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27.07.02 / Edition Truso erweitert ihr Programm und setzt Preußens Dichtern und Denkern ein einzigartiges Denkmal

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 27. Juli 2002


Ostpreußische Meister neu belebt
Edition Truso erweitert ihr Programm und setzt Preußens Dichtern und Denkern ein einzigartiges Denkmal

Immer wieder stellen sich Landsleute die Frage, was nach Jahrzehnten vielfältigster Arbeit für Ostpreußen dauerhaft von unserer Heimat bewahrt bleibt. Das Preußen-Jahr 2001, das mit zahlreichen Veranstaltungen an den großen Hohenzollernstaat erinnerte, hat ebenfalls versucht, Antworten auf diese Frage - freilich im gesamt-preußischen Sinn - zu geben.

Eine - gewissermaßen - literarische Antwort gibt nun der junge Verlag Edition Truso, über den das Ostpreußenblatt vor kurzem bereits berichtete. Nach zwei erfolgreichen Bänden über den heutigen Zustand Ostpreußens, befaßt sich die Edition Truso nun mit den großen Dichtern und Denkern Preußens. "Preußische Bibliothek" heißt die neue Reihe, in der berühmte preußische Erzähler mit kleinen, feinen Arbeiten in die Einzigartigkeit ihrer Heimatregion führen oder große Momente aus deren Geschichte erzählen. Der Name der Reihe steht für hohe Ansprüche, doch soll die Preußische Bibliothek kein Literatur-Kanon - also eine Standardliste preußischer Dichtkunst - sein, sondern vielmehr eine Erinnerung an zum Teil vergessene Landschaften, historische Ereignisse und natürlich an die liebenswerten Menschen, die Preußen geprägt haben. So wird mit der Zeit ein vielfältiges sehr buntes Bild von Preußen entstehen, das so ganz anders ist als das platte Grau-in-Grau, daß ideologische Kritiker immer wieder gern zeichnen.

Die ersten drei Bände widmen sich den preußischen Kern-Provinzen Ost- und Westpreußen, und zwar mit den sehr unterschiedlichen Autoren Hermann Sudermann, Joseph v. Eichendorff und Agnes Miegel. Vom aus dem Kreis Heydekrug stammenden Sudermann nahm die Edition Truso "Miks Bumbullis", eine der berühmten "Litauischen Geschichten", in die Reihe auf. Mit schlichter, klarer Sprache schildert Sudermann das Leben der einfachen Menschen im deutsch-litauischen Grenzland an der Memel, dem nordöstlichsten Winkel Ostpreußens. Eine bewegende Geschichte, die auch nach mehrmaligem Lesen immer wieder zu Herzen geht. Da diese "Litauischen Geschichten" Sudermanns in der Vergangenheit bereits mehrfach verlegt worden sind, hat sich der Verlag für die Neuauflage etwas ganz besonderes einfallen lassen. Die Graphikerin Lieselotte Plangger-Popp, die in Süd-Tirol lebende Trägerin des Ostpreußischen Kulturpreises, den Lesern des Ostpreußenblattes seit Jahrzehnten durch einzigartige Darstellungen der Heimat bekannt, stellte dem Verlag zehn von ihr gefertigte Illustrationen zur Verfügung, die sie bereits 1950 (!) für sich gezeichnet hatte, und die noch nie veröffentlicht wurden! Somit ist dieser Band eine wahre Rarität auch für diejenigen, die den "Miks" vielleicht schon kennen.

Der zweite Band der Reihe gilt Joseph v. Eichendorff. Wohl jeder kennt seine zahllosen Gedichte, die zu den schönsten der deutschen Romantik zählen. Doch nur wenige wissen, daß der Schlesier als Beamter des preußischen Staates in Danzig tätig war und in dieser Funktion sich auch politischen und kulturellen Fragen gewidmet hat. Zu den wichtigsten Arbeiten dieser Seite seines Schaffens zählt "Die Wiederherstellung des Schlosses der Deutschordensritter zu Marienburg". Hinter diesem etwas komplizierten Titel verbirgt sich eine der schönsten Arbeiten über die Marienburg überhaupt. Eichendorff schildert die große Geschichte des Hauses von der Blüte des Deutschen Ordens über die Zeit der polnischen und schwedischen Fremdherrschaft in Westpreußen bis hin zum beinahe Untergang - ja, leider - unter preußischer Verwaltung. Es war das Verdienst des Oberpräsidenten Theodor von Schön, mit dem Eichendorff befreundet war, der den einzigartigen Wert der Burg erkannte und ihren Wiederaufbau betrieb. Das Besondere an dieser Schrift ist jedoch, daß Eichendorff als Zeitzeuge besser als jeder andere in der Lage ist, die Wiederherstellung in all ihren Details zu beschreiben. So mischen sich in diesem Buch historische Sachkenntnis und hautnahes Erleben in einzigartiger Form mit dem Genie des Dichters. Eine packende Schilderung über die Wiedergewinnung historischer Kulturgüter, zugleich ein Vorbild auch für unsere Zeit, in der es nach Jahrzehnten der Zerstörung in Ostpreußen ähnliches zu leisten gilt.

Ebenfalls in die Zeit des Ordens führt der dritte Band, Agnes Miegels "Die Fahrt der sieben Ordensbrüder". Die Novelle entstammt dem 1924 erschienenen Band "Geschichten aus Alt-Preußen", in dem sich die wohl berühmteste ostpreußische Autorin der Zeit widmet, in der das alte heidnische Pruzzentum durch das neue, christliche, Preußentum der Deutschordens-Ritter abgelöst wird. Sieben Ritter reisen mit ihrem Gefolge durch die kalte Winternacht und werden zufällig Zeugen des Todes des letzten Pruzzenfürsten Skurdas und der Selbstopferung seiner letzten Nachkommen. Eine schauderhafte Geschichte, die doch sehr einfühlsam in das sehr unterschiedliche Denken der Menschen jener Zeit führt. Eine der schönsten literarischen Arbeiten der "Mutter Ostpreußen", die nun, dank der Edition Truso, zum erstenmal seit Jahrzehnten wieder erhältlich ist.

Passend zu dem wertvollen Inhalt ist die Gestaltung der Bändchen. Preußen als Stil steht für eine schlichte Eleganz, und dieser Stil spiegelt sich auch in der Preußischen Bibliothek wider. Jeder Band ist in einem kleinen, handlichen Format gehalten, das edle Papier und der wertvolle Leineneinband, von einem ebenso schönen Schutzumschlag umgeben, vollenden die schöne Gestaltung. Der Edition Truso ist es trefflich gelungen, den kostbaren Inhalt mit einer entsprechenden Form zu verbinden, wahrhaft Bücher für Liebhaber. Was die künftigen Leser besonders freuen wird, ist die Tatsache, daß die Bände mit einem Preis ab 9,80 Euro trotz ihrer aufwendigen Gestaltung nicht viel teurer sind als ein Taschenbuch.

Mit der Preußischen Bibliothek hat sich die Edition Truso einer wahrhaft großen und sehr verdienstvollen Aufgabe gewidmet. Für ihre weitere Arbeit - als nächstes sollen im Herbst Bände zu Ludwig Tieck, Heinrich v. Kleist und Achim v. Arnim über die Mark Brandenburg folgen - kann man nur alles Gute und viel Erfolg wünschen. Der Start der Reihe darf auf jeden Fall als gelungen bezeichnet werden. N. R.