20.04.2024

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29.06.02 / Wieder ein Gipfel der Minimalisten

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 29. Juni 2002


Wieder ein Gipfel der Minimalisten
Das Treffen der Staats- und Regierungschefs in Sevilla verlief wie die spanische Präsidentschaft

Wieder ein Gipfel der Minimalisten. In Sevilla begnügten sich die Staats-und Regierungschefs der EU mit wohlfeilen Wünschen und Drohungen. Die beiden großen Themen, Agrarbeihilfen und illegale Einwanderung, blieben ohne Beschluß. Man will den organisierten Menschenhandel bekämpfen und die Frage der Agrarsubventionen für die Beitrittsländer bis Anfang November klären. Toll.

Auch daß die EU-Gipfel demnächst nur einen Tag dauern sollen und daß die Zahl der Fachministerräte von 16 auf neun beschränkt werden soll, sind Ergebnisse, die man vermutlich auch mit einer Mail-Aktion oder einem Fax-Rundbrief hätte erzielen können. Man muß es Madrid leider bescheinigen: Die Bilanz der spanischen EU-Präsidentschaft der Regierung Aznar ist gleich null.

Es ist natürlich fraglich, ob eine andere Regierung viel mehr erreicht hätte. Nur: Aznar hatte den Mund so voll genommen, daß die Erwartungen entsprechend hochgeschraubt waren. Jetzt sind die Dänen dran, und man kann nur hoffen, daß sie nicht so großspurig auftreten. Vielleicht gelingt es ihnen, die Visa-Praxis tatsächlich zu vereinheitlichen, immerhin arbeiten die Bürokratien in der EU schon seit Jahren daran, einen gemeinsamen Paß für die EU-Bürger gibt es ja schon. Kritisch ist aber nicht die interne Praxis und auch nicht die gemeinsame Kontrolle der Außengrenzen. Kritisch ist der Umgang mit Drittländern, sprich, ob es finanzielle Sanktionen (Einstellung der Entwick-lungshilfe) geben soll oder nicht. Es ist abzusehen, daß es bei der Frage der illegalen Einwanderung zu nationalen Alleingängen kommen wird. Der Druck von außen (500.000 Illegale pro Jahr) ist zu groß, als daß man es sich länger erlauben könnte, in EU-Kreisen herumzupalavern.

Wenn es darauf ankommt, läßt man auch beim Stabilitätspakt fünfe gerade sein oder setzt wie bei Frankreich offiziell darauf, daß die Konjunktur so gut läuft, daß der Staatshaushalt tatsächlich den Kriterien entspricht. Mit anderen Worten: Wenn die Konjunktur etwas lahmt und die Einnahmen weniger reichlich spru- deln als gewünscht, dann darf man eben mehr Schulden machen. So kann man sich selbst auch in die Brüsseler Tasche lügen. Und alle können sagen, wir sind dabei gewesen.

Spannend wird es bei den dänischen Gipfeln mit den Agrarbeihilfen. Auf dem Gipfel in Kopenhagen Anfang Dezember will man die Verhandlungen mit den Beitrittskandidaten abschließen. Der deutsche Regierungschef macht es sich da einfach. Er verweist auf das "überragende politische Ziel der Erweiterung". Diese "riesige Chance dürfe nicht an kleinlicher Agrarmünze" scheitern. Mit dieser Haltung spricht er die Europa-Wähler an und verweist auf die Zeit nach den Wahlen in Deutschland. Aber auch hier kann man, ohne Prophet zu sein, voraussagen: Die Erweiterung wird verschoben, weil die Kassen leer sind und vorläufig auch leer bleiben, egal ob Schröder durch Stoiber ersetzt wird oder nicht. Das Werkeln und Klöppeln an den Reformen der EU-Institutionen und an der Erweiterung wird fortgesetzt - mit vielen Worten. Jürgen Liminski