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12.10.02 / Todesursache und Verbleib geklärt / Erfolgreiches Suchergebnis läßt auch bei anderen Hinterbliebenen Hoffnung aufkommen

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 12. Oktober 2002


Todesursache und Verbleib geklärt
Erfolgreiches Suchergebnis läßt auch bei anderen Hinterbliebenen Hoffnung aufkommen

Endlich Gewißheit über den Tod seines Vaters hat Dr. Hans Willutzki aus Braunschweig - und zugleich auch über den von acht weiteren deutschen Kriegsgefangenen. Sie verstarben im April 1945 in einem Lazarett im Kuibyschev (Samara). Den Beweis liefert die beglaubigte Archivakte seines Vaters aus dem Russischen Staatlichen Kriegsarchiv.

Einige Informationen über das Schicksal seines 1887 geborenen Vaters Richard Willutzki aus Plötzendorf, Kreis Lyck, hatte der Sohn schon von einem ehemaligen Mitgefangenen erhalten. Dieser, Otto Nieber aus dem Nachbardorf Grabnick, war nach über fünf Jahren Gefangenschaft heimgekommen und berichtete, daß Richard Willutzki schwer erkrankt in das Lagerlazarett gekommen und dort wohl verstorben sei.

Aufgrund dieser und weiterer Angaben stellte Dr. Willutzki am 25. September 2001 bei der Liga für Deutsch-Russische Freundschaft in Moskau den Suchantrag. Den endgültigen Bescheid erhielt er am 17. August 2002. Zusammen mit den Angaben von Otto Nieber lassen sich nun die letzten Wochen und Tage seines Vaters dokumentieren.

Am 27. Januar 1945 dürfte Richard Willutzki in oder bei Rastenburg in die Hände der Russen gefallen sein. Am 5. oder 6. Februar traf er im Sammellager Rastenburg Otto Nieber. Am nächsten Tag fand die Vernehmung von Herrn Willutzki statt, am 8. Februar seine Verhaftung ohne Begründung. Danach erfolgte der Abtransport auf Lkws in das Großlager Insterburg. Von dort wurden etwa 4.000 Gefangene in einem Militärzug nach Rußland verfrachtet.

Wie aus dem Archivmaterial hervorgeht, hatte der Militärzug die Nummer 97005. Er erreichte die Stadt Kuibyschev an der Wolga etwa am 6. März. Von den etwa 90 Gefangenen in dem ungeheizten Güterwagen müssen schon auf dem Transport mehr als die Hälfte an den Folgen der sibirischen Kälte und Hunger verstorben sein. Die Überlebenden kamen in Kuibyschev in ein Barackenlager, wo sie auf nassen Holzbrettern ohne Strohsack und Decke liegen mußten. Als Verpflegung gab es 400 g Brot pro Tag und eine Handvoll bebrühte Kohlblätter. Zusammengestellt zu Brigaden mußten die Gefangenen in der Ziegelei arbeiten. Die Erkrankten oder Sterbenden kamen in das etwa ein Kilometer entfernte Lagerlazarett. Von dort kehrte niemand mehr zurück in das Lager - auch nicht Richard Willutzki, der bereits am 2./3. April verstarb. An Hungerdystrophie, wie die Archivauskunft bestätigt.

Mit ihm in nur wenigen Stunden acht weitere Gefangene - sieben Männer und eine Frau! Alle neun an Hungerdystrophie/Pallagra. Alle neun aus der Lagerabteilung Kirkombinat des Kriegsgefangenenlagers NKWD Nr. 234, Gebiet Kuibyschev. Alle neun wurden auf dem Friedhof Bezymyanka beigesetzt.

Hier sind ihre Namen und Geburtsdaten: Albert Berger (1891), Richard Willutzki (1887), Albert Lange (1884), Artur Gutzeit (1905), Friedrich Siebert (1902), August Liebar (1892), Fritz Feierabend (1902), Hugo Kutschus (1903) und Elisabeth Goppe (1896).

Sie sind wohl alle in dem Transportzug Nr. 97005 gewesen, der Mitte Februar Insterburg verließ. Und mit Sicherheit stammen einige der Verstorbenen aus Ostpreußen, wie Richard Willutzki und Otto Nieber, der aber die furchtbaren Qualen überstand.

Wir danken Herrn Dr. Willutzki, daß er uns diese Angaben übermittelte. Er und wir hoffen, daß sich jetzt vielleicht ein unbestimmtes Schicksal klären oder bestätigen läßt. Er ist jedenfalls dankbar, daß er nun durch die Angaben aus Moskau weiß, wann, wo und wie sein Vater gestorben ist.

Ruth Geede