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13.07.02 / Schicksal der deutschen Zwangsarbeiter anläßlich der Podiumsdiskussion der Jugend heiß diskutiert

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 13. Juli 2002


Kampf um staatliche Anerkennung
Schicksal der deutschen Zwangsarbeiter anläßlich der Podiumsdiskussion der Jugend heiß diskutiert

Gerne wird der Jugend Egoismus, Egozentrik und Egomanie vorgeworfen. Um so erfreulicher ist es, daß die Podiumsdiskussion der Jugend, mit der die jungen Ostpreußen traditionell das Programm zum Deutschlandtreffen der Ostpreußen eröffneten, ein Thema hatte, das zumindest vordergründig eher die Großelterngeneration betraf: das Schick-

sal der deutschen Zwangsarbeiter im Spiegel der deutschen Politik.

Nach einer Einführung in die Thematik durch Gustav Bekker von der Initiativgruppe zentrales Arbeitslager Potulice diskutierten auf dem Podium zwei Bundestagsabgeordnete, ein ehemaliger Zwangsarbeiter und ein Journalist. Moderiert wurde die Podiumsdiskussion vom LO-Pressesprecher Bernhard Knapstein.

Hans Heckel, Redakteur beim Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung, setzte sich in seinem ersten Wortbeitrag kritisch mit den beiden Standardargumenten zur Rechtfertigung der Diskriminierung der deutschen gegenüber anderen Opfern auseinander, daß die Deutschen mit dem Unrecht angefangen hätten und eine Würdigung deutscher Opfer die anderen relativieren würde. Er wandte sich entschieden gegen die Kollektivschuldthese und wies darauf hin, daß die Thematisierung von Unrecht niemals anderes Unrecht rechtfertigen kann.

Der Sozialdemokrat Hans-Joachim Hacker MdB, dessen Mutter 1947 selbst vertrieben wurde, hatte als Angehöriger einer der beiden Regierungsparteien angesichts der gegenwärtigen Regierungspolitik natur- gemäß keinen ganz leichten Stand. Er präsentierte die Stiftung für ehemalige politische Häftlinge als einen Erfolg und verwies wiederholt darauf, daß deren Finanzausstattung von 300.000 Mark in 1999 über 1,5 Millionen DM 2000 auf fünf Millionen DM im vergangenen Jahr sprunghaft verbessert worden sei.

Der CDU-Politiker Michael Luther MdB, ließ es sich naheliegenderweise nicht nehmen, den von seinem Vorredner stolz präsentierten fünf Millionen Mark die bekannten zehn Milliarden Mark für die NS-Zwangsarbeiter gegenüberzustellen. Des weiteren monierte er, daß deutsche Zwangsarbeiter keinen Rechtsanspruch auf Entschädigung haben und es sich bei den Leistungen der Stiftung nur um soziale handelt.

Rudi Pawelka, Bundessprecher der Landsmannschaft Schlesien und Mitglied des Arbeitskreises Deutsche Zwangsarbeiter, sprach im Zusammenhang mit dem Thema deutsche Zwangsarbeiter und deren Entschädigung von einer bewußten Verdrängung, meint jedoch Auflockerungserscheinungen wahrnehmen zu können. Indirekt wurde er in dieser ver- halten optimistischen Einschätzung von Heckel unterstützt, der vom Schwinden ideologischer Schwellen sprach und in diesem Punkt auf die Journalisten seiner eigenen Nach-68er-Generation hofft, die sich dem Thema ideologisch unbefangener näherten.

Trotz dieses verhaltenen Optimismus zeigte jedoch Pawelkas Diskussionsbeitrag auch, wie groß noch die Kräfte der Beharrung an den Schaltstellen der Macht sind. So berichtete er von einer Diskussion im Bundeskanzleramt, in der sein Hinweis auf die dem Gleichbehandlungsgebot zuwiderlaufende ungleich großzügigere Entschädigung von NS-Opfern mit der Bemerkung abge- bügelt wurde, daß man keine Neiddiskussion wolle. Eine Gleichstellung würde zudem die Leistungsfähigkeit der Bundesrepublik überfordern. Angesichts derartiger Erlebnisse kommt Pawelka zu dem Schluß, daß man sich scheue, NS- und deutsche Zwangsarbeiter auf eine Stufe zu stellen.

Dem pflichtete Heckel bei, indem er zum Widerstand dagegen aufrief, daß wegen ihrer deutschen Nationalität ethnisch Verfolgten durch ihre Abwicklung über die Stiftung für ehemalige politische Häftlinge der Status von ethnisch Verfolgten vorenthalten werde. Heckel und Pawelka waren sich einig darin, daß sich dieses weder die Juden noch die Zigeuner bieten ließen. Nicht von ungefähr seien diese sich einig in der Forderung nach eigenen separaten Mahnmalen in Berlin, die sie im Herzen der Republik als Opfer von Rassismus ausweisen.

Hacker stand mit seiner konträren Haltung, die er als pragmatisch bezeichnete, ziemlich allein. Seinen Worten zufolge sei entscheidend, was hinten herauskomme, und deshalb sei es egal, ob jemand als politischer Häftling oder als ethnisch Verfolgter eingestuft werde, und die Freibeträge seien derart großzügig bemessen, daß de facto jeder deutsche Zwangsarbeiter trotz der Sozial-

klausel in den Genuß von Stiftungsgeldern kommen könne. Hierauf erhob sich im Publikum heftiger Widerspruch. Die Frage der Bewilligungspraxis bei der Entschädigung blieb bis zum Ende der Diskussion ungeklärt und ohne Konsens im Raum.

Unwillen erregte Hacker auch, als er sich die Regierungsposition zu eigen machte, daß die Gesetzeslage eine großzügige, schnelle und unbürokratische Entschädigung durch die Bundesrepublik nicht zulasse und Forderungen an das Ausland aus Furcht vor auslän- dischen Reparationsforderungen besser zu unterlassen seien.

Heckel konterte, daß die Gesetzeslage bei der zügigen und unbürokratischen Regelung für die NS-Zwangsarbeiter auch kein Pro- blem dargestellt habe und daß man seinerzeit die deutschen Zwangsarbeiter in diese Regelung mit hätte übernehmen können. Auch den Hinweis auf die bei Entschädigungsforderungen an das Ausland angeblich drohenden Reparationsforderungen ließ der Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung-Mitarbeiter nicht gelten. Er verwies dazu auf die vielen deutschen Steuermilliarden, die über die Europäische Union, die Uno und andere Töpfe auch so schon an die Kriegsgegner von einst geflossen seien und immer noch fließen. Es seien die Vertreiberstaaten, die jetzt in die Europäische Union wollten und es sei nicht zuletzt Deutschland, das die mit der Erfüllung dieser Wünsche verbundenen finanziellen Lasten zu tragen habe, und da die Erweiterung der EU auch von der deutschen Zustimmung abhinge, sei es jetzt an der Bundesregierung, die Entschädigung deutscher Opfer einzufordern. Den weiteren Wortbeiträgen aus dem Zuschauerkreis nach zu schließen entsprach dieses auch der Mehrheitsmeinung im rund 360 Personen fassenden, gut gefüllten Saal. M. Ruoff