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21.09.02 / Frankreich beschließt Aufrüstung

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 21. September 2002


Frankreich beschließt Aufrüstung
Paris will zu den Angelsachsen aufschließen
von Pierre Campguilhem

Ausgerechnet am 11. September, also am ersten Jahrestag der Anschläge auf New York und Washington, hat der französische Ministerrat unter Vorsitz des Staatschefs ein neues, den Zeit-raum von 2003 bis 2005 betreffendes Militärhaushaltsgesetz verabschiedet, das eine Steigerung der Verteidigungsausgaben um 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts vorsieht. Obwohl die neue Verteidigungsministerin Alliot-Marie sich hiermit zufrieden zeigte, konnte sie nicht verhehlen, daß die Rüstungsanstrengungen nach dem Ablauf des Gesetzes noch einmal vergrößert werden müßten, wenn Frankreich 2015 über Streitkräfte verfügen soll, die es ihm erlauben, seinen Rang in der Völkerfamilie zu behaupten. 2015 ist das Jahr, in dem der Aufbau der französische Berufsarmee seinen Abschluß finden soll.

Allerdings haben die Experten im französischen Wirtschafts- und Finanzministerium leichte Zweifel, ob sich die hierfür notwendigen Finanzmittel auftreiben lassen.

Ein Kernstück des Gesetzes ist der Bau eines zweiten Flugzeugträgers neben der bereits vorhandenen "Charles de Gaulle". Für ihn sind bereits 600 Millionen Euro eingeplant, obwohl gegenwärtig niemand im Verteidigungsministerium weiß, ob dieser zweite Träger nuklear oder konventionell angetrieben sein wird. Sicher ist jedoch schon, daß er in Zusammenarbeit mit Großbritannien gebaut wird. Die endgültige Entscheidung dürfte nächstes Jahr fallen, wenn London, das ebenfalls seine Seestreitkräfte stärken will, sich hinsichtlich der Modalitäten der Kooperation mit Paris festgelegt hat.

Derzeit liegt die Französische Republik laut dem regierungsfreundlichen "Figaro" weit hinter dem Vereinigten Königreich, was die Ausstattung der nationalen Streitkräfte mit modernen Waffen angeht. Vor dem Beschluß seines Ministerrates hatte Präsident Jacques Chirac mehrmals darauf hingewiesen. Durch das neue Gesetz soll die Republik nun mit dem Königreich auf diesem Gebiete gleichziehen.

Gemäß den Äußerungen von Alliot-Marie sind die vermehrten Anstrengungen Frankreichs auf militärischem Gebiete im internationalen Zusammenhang zu sehen. Im Jahre 2000 haben die Nato-Mitgliedsstaaten rund 480 Milliarden US-Dollar für ihre Verteidigung ausgegeben, von denen auf die Vereinigten Staaten von Amerika gut 290 Milliarden und die Europäer 160 Milliarden entfielen. In den drei größten europäischen Mitgliedsstaaten lag der Anteil der Militärausgaben am Bruttoinlandsprodukts weit unter jenem in den USA. Lag er in der Führungsmacht des Westens bei 2,9 Prozent, so betrug er in Großbritannien 2,5 Prozent, in Frankreich 1,8 Prozent und in Deutschland gar nur 1,1 Prozent. Mit vorgesehenen jährlichen Militärausgaben von durchschnittlich fast 15 Milliarden Euro während sechs Jahren will die Grande Nation nun offenkundig wieder ein gleichberechtigter Partner der angelsächsischen Mächte werden.

Hinsichtlich der Personalstärke in den drei Waffengattungen bringt das neue Gesetz keine großen Neuerungen. Es bleibt bei 360.000 Soldaten und 83.000 Zivilangestellten. Die Gendarmerie, die für die Sicherheit auf dem Land zuständig ist, wird voraussichtlich um 7.000 Mann vergrößert werden, während 3.000 Mann zusätzlich für den Gesundheitsdienst vorgesehen sind. Kein Wort wird allerdings über den unabdingbaren Aufbau einer Zivilverteidigung verloren, die den Durchschnittsbürger gegen den Terrorismus schützen könnte. In einem Interview mit der linken Tageszeitung "Libération" schätzt ein Experte der halbamtlichen Stiftung "Fondation pour la recherche stratégique", daß eine Reserve von 100.000 Mann dazu notwendig wäre. Die USA zum Beispiel verfügen über eine solche Reserve, Frankreich hingegen nur über 25.000 Reservisten, deren Rolle mit dem Kampf gegen den Terrorismus und der Zivilverteidigung schwer vereinbar scheint. In dieser Hinsicht könnte die derzeitige Militärplanung der Regierung Raffarin zusätzliche Gesetze benötigen, um Frankreichs Verteidigung den neuen Realitäten anzupassen.