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17.08.02 / Musik aus dem 18. Jahrhundert auf CD

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 17. August 2002


Besonderer Kunstgenuß
Musik aus dem 18. Jahrhundert auf CD

Man nannte es auch das goldene Zeitalter der Berliner Musik. Ein Begriff, der ohne die herausragende Rolle Friedrichs des Großen nicht denkbar wäre. Der König war es, selbst musikbegeistert und mu-sizierend, der Komponisten seiner Zeit förderte. Nachdem der Kö-nigsberger Johann Friedrich Reichardt (1752-1814), Hofkapellmeister dreier Preußenkönige, 1775 nach Potsdam gekommen war, berichtete er über seine erste Begegnung mit dem König: "Der König sprach viel und lange über Musik überhaupt, ließ sich in sehr kleine Details, die Composition betreffend, ein, und man erkannte leicht das Bestreben, seine Kenntnisse darin zeigen zu wollen. Wiederholt kam er darauf zurück, daß bei ihm allein noch die wahre Musik, wie sie zur schönsten Zeit in Italien geblüht habe, ein Asyl fände, die Italiener jetzt ganz ausgeartet wären und allerwärts an anderen Orten nur das modische italienische Geklingle und Geleyre beliebt und betrieben werde ..."

Und über die Begabung seines Königs, selbst zu musizieren, schrieb Reichardt, der bekannt dafür war, kein Blatt vor den Mund zu nehmen, in seinem neunten "Brief eines aufmerksamen Reisenden" (Frankfurt, Leipzig 1774-1776): "Nun soll ich auch noch wohl sagen, wie mir der große Friedrich als Virtuose auf der Flöte gefallen hat? Im Adagio vollkommen gut, im Allegro gar nicht. Ersteres spielt er mit sehr viel Empfindung und starkem Ausdrucke; das Tragen des Tones, die Feinheit im Gebrauche der Stärke und Schwäche, Manieren und Kadenzen, die im Adagio vollkommen angemessen sind, alles dies verdient die häufigen Bravo und Bravissimos der ihn akkompagnierenden Künstler. Das Allegro aber spielt er ohne Feuer, die geschwinden Noten trägt er matt und schleppend vor, die langsamen ohne den gehörigen Nachdruck, durch den die beiden Tempo sich auch unterscheiden müssen ..."

Das Orchester aber, das Friedrich schon als Kronprinz in Ruppin um sich scharte, wohin ihn der Vater geschickt hatte, um das dortige Garnisonskommando zu übernehmen, sollte sich bald zu dem "brillantesten in ganz Europa" (Charles Burney 1750) entwickeln. Von Ruppin ging's nach Rheinsberg und schließlich 1740 nach Berlin. Zu dem Orchester gehörten Johann Gottlieb Graun, Franz Benda (der spätere Schwiegervater Reichardts), dessen Sohn Johann Benda, Christoph Schaffrath und Johann Gottlieb Janitsch. Reichardt schrieb über die Spielweise der Virtuosen: "Hätten Sie nur einmal gehört wie Benda mit seinem gewaltigen Bogen das Herz des Zuhörers zu bestürmen, zu äußerster Wehmuth zu stimmen weiß, und wie er denn wieder Trost und süße Hoffnung in das Herz gießt, wie er unerschränkt das Herz seiner Zuhörer regiert. - Hätten Sie nur einmal die liebliche Flöte Quantzens gehört, wie er - treu dem Charakter seines Instruments - dem wildesten Zuhörer Sanftmut und Heiterkeit einflößen konnte ..."

Einen Eindruck von den Kompositionen der weniger bekannten Janitsch und Schaffrath erhält der Musikfreund durch eine CD mit dem Ensemble Il Gardellino, das auf historischen Instrumenten Melodien aus dem 18. Jahrhundert intoniert: Concert Life in 18th Century Berlin (mit einem Begleitheft in deutscher, englischer und fran-zösischer Sprache, Accent 20143). Ein Kunstgenuß der besonderen Art. Silke Osman