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22.06.02 / Trauer verboten  Neue Tabubrüche von Klaus-Rainer Röhl

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 22. Juni 2002


Trauern verboten? 
Neue Tabubrüche von Klaus-Rainer Röhl   

Aller Opfer muss in Würde gedacht werden – ein solcher Satz sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Ist es aber leider nicht. Jahrzehntelang wurde eines Teils der Opfer in gebotener Würde gedacht, eines anderen Teils hingegen gar nicht. Das Tabu, anfangs von den Siegern des Zweiten Weltkriegs auferlegt, dann aber von den selbsternannten Vergangenheitsbewältigern verinnerlicht, traf die deutschen Opfer; es war sozusagen verboten, um sie zu trauern. Tabubrüche gab es schon seit den ersten Nachkriegsjahren. Aber wer sich daran wagte, musste mit unangenehmen Konsequenzen rechnen, zum Beispiel damit, von „antifaschistischen Gutmenschen “ als „Revanchist “ und „Revisionist“ beschimpft zu werden. Erst in jüngster Vergangenheit wurde es statthaft, sich mit der jüngeren Vergangenheit unvoreingenommener zu beschäftigen, was ZDF-Historiker Guido Knopp deutlich überzeugender gelang als Blechtrommler Günter Grass. Noch überzeugender aber brachte Klaus-Rainer Röhl jetzt seine Tabubrüche zu Papier. Der Alt-Linke, längst zur demokratischen Rechten übergewechselt, nennt sein jüngstes Werk „Verbotene Trauer “, ein Titel, der insofern zutrifft, als hier in der Tat trauernd all jener gedacht wird, denen allzu lange – nach dem Verlust von Heimat, Hab und   Gut, oft auch des Lebens – auch noch das letzte, was ihnen geblieben war, vorenthalten wurde: die Würde, erinnerungs- und betrauerungswürdig zu sein. Es sind die deutschen Opfer von Flucht und Vertreibung, von Massenmorden und -vergewaltigungen, von Bombenterror. Mit Aufrechnen hat das nichts zu tun. Dazu schreibt Röhl: „So lange in unserem Lande …das Leugnen geschichtlich gesicherter Tatsachen mit Gefängnis bestraft wird, möge nicht nur das ,Holocaust-Leugnen‘, sondern auch das Leugnen des Bombenterrors und der Vertreibungsverbrechen, der Todesmärsche und Vernichtungslager ein Straftatbestand werden. Nicht nur das Auschwitz-Leugnen, auch das Katyn-Leugnen, Dresden-Leugnen, Nemmersdorf - Leugnen, Brünn - Leugnen muss strafbar werden.“ In ihrem Vorwort nennt BdV - Präsidentin Erika Steinbach Röhl einen „Zeugen für deutsche Schicksale “ – und bringt damit zum Ausdruck, was dieses Buch so lesenswert macht. H. J. M.  

Klaus-Rainer Röhl: „Verbotene Trauer. Ende der deutschen Tabus“. Universität, München. 238 Seiten. Preis: 19,90 Euro.