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© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 19. Oktober 2002 |
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Rastenburg: Nach 15 Jahren endlich am Ziel / Städtepartnerschaft mit Wesel im Ordensschloß besiegelt von K. zu Knyphausen Seit 15 Jahren wurde sie geplant, jetzt ist sie endlich Wirklichkeit geworden. Die Ursprünge der Städtepartnerschaft Wesel - Rastenburg sind verknüpft mit den Namen von Heinrich Hilgendorff, der die Rastenburger im Westen in Wesel zusammenführte, und von dessem Sohn und dem jetzigen Kreisvertreter Hubertus Hilgendorff, der während 23 Jahren die Bindungen der Rastenburger zu den Weselern vertiefte. Die Rastenburger selbst aber waren es, die von 1972 an auf den Treffen in Wesel anfingen, von Rastenburg zu erzählen, von da ab ein unerschöpfliches Thema. Man fuhr, erst per Bus und später dann mit dem eigenen Wagen, nach Rastenburg, und das trotz der jeweils vier Kontrollen an der West- und der Ostgrenze der DDR. Unzählige Kontakte wurden geknüpft und den deutschen Landsleuten wurde auf vielfältige Weise, oft auch bei der Ausreise, geholfen. Angesicht vieler Nöte in der Heimatstadt gab es Rastenburger, die unverzüglich tätig wurden. Sie sorgten für Restaurierungsarbeiten an der kirchlichen Bausubstanz und kümmerten sich um die Versorgung des Krankenhauses mit medizinischen Gütern. Im Jahre 1990 konnten dann auch auf politischer Ebene Kontakte aufgenommen werden. Eine Weseler Ratsdelegation und ein Bus voller Rastenburger mit dem Kreisvertreter an der Spitze statteten der Rastenburger Stadtregierung einen Besuch ab und wurden von ihr im Rathaus empfangen. Die "Gesellschaft Deutsche Minderheit" wurde gegründet und erwarb ein Haus. Die evangelischen Gemeinden von Wesel und Rastenburg wurden offizielle Partner. Sehr wirkungsvoll waren die auf privater Ebene entstandenen Beziehungen zwischen den Gymnasien beider Städte; sie führten zu einem neu gegründeten deutsch-polnischen Jugendwerk mit Schüleraustausch, der jetzt ins 13. Jahr geht. Die Kontakte zwischen Schülern und Lehrern waren so lebhaft, daß das 450jährige Jubiläum der alten Herzog-Albrecht-Schule in Rastenburg 1996 vor Ort mit Weselern, ehemaligen Rastenburger Schülern und der polnischen Schule rauschend gefeiert wurde. - Mit der "Arno-Holz-Gesellschaft" und dem Kulturzentrum für deutsch-polnische Verständigung im schön restaurierten historischen Gebäude als Begegnungsstätte werden die Beziehungen für die ganze Stadt sichtbar und zugänglich. Wie eine Krönung dieser seit 30 Jahren entwickelten Freundschaft stellte sich die Feier der Partnerschaft beider Städte dar. Hierzu hielt sich außer dem samt Ratsherren eingeflogenen Bürgermeister Wesels auch eine per Bus angereiste Gruppe Rastenburger unter Einschluß der Kreisvertretung vom 18. bis zum 22. Mai in der ostpreußischen Stadt auf. Am Pfingstsonnabend wurde eine für die Gesamtregion Rastenburg zuständige Sozialstation des Lazarus-Hilfswerkes im Haus "Deutsche Minderheit" eröffnet. Damit ging ein langgehegter Wunsch des Kreisvertreters Hilgendorff, für den er unermüdlich gekämpft hatte, endlich in Erfüllung. Den Eröffnungsakt nahm Dr. v. Abercron, Leiter des Lazarus-Hilfswerks in Hürth, vor. Besonders begrüßt wurden bei der Eröffnungsfeier die "Mutter der Sozialstationen" Ingeborg Wandhoff, der "Gründungsvater" des Fördervereins für Sozialstationen Eberhard v. Redecker und dessen Vorsitzender Dr. Meyl. Die Räume wurden besichtigt, und die Frauen von der "Deutsche Minderheit" hielten einen köstlichen Imbiß bereit. Der Pfingstsonntag begann mit einem ökumenischen Gottesdienst in der altvertrauten Ordenskirche St. Georg, der zweisprachig und mit großer Beteiligung von jung und alt gefeiert wurde. Nach diesem schönen Auftakt fand sich eine große Anzahl von Menschen am Eingang des Kreiskrankenhauses ein. Der Stadtrat von Rastenburg hatte die Enthüllung einer Gedenktafel für den Leiter des Krankenhauses von 1908 bis 1945, Dr. Ludwig Diehl, einstimmig beschlossen und die Straße, wie ehemals, nach ihm benannt. Der Kreisvertreter überreichte aus diesem Anlaß ein Bild des Geehrten, und dessen Lebensweg wurde geschildert. Am 26. Januar 1945 blieb Dr. Diehl mit dem älteren medizinischen Personal und nicht transportfähigen Patienten in seinem Krankenhaus. Am 31. Januar ging er in den Tod und wurde zusammen mit seinen ermordeten Krankenschwestern im Garten am Krankenhaus begraben. Der Referent T. Korowaj schilderte Dr. Diehls Persönlichkeit als vorbildlich für das junge demokratische Polen und dessen Menschen. Es war wahrlich eine bewegende Stunde für alle Teilnehmer. Der Festakt im Ordensschloß begann feierlich. "Heute öffnen wir mit diesem Stadtschlüssel ein für allemal unsere Herzen und unsere gemeinsame Stadt für die Rastenburger", sagte Bürgermeister Mordasiewicz, als er Hubertus Hilgendorff zum Ehrenbürger ernannte. Hilgendorff wertete in seinen Dankesworten die Auszeichnung als eine Ehrung auch für alle Rastenburger Landsleute. Nachdem der Partnerschaftsvertrag unterschrieben worden war, begann Mordasiewicz seine anschließende Festrede damit, daß Verständigung in den langen Jahren kommunistischer Herrschaft nicht habe stattfinden können. Erst das freie Polen habe sich mit den geschichtlichen Wahrheiten auseinandersetzen können, um sie zu erkennen und mit ihnen umzugehen. Den Schmerz von Vertreibung und Neueingliederung hätten die Polen wie Deutsche als gemeinsame bittere Erinnerung. Mor- dasiewicz dankte Burkhard Knapp, dem Gründer der Arno-Holz-Gesellschaft und Ehrenbürger der Stadt. Schon 1988 hatte dieser sich ins Direktorzimmer des Rastenburger Gymnasiums gewagt. Zusammen mit zwei Freunden hatte er dann die Weseler Lehrer zu einer Reise nach Rastenburg überredet. Nach der Wende hatte er 1990 sofort den ersten Schüleraustausch organisiert. Mordasiewicz dankte allen Beteiligten, daß sie die Partnerschaft, die ein Zeugnis sei "für die Bereitschaft zum Leben in einem gemeinsamen Europäischen Haus", mit Leben erfüllten. Wesels Bürgermeister Schroh betonte in seiner Rede die besondere Bedeutung der Partnerschaft zwischen Wesel und Rastenburg. Man müsse sich auf die Tragödie besinnen, die für Polen mit dem September 1939 begonnen und sich nach der Besetzung aufgrund der aggressiven Annektionsabsichten Hitlers mit Mord, Deportation und völliger Entrechtung, mit Zwangsarbeit und Verschleppung in Konzentrationslager für Tausende von polnischen Menschen abgespielt habe. Weiter habe sich die Tragödie fortgesetzt in der Vertreibung und dem Verlust der Heimat für die ostpreußische Bevölkerung. 50 Jahre habe es gedauert und mühsamer Schritte der Annäherung bedurft, um auf einer gemein- samen Basis neu zu beginnen. Als die "drei Säulen" dieser Beziehung bezeichnete Schroh die Kreisgemeinschaft Rastenburg und die polnischen Bürger von Rastenburg, die Schüler und Lehrer der Weseler und Rastenburger Schulen sowie die evangelischen und katholischen Kirchengemeinden beider Städte. Nachdem am 18. und 19. Mai von den Teilnehmern auch verschiedene Veranstaltungen in der Stadt wie Picknick, Konzert und Tanzturnier besucht worden waren, klang der Sonntag aus mit Geselligkeit im Hotel Koch, wo gemeinsam gespeist und mit Kapelle, Gesang und Tanz bis in die Nacht gefeiert wurde. Am Pfingstmontag traf man sich mit einem Kreis von rund 30 Rastenburger Bürgern polnischer Nationalität, um über neue gemeinsame Projekte zu beraten. Bereitschaft dazu zeigten Veteranen, "Sybirian"-Verbannte, "Rittergesellschaften" (für Auftritte), "Ketrzyn-Liebhaber" (Denkmalspflege) und andere mehr. Nun mögen Taten folgen. Im August zum Hauptkreistreffen der Rastenburger in Wesel wurden die Feiern fortgesetzt. Die polnischen Gäste hatten einen Kinderchor und einige junge Tanzpaare mitgebracht, die mit ihren Beiträgen beim Bürgerabend in der Niederrheinhalle Begeisterung auslösten. Der ökumenische Gottesdienst vereinte im Willibrordi-Dom eine gelöste hochgestimmte Gemeinde. Später wurde ein Partnerstadt-Schild enthüllt und im Heimatmuseum ein gemeinsamer Grillabend mit niederrheinischer Blaskapelle gefeiert. Der Festakt im Rathaus als Höhepunkt erhielt eine besondere Note durch ein dem Ehrenbürger Hilgendorff zugedachtes Gedicht, mit dem Bürgermeister Mordasiewicz gemeinsame Empfindungen von Polen und Deutschen während der letzten 50 Jahre zum Ausdruck brachte. In der Übersetzung lautet es: Auf fremder Erde schmeckt bitter sogar das Glück. Das Land, das Dir heute nicht selten wie eine Stiefmutter ist, hörst Du nie auf zu lieben bis an Dein Ende. Denn es hat Dich mit Träumen in den Schlaf gewiegt. Vielleicht sind doch manche dieser besagten Träume für uns im Lauf der Jahre schon wahr geworden.
Vertragsunterzeichnung: Bürgermeister Mordasiewicz (links) und sein Weseler Amtskollege Schroh (rechts) Fotos (2): Brosch Rastenburgs Stadtschlüssel: Bürgermeister Mordasiewicz (links) ehrte Kreisvertreter Hilgendorff (rechts) mit der Ehrenbürgerschaft. |