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14.09.02 / Österreich: "Don Giovanni" in Unterwäsche

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 14. September 2002


Österreich: "Don Giovanni" in Unterwäsche
Ein Rückblick auf den Festspielsommer 2002
von R. G. Kerschhofer

Beim Finanziellen kann der österreichische Fremdenverkehr, für den die diversen Festspiele von großer Bedeutung sind, vorsichtig positiv bilanzieren. Beim Künstlerischen verstärkten sich jene Tendenzen, die allgemein im Kulturbetrieb zu beobachten sind: Ein oft schamloser Mißbrauch durch die weiterhin fast allmächtige linke Kulturschickeria, die Flucht des Publikums vor Regieexzessen sowie im Gegenzug eine Vermehrung jener Standorte, die dem Publikum das bieten, wofür es gerne bereit ist zu zahlen. Das hat die privilegierte Arroganteska durchaus als Gefahr erkannt - und empört sich daher über die Primitivität der undankbaren Zuschauer und Steuerzahler.

Es zeigt sich klar: Was in 30 Jahren sozialistischer Vorherrschaft "aufgebaut" wurde, besteht nach zweieinhalb Jahren ÖVP-FPÖ-Regierung vollumfänglich weiter. Es kann auch gar nicht anders sein, denn was nützen Änderungen an der Spitze, wenn bis hinunter zu (praktisch unkündbarem) Büro- und Reinigungspersonal, Beleuchtern und Portiers alles fest in linker Hand ist? ÖVP-Kulturpolitiker sind - unter Hintanstellung konservativer und christlicher Werte - bemüht, bei den "Fortschrittlichen" nur ja nicht anzuecken. Doch selbst Jörg Haider, der in seinem Bundesland Kärnten das Kulturressort innehat, wagte es nicht, Zeichen zu setzen - die erhofften Streicheleinheiten blieben ihm trotzdem versagt.

Bei den Wiener Festwochen schöpfte der Intendant Luc Bondy wie schon im Vorjahr alles, aus, was sich gegen Rechts instrumentalisieren läßt. Und alles, was direkt oder indirekt in der Nazi-Zeit zu leiden hatte, wie unbedeutend es auch gewesen sein mochte, wurde in Aufführungen, Vorträgen, Lesungen und Diskussionen groß herausgestellt. Eine fatale Optik, denn sie entwertet jene Opfer, die tatsächlich Bedeutendes geleistet hatten, macht Nichtopfer überhaupt zu Statisten und läßt den Eindruck entstehen, "man müsse bloß einer von denen sein". Ein wahres Glück, daß ausländische Gäste mangels entsprechender Sprach- und Lokalkenntnisse die Schmutzwäsche nur am Rande mitkriegen und daher mit jenen klassischen und wienerischen Brosamen zufrieden sind, die selbst ein Luc Bondy nicht verhindern oder verunstalten kann.

Ein sicherer Tip für Operetten-Liebhaber bleibt Mörbisch am Neusiedlersee. Auch in Bregenz versteht man es dank alemannischer Art, groben Unfug zu vermeiden. Und an zahlreichen kleineren Standorten, meist in prächtiger architektonischer und landschaftlicher Kulisse, kann jeder, der im Urlaub auf Kul-turelles nicht verzichten will, gute Qualität zu vernünftigen Preisen finden. Doch stets empfiehlt sich vorhergehende Erkundigung: Was, wann, wo - und vor allem mit wem?

Problematisch ist es eigentlich nur, wenn tollwütige Regisseure freie Hand haben, egal ob bei Oper, Operette oder Schauspiel. Die Krampfhaftigkeit, mit welcher Umdeutungen gemacht und moderne Bezüge hergestellt werden, scheint keine Grenzen zu kennen. So etwa wurde in Innsbruck Händels "Rinaldo" mit Nahost und 11. September "angereichert". Ähnlich daneben lagen in Salzburg "Don Giovanni" (dargeboten in Unterwäsche!) und "Turandot". Immerhin bleiben Händel, Mozart und Puccini dank hervorragender Musiker trotzdem ein Erlebnis, wenigstens mit geschlossenen Augen. Was aber sollen Leute machen, die dem unsäglichen Claus Peymann ausgesetzt werden? Wie gesagt, vorher erkundigen und wegbleiben, denn wenn überhaupt, kommen Änderungen nur durch leere Säle und Kassen.

In Salzburg ist übrigens ein Prozeß anhängig, den Besucher der vorjährigen "Fledermaus" anstrengten, weil man ihnen statt des am Theaterzettel angekündigten Werkes "ein ekelhaftes Theaterstück mit Musik-Untermalung von Johann Strauß" vorgesetzt hatte. Die Wahrscheinlichkeit, daß Gerichte auch wei-terhin die Freiheit der Kunst als Freiheit zum Betrug interpretieren, ist allerdings groß, denn das wahre Problem wird verdrängt: So gibt es zwar jede Menge an Gesetzen und Konventionen zum Schutz von Bauwerken, Bildern und Skulpturen. Doch nichts dergleichen schützt die Werke jener Dichter und Komponisten, die sich gegen Verstümmelungen und Vergewaltigungen nicht mehr wehren können.

Natürlich soll es jedem freistehen, klassische Stoffe neu zu erarbeiten - aber nicht unter mißbräuchlicher Verwendung von Namen früherer Autoren. Bezüge zur Gegenwart sind in klassischen Stücken ohnehin offenkundig, sofern es um menschliche Verhaltensweisen geht, an denen sich seit Jahrtausenden nichts geändert hat. Aber nicht vorhandene Bezüge mit Holzhammer-Methoden gewaltsam herzustellen, ist irreführend und obendrein beleidigend. Auch auf Publikumsbeschimpfungen sollten die Besucher mit Klagen reagieren.