrochenen Kontroverse läßt sich jedoch in geradezu beispielhafter Weise zeigen, mit welchen dialektischen Tricks die Linksparteien und ihre Medien-Mafia von den eigentlichen Problemen abzulenken trachten.

So etwa gelang es von Anfang an, der öffentlichen Diskussion den Ausdruck "Bürgerwehr" aufzuzwingen, womit bewußt und irreführenderweise die Geister der Zwischenkriegszeit beschworen werden: Damals hatten in Österreich alle Parteien ihre zum Teil schwer bewaffneten Milizen, heute hingegen gibt es nicht einmal Ansätze dazu. Die von einem privaten Verein getragene Grazer "Truppe" ist nur mit Videokamera und "Handy" ausgerüstet und soll durch ihre bloße Präsenz den Drogenhandel erschweren. Aber gerade deswegen ist sie eine "FPÖ-Schnüffelbrigade", denn das Filmen des immer schamloser werdenden offenen Drogenhandels gilt als "Eingriff in die Privatsphäre". Daher auch die Klagedrohung der SPÖ.

Zugleich läßt sich damit von der permanenten Gesinnungsschnüffelei ablenken, wie sie von Vergangenheitsbewältigern aller Sorten betrieben wird. Eine der beteiligten Organisationen darf man übrigens "Privat-Stasi" nennen, wie ein durch alle Instanzen durchgefochtenes Gerichtsverfahren bestätigt. Auch die nach der Anti-Reemtsma-Demonstration angeblich getätigten "Sieg Heil"-Rufe (vgl. Folge 20) wurden von privaten, allerdings "grünen" Videokameras aufgenommen. Die Staatsanwaltschaft hat bereits ein paar Dutzend Strafanträge nach dem "Verbotsgesetz" in Arbeit, muß nun aber vereidigte Lippenleser einsetzen, weil die Aufnahmen kein "Sieg Heil" erkennen lassen.

Natürlich kommt von der vereinigten Linken und von manchen bürgerlichen Mitläufern das überzeugende Argument, daß "am Gewalt-Monopol des Staates nicht gerüttelt werden dürfe". Dem könnte man wohl zustimmen, wenn - ja wenn solche Äußerungen nicht den Zweck hätten, einen tatsachenwidrigen Eindruck zu vermitteln: Denn der Staat hat sein Gewalt-Monopol längst aufgegeben. Man denke an all die bewaffneten Wachdienste, Geldtransporter und Leibwächter. Und nicht zu vergessen: Manchen Staaten wird stillschweigend zugebilligt, daß ihre "Leute" auch außerhalb des exterritorialen Geländes hochgerüstet herumlaufen dürfen.

All das gibt es nicht wegen der Parole "Weniger Staat, mehr privat", sondern weil die Exekutive aus finanziellen, organisatorischen und logistischen Gründen die ihr verfassungsmäßig zugedachten Aufgaben nicht ausreichend erfüllen kann. So ist zwangsläufig ein "grauer Markt" zur Befriedigung des Sicherheitsbedarfs entstanden. Wohlgemerkt, des objektiven Bedarfs, nicht eines "von rechten Angstmachern geschürten" subjektiven Sicherheitsbedürfnisses.

Nach internationalen Maßstäben sind österreichische Städte zwar verhältnismäßig sicher, vor allem was Gewaltdelikte betrifft. Doch Drogenhandel, Einbrüche und Diebstähle sind für die Bevölkerung unverkennbar im Zunehmen begriffen. Statistiken und Aufklärungsraten haben hier nur bedingte Aussagekraft, denn bei kleineren Delikten wird meist auf Anzeigen verzichtet, "weil's eh nix nutzt." Auch Firmen begnügen sich bei Vermögensdelikten - vom Ladendiebstahl bis zum Versicherungsbetrug - oft mit privat ausgehandelter Wiedergutmachung, weil dies "rentabler" ist als Strafanzeigen und lästige Amtswege.

Wie man sieht, ist die viel propagierte Zivilgesellschaft überall im Vormarsch, wo es kommerzielle Interessen gibt. Die "Zivil-Courage" aber, das Nicht-Wegschauen, das uneigennützige Eingreifen, kurzum das, was früher schon bei den "kleinen Ordnungswidrigkeiten" einsetzte, ist allen Linken ein Dorn im Auge - sofern es nicht von ihnen selber gesteuert und kontrolliert wird.