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26.10.02 / "Wir haben noch einiges zu lernen"

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 26. Oktober 2002


"Wir haben noch einiges zu lernen"
von Thomas Roth

Wir alle wissen, daß wir mit dem Erlernen einer Sprache weit mehr lernen als nur einfach ,Sprache'. Wir lernen die ganze Welt des anderen auf eine andere, unendlich intensivere Weise kennen. Mit anderen Worten: Wir kommen uns näher. Und insofern ist die Initiative, die Sie in ihrem Land in bezug auf Jugendliche und die deutsche Sprache ergriffen haben, auch eine im besten Sinne politische. Nach all den Jahren der Isolation von- und voreinander kommen wir uns endlich näher in einem gemeinsamen Europa und, wenn Sie meine Meinung hören wollen, ein gemeinsames und ein friedliches Europa ist ohne Rußland undenkbar. Auch zu diesem Prozeß leistet Ihre "Sprachinitiative" einen wichtigen Beitrag.

Lassen Sie mich aber noch einen anderen, durchaus lichteren Moment unserer gemeinsamen Vergangenheit berühren, der auch Ihre Aktivitäten und Verdienste um die deutsche Sprache durchaus in eine andere Tradition stellt. Sie stellen mit Ihrer heutigen Aktivität eine Brücke her zu einer Zeit, sie liegt rund 300 Jahre zurück, in der das Deutsche in Rußland so zu Hause war, daß wir Deutsche, bezogen auf das Russische bei uns, umgekehrt noch heute einiges zu lernen haben. Wer weiß schon, daß der Präsident der ersten Russischen Akademie der Wissenschaften in Sankt Petersburg auf den ganz und gar unrussischen Namen Dr. Blumentrost hörte. Wie das kommt? Er war der Sohn eines 1685 von Mühlhausen nach Rußland eingewanderten Medikus. Dr. Blumentrost, Leibarzt bei Peter I., soll ihn bei der Gründung dieser Akademie der Wissenschaften maßgeblich beeinflußt haben. Von den 111 Lehrern an der ersten Akademie der Wissenschaften sollen immerhin 67 Deutsche gewesen sein.

Die Zahlen, und auch dazu tragen Sie bei, sind beeindruckend. Wer weiß in Deutschland schon, daß gegenwärtig rund elf Millionen russische Jugendliche über alle Klassenstufen hinweg Deutsch als Fremdsprache lernen.

Zugegeben: Bei uns gibt es nicht ganz so viele Jugendliche wie in Rußland, das ist wahr. Trotzdem: Diese Zahlen sind wirklich beeindruckend und sollten uns anhalten, unsere bisherigen Bemühungen zu verstärken. Das betrifft auch das höchst seltene Angebot an deutschen Schulen, russisch zu lernen. Wenn wir unseren russischen Nachbarn so verstehen lernen wollen wie er uns, dann gibt es auf unserer Seite noch eine Menge zu tun.

Nicht zuletzt Sie und Ihre Familie, Frau Putin, sind uns da Beispiel. Ihre Kinder Katja und Mascha würde in diesem Saal der Sprache nach jeder für deutsche Jugendliche halten. Sie sprechen Deutsch wie ihre Muttersprache, und mir ist kein Beispiel gegenwärtig, daß Kinder einer Gattin eines Präsidenten eines anderen Landes, schon gar eines großen, uns so nahe wären. n

 

"Unsere Völker haben viel Gemeinsames. Aber besonders wichtig ist für mich unser gegenseitiger Respekt und gegenseitiges Interesse": Präsidentengattin Ljudmilla Putina Foto: dpa