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13.07.02 / Im Gespräch: Friedrich Merz "Wir werden deutsches Kulturerbe fördern"

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 13. Juli 2002


Im Gespräch: Friedrich Merz "Wir werden deutsches Kulturerbe fördern"
CDU/CSU-Fraktionschef: Rot-Grün verstößt mit Kürzungen gegen das Vertriebenengesetz

Eine unionsgeführte Bundesregierung würde nach dem 22. September die von der gegenwärtigen Regierung verantworteten Kürzungen bei der ostdeutschen Kulturarbeit in finanzieller wie in ideeller Hinsicht rückgängig machen. Das hat der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Friedrich Merz, in einem Gespräch mit dem Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung (OB/PAZ) versichert. Merz fordert ferner von den osteuropäischen Nachbarn, daß sie sich zum Recht der Volksgruppen bekennen. Die Fragen stellte Elimar Schubbe, ehemaliger Chefredakteur dieser Zeitung, dem Fraktionschef.

OB/PAZ: Die rot-grüne Bundesregierung hat die institutionelle Förderung von Einrichtungen ostdeutscher Kulturarbeit so weit heruntergefahren oder völlig eingestellt, daß zum Beispiel die "Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen" und die "Stiftung Ostdeutscher Kulturrat" ihren Auftrag kaum noch erfüllen können. Dabei sind beide nicht nur Bewahrer ostdeutschen Kulturerbes, sondern auch bei unseren östlichen Nachbarn geschätzte kulturelle Brückenbauer. Wird eine unionsgeführte Bundesregierung die institutionelle Förderung solcher Einrichtungen wieder aufnehmen?

Friedrich Merz: Wir haben drei Jahre hintereinander in den Haushaltsberatungen mit der rot-grünen Bundesregierung um diese institutionelle Förderung gekämpft. Die rot-grüne Bundesregierung hat die Mittel drastisch gekürzt. Wir sind mittlerweile der Auffassung, daß sie damit gegen den gesetzlichen Auftrag aus Paragraph 96 Bundesvertriebenengesetz verstößt. Wir haben das durch ein Rechtsgutachten unterlegt. Für uns ist klar, daß wir nach einem Regierungswechsel in Berlin zu dem zurückkehren werden, was der gesetzliche Auftrag ist, und zwar nicht deshalb, weil es in dem Gesetz steht, sondern weil aus unserer Überzeugung heraus die finanzielle Förderung dieses kulturellen Erbes im gesamtdeutschen, aber auch im gesamteuropäischen Interesse liegt. Die neue Bundesregierung wird sich ohne Wenn und Aber zu diesem gesetzlichen Auftrag bekennen.

OB/PAZ: Auch finanziell?

Merz: Ja, wir werden an der finanziellen Förderung anknüpfen müssen, so wie sie früher war. Auch unter dem Diktat leerer Kassen wird es Prioritäten geben müssen, und da darf die Kultur nicht auf der Strecke bleiben.

OB/PAZ: Die Bundesregierung Schröder hat nicht nur die finanzielle Unterstützung der deutschen Volksgruppen im Osten deutlich vermindert, sondern ihre Vertreter machen bei Besuchen in unseren östlichen Nachbarländern meist einen Bogen um die deutschen Volksgruppen. Wird sich das unter einer unionsgeführten Bundesregierung ändern?

Merz: Ich finde den letztgenannten Aspekt noch wichtiger als den finanziellen. In diesem Verhalten der rot-grünen Bundesregierung kommt eine tiefe Abneigung, zum Teil eine regelrechte Mißachtung der deutschen Volksgruppen zum Ausdruck. Dies hat mit einem modernen Verständnis des Zusammenwachsens der Völker in Europa nichts zu tun. Das ist rückwärts gewandt. Wir wollen den Blick nach vorn richten und wir erwarten von unseren osteuropäischen Nachbarn, daß sie sich ohne Wenn und Aber zum Recht der Volksgruppen bekennen. Das ist europäischer Standard in einer Rechts- und Wertegemeinschaft der Europäischen Union, deren Mitglieder sie ja werden wollen. Und wir erwarten, daß auch die Regierungen dieser Länder sich ohne Wenn und Aber zu diesen Rechten bekennen, die die Grundlage unserer gemeinsamen Arbeit in der Europäischen Union sind.

OB/PAZ: Können die deutschen Volksgruppen hoffen, daß Minister einer neuen Bundesregierung, wenn sie nach Warschau fahren, auch einmal Allenstein oder Oppeln besuchen?

Merz: Ja, wir werden es wieder so machen, wie das früher unter der Regierung von Helmut Kohl selbstverständlich war und wie es auch in gutnachbarschaftlichem Verhältnis zwischen Deutschland und Polen möglich gewesen ist. Ich kann nicht erkennen, daß es da in den letzten vier Jahren Fortschritte gegeben hat. Das Verhalten der rot-grünen Regierung ist eher ein Rückschritt.

OB/PAZ: Die deutsche Sprache wird offenkundig in den Institutionen der Europäischen Union stiefmütterlich behandelt. Kann damit gerechnet werden, daß eine unionsgeführte Bundesregierung in dieser Frage mehr Selbstbewußtsein zeigt?

Merz: Ein selbstbewußtes Auftreten deutscher Repräsentanten in der Europäischen Union fängt damit an, daß sie selbst die eigene Sprache sprechen. Deutsch ist die meistgesprochene Muttersprache in Europa. Die Ost- erweiterung der Europäischen Union ist eine große Chance, dieses kulturelle, nicht nur das sprachliche, sondern das kulturelle Erbe, das sich mit der deutschen Sprache verbindet, zu einem gesamteuropäischen Erbe zu machen. Und deswegen appelliere ich an alle, die in internationalen Gremien für Deutschland tätig sind, dort auch Deutsch als Amts- und Arbeitssprache zu benutzen. Wenn unsere eigenen Repräsentanten, sobald sie die deutschen Landesgrenzen überschritten haben, in die englische Sprache verfallen, obwohl überall Übersetzungsmöglichkeiten vorhanden sind, dann ist der Anspruch, Deutsch als Amts- und Arbeitssprache anerkannt zu bekommen, nicht glaubwürdig vertreten. Eine neue Bundesregierung wird das anders machen.

OB/PAZ: Gibt es in der Unionsführung Überlegungen, wie mit dem Problemfall nördliches Ostpreußen umzugehen ist? Schließlich haben wir eine historische Verpflichtung gegenüber dieser Region.

Merz: Ich bin zum erstenmal 1991 als junger Europa-Abgeordneter in dieser Region gewesen. Ich weiß, wie außergewöhnlich schwierig die politischen, ökonomischen und geographischen Gegebenheiten sind. Aber auch hier gilt die europäische Perspektive. Wir werden zusammen mit Rußland einen Weg finden müssen, wie wir dafür sorgen können, daß diese Region eine Perspektive bekommt, ohne daß dadurch berechtigte Ansprüche der Russischen Föderation in Frage gestellt werden. Das Problem darf sich durch die Mitgliedschaft Polens und der baltischen Staaten nicht verschärfen.