28.03.2024

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05.10.02 / Falsche Idylle

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 05. Oktober 2002


Falsche Idylle
Mitreißende, spannende Familientragödie

Es war alles so schön geplant: Die Jessens wollen dem fünfjährigen Heimkind Lotta ein neues Zuhause geben - und mit ihr endlich eine ,richtige' Familie werden. Doch mit dem Einzug von Lotta, Lillys kleiner Schwester, beginnt eine Katastrophe, die unerbittlich auf ein erschreckendes Ende zusteuert. Nur die zwölfjährige Lilly versucht im letzten Moment, die Tragödie abzuwenden." Schon der Klappen-text des Buches "Kleine Schwester" von Martina Borger und Maria Elisabeth Straub weckt die Neugier. Was ist geschehen?

Das Buch beginnt damit, daß die zwölfjährige Lilly bei der Polizei sitzt und dort erzählen soll, was passiert ist, doch die Kleine schweigt. Stück für Stück erfährt der Leser zwar aus ihren Gedanken, was sich abgespielt hat, und immer wieder gibt es Andeutungen, die den Wissensdurst des

Lesers schüren, doch Auflösung

gibt es erst gegen Ende. Das Vorgefallene ist so abscheulich, daß die "Bild"-Zeitung begeistert darüber berichten würde. In großen roten Lettern würde die Tat geschildert werden, und das, obwohl es sich weder um Mord noch um Kindesmißbrauch handelt.

So werden aus der Sicht der kleinen Lilly die letzten Jahre bis zur Aufdeckung der Schandtat durch ihre Anzeige bei der Polizei aufgerollt, und der Leser fragt sich manchmal, was denn überhaupt so katastrophal ist, da er genau wie die Familie in der Erzählung gar nicht sofort erkennt, auf welche Tragödie die Personen aufgrund ihres Verhaltens zusteuern.

Die beiden Autorinnen Borger und Straub, die unter anderem Drehbücher für die Erfolgsserie "Lindenstraße" geschrieben haben, schildern die Katastrophe so, daß der Leser nachvollziehen kann, wie eine vergleichsweise normale Familie zu solch einer Schreckenstat fähig sein kann.

"Kleine Schwester" ist ideal, um einen verregneten Herbstnachmittag zu überbrücken, denn da die Autorinnen geschickt mit der Neugier des Lesers spielen, legt dieser das Buch garantiert erst nach der letzten gelesenen Seite nachdenklich gestimmt aus der Hand. Rebecca Bellano

Borger & Straub: "Kleine Schwester", Diogenes, Zürich 2002, Leinen, 218 Seiten, 17,90 Euro