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27.07.02 / Im Blickpunkt: Karl Friedrich Schinkel und sein Werk

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 27. Juli 2002


Moderner Designer
Im Blickpunkt: Karl Friedrich Schinkel und sein Werk

Erstaunliche Post lag neulich im Briefkasten; weniger der Inhalt, eher der Absender: Wolfgang Völz. Ja, richtig, der Schauspieler, dessen Wiege 1930 in Danzig stand und der sich nicht nur als "Käpt'n Blaubär" der Kinder einen Namen gemacht hat. Was wollte Wolfgang Völz? Was verbarg sich hinter dieser sehr geschickten Spendenaktion, denn um eine solche handelte es sich auf den zweiten Blick? Es ging, besser geht, um die Berliner Elisa-bethkirche, die zu verfallen droht. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz hatte den Schauspieler bewegen können, seinen Namen für diese Aktion herzugeben. "Ich hätte auch Moritaten singen und mit einem Leierkasten über Berlins Hinterhöfe ziehen können", so Völz. "Von jenem ,Mariechen' hätte ich gesungen, das ,weinend im Garten saß'... Auch wenn man nicht so nahe am Wasser gebaut hat wie das ,Mariechen im Garten', kann es einem zum Weinen zumute sein, wenn man in Berlins Invalidenstraße vor dem Portal der Elisabethkirche steht - besser vor dem, was Brandbomben im Zweiten Weltkrieg von Karl Friedrich Schinkels schönsten Kirchenbau als Ruine übrig ließen. Ein Gotteshaus, ergreifend wie ein schlichtes Gebet. Es wartet auf eine Wiedergeburt."

Die Elisabethkirche, zwischen 1832 und 1835 von Schinkel errichtet, soll in ein Zentrum für Konzerte, Konferenzen und Vorträge umgebaut werden; für eine kirchliche Nutzung besteht kein Bedarf mehr, da sich die Elisabeth-Gemeinde mit drei Nachbargemeinden zusammengeschlossen hat. Trotz vieler Zerstörungen sind wichtige Bauten von Schinkel (1781-1841) erhalten geblieben oder wieder aufgebaut worden, die Neue Wache etwa, das Schauspielhaus am Gendarmenmarkt, die Friedrichwerdersche Kirche, das Alte Museum.

Einen Einblick in das reiche Schaffen des Baumeisters gibt das in Lizenz bei Komet herausgekommene Buch "Schinkels Berlin" von Hermann G. Pundt (440 Seiten, zahlr. Abb., geb. mit Schutzumschlag, jetzt nur 24,95 a). Auch in dem launigen Stadtführer "Die Geschichte Berlins" von Michael Winteroll (Nicolai Verlag, Berlin. 144 Seiten, 26 sw Abb., brosch., 9,90 a) erfährt der Leser allerlei über Schinkel und sein Werk (natürlich auch über die vielen anderen Baumeister, Gelehrten und Künstler, die Berlin ein Gesicht gaben). Die einzelnen Texte sind historischen Epochen zugeordnet; nach jedem Kapitel verweist ein übersichtlicher Serviceteil auf vorhandene Spuren der Geschichte.

Nicht nur in Berlin trifft der Architekturfreund auf Spuren Schinkels. Bis nach Ostpreußen und auch nach Hamburg reichte sein Einfluß als preußischer Ober-Bau-Direktor. So wurde das Jenisch-Haus, das weiße Juwel an der Elbe und heute Außenstelle des Altonaer Museums, zwar von Franz Gustav Forsmann errichtet, als Berater des Bauherrn, Bausenator Martin Jenisch, fungierte jedoch Schinkel. Und so ist denn eine Ausstellung, die Möbel und Interieurs Schinkels zeigt, im Jenisch-Haus besonders gut untergebracht (bis zum 8. September, dienstags bis sonntags 11 bis 18 Uhr). Erstmals widmet sich eine Ausstellung dieser meist unbekannten Seite seines Schaffens. In kleinen Kabinetten werden Entwürfe Schinkels gezeigt, aber auch die wichtigsten Originalmöbel des Genies. Nachgüsse von Gartenmöbeln erlauben gar den Besuchern, selbst einen Schinkel zu "besitzen". Tischen, Betten, Stühlen, der Gestaltung ganzer Räume hat sich Schinkel angenommen und ist so seinem Motto treu geblieben: "Der Architekt ist in seinem Begriffe nach der Veredler aller menschlichen Verhältnisse, er muß in seinem Wirkungskreise die gesamte schöne Kunst umfassen. Plastik, Malerei und die Kunst der Raumverhältnisse nach Bedingungen des sittlichen und vernunftgemäßen Lebens des Menschen schmelzen bei ihm in einer Kunst zusammen." Karl Friedrich Schinkel - ein "moderner Designer". Silke Osman

 

Karl Friedrich Schinkel: Säulenhalle am Meer. Dieser frühe Entwurf aus dem Jahr 1802 einer offenen doppelten Säulenhalle mit weitem Ausblick findet später seine Vollendung in einem von Schinkels Hauptwerken, dem Alten Museum in Berlin