16.04.2024

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05.10.02 / Gudrun Schmidt gibt Sendung ab

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 05. Oktober 2002


Gudrun Schmidt gibt Sendung ab

"Die eigentliche Bedeutung der Arbeit von Gudrun Schmidt wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, daß nach der Umstrukturierung beim Bayerischen Rundfunk die Sendung ,Alte und neue Heimat' die letzte noch in der Bundesrepublik Deutschland existierende ,Vertriebenensendung' ist."

Der Frau, der diese würdigenden Worte des LO-Sprechers, Wilhelm v. Gottberg, aus Anlaß der Verleihung des Ostpreußischen Kulturpreises für Publizistik gelten, ist zum 1. dieses Monats in den verdienten Ruhestand getreten. Ihr Nachfolger im Westdeutschen Rundfunk (WDR) als Verantwortlicher für die Sendung "Alte und neue Heimat" ist Wolf Scheller, von dem zu hoffen ist, daß er die Arbeit im Geiste seiner Vorgängerin fortsetzen wird.

Gudrun Schmidts Heimat ist das schlesische Glatz. Ihre Vertreibung von dort hat sie weder vergessen noch verschwiegen oder gar geleugnet. Vielmehr berichtet sie auch heute noch offen und unverblümt von ihrer Deportation im zugenagelten Viehwaggon im März des Nachkriegsjahres 1946: "Wir mußten ja mit allem rechnen, aber wenn draußen deutsch gesprochen wurde, waren meine Mutter und ich erleichtert, denn dann war klar: es geht in Richtung Westen." Die "erzwungene Wanderschaft", um einen Euphemismus aus bundespräsidialem Munde zu verwenden, endete in Jöllenbeck bei Bielefeld, wo die Vertriebene den Rest ihrer Kindheit und die Jugend verlebte.

"Ich wollte unbedingt Journalistin werden oder sterben!" Dieser entschiedene Berufswunsch führte die junge Ostdeutsche über das "Westfalenblatt" zum WDR. Hier übernahm die Journalistin von Franz Kusch die am 17. Oktober 1953 erstmals ausgestrahlte Sendereihe "Alte und neue Heimat". Der Wechsel blieb nicht ohne Folgen für die Gestalt und den Inhalt der Sendung. Handelte es sich vorher primär um eine Musiksendung, so nimmt seit der Übernahme der redaktionellen Leitung durch Gudrun Schmidt das Wort den größten Teil der Sendezeit ein.

In ihre Zeit fiel eine Ausweitung des Hörerkreis. Zu den Vertriebenen unter den Zuhörern kamen in wachsendem Maße Aussiedler, denn auch über ihre Heimat wurde und wird berichtet. Desgleichen traten im Laufe der Jahre zunehmend Nicht-Vertriebene in den Kreis der regelmäßigen Hörer mit der erfreulichen Folge, daß sie von Gegenden und Menschen erfuhren, die in den meisten anderen Medien kein Thema sind, die aber seit der Öffnung Ost- und Südosteuropas greifbar nahe gerückt sind. Gud-run Schmidt gab ihren Zuhörern immer wieder die Gelegenheit, sich aktiv an der Gestaltung der Sendereihe zu beteiligen. Die Journalistin bot damit schon frühzeitig die Möglichkeit zur Interaktion, die heutzutage immer wieder gerne eingefordert wird.

Doch Gudrun Schmidts Verdienste um die Heimatvertriebenen und Heimatverbliebenen sind nicht auf ihre Arbeit beim WDR beschränkt, und so ist nicht nur zu hoffen, sondern auch zu vermuten, daß sie sich nach der Abgabe ihrer Reihe "Alte und neue Heimat" weiterhin segensreich für diese unterprivilegierte Opfergruppe engagieren wird. Manuel Ruoff