19.04.2024

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26.10.02 / Finanzchaos: Bloß raus hier!

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 26. Oktober 2002


Finanzchaos: Bloß raus hier!
Konzerne überlegen offen Flucht aus Deutschland
von Hans Heckel

Es kommt jetzt Schlag auf Schlag. Keine Nachrichten ohne neue Hiobsbotschaften aus Berlin. Die Ankündigungen der neuen rot-grünen Koalition lösen mal wütenden Protest aus, mal schallendes Gelächter oder bloß noch atemloses Schweigen.

Doch nicht alle müssen, wie die meisten Durchschnittsbürger, die wachsenden Zumutungen einfach hinnehmen. Aus dem Umfeld gleich mehrerer deutscher Großkonzerne drangen vergangenes Wochenende Gerüchte, man denke über einen Weggang aus Deutschland nach. Der Versicherungsgigant Allianz erwägt sogar die Verlegung seines Stammsitzes ins Ausland. Ebenso der Technologieriese Siemens, beide zur Zeit in München ansässig.

Auch in anderen Teilen des Landes machen sich Absetzneigungen breit. So beim Hamburger Autozulieferer Phoenix. Der traditionsreiche Gummi- und Kunststoffverarbeiter hatte vor zehn Jahren erst zehn Prozent seiner Fertigung im Ausland. Aufgrund der schlechteren Bedingungen hierzulande sind es nach Konzernangaben jetzt bereits rund 50 Prozent. Angesichts des rot-grünen Horrorkatalogs mit weiter steigenden Steuern sollen womöglich weitere der 5.000 noch in Deutschland verbliebenen Arbeitsplätze "auswandern".

Die Hamburger "Norddeutsche Affinerie" gehört als Kupferverhütter zu den besonders energieintensiv produzierenden Branchen. Die bisherige Öko-Steuer beließ solchen Betrieben einen erheblichen Abschlag. Darüber wird jetzt in Berlin "neu nachgedacht". Für die "Affi" könnte dies eine Steigerung der Sondersteuer von derzeit 500.000 auf 14 Millionen Euro bedeuten.

"Wir brauchen Planungssicherheit!" appelliert der Konzern an die Politik. Indes reagiert Berlin auf solche und ähnliche Appelle mit nur noch mehr Verwirrung. So sollen jetzt etliche Koalitionsabsprachen, wie auch die Besteuerung privater Aktienerlöse nach über einem Jahr Besitz, zwar "überprüft werden". Bei Anlegern wollen Experten, wie die größte deutsche Fondsgesellschaft DWS, dennoch bereits eine ansteigende Kapitalflucht aus Deutschland ausgemacht haben.

"Vom Sanierungsfall Deutschland zum Konkursfall" - so lautet die menetekelhafte Prognose in allen Bereichen von Wirtschafts-und Finanzwelt. Der Finanzminister jongliert derweil mit täglich neuen Zahlen, die er kaum im Griff zu haben scheint. Eben noch verkündete Hans Eichel (SPD), das Staatsdefizit werde 2002 zwischen 3,3 und 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erklimmen, da korrigiert ihn die EU-Kommission bereits: 3,7 Prozent erwarten die Brüsseler Hüter des Stabilitätspakts.

Nicht allein die katastrophalen Zahlen und die immer neuen Belastungen machen der deutschen Wirtschaft und den Bürgern zu schaffen. Es ist der Eindruck, daß alles, was die Berliner Koalition verspricht, ankündigt oder "errechnet" haben will, schon Tage später nur noch Makulatur sein könnte - oder bereits ist. So wurden jahrelang Firmen, die ihre Energieversorgung auf das "umweltfreundlichere" Erdgas umstellten, steuerlich bevorteilt. Jetzt wollen die klammen Wegelagerer des Bundes plötzlich mehr Geld von den Gaskunden. Ergo: Wer gestern genau das tat, was der Fiskus ihm nahelegte, ist heute der Gelackmeierte. Im November kommen die nächste Steuerschätzung und - wir ahnen es schon - abermals ein ganz neues "Konsolidierungspaket".