26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
14.12.02 / Unvergessen als "Fridericus Rex" / Der große Schauspieler Otto Gebühr hätte in diesem Jahr seinen 125. Geburtstag begehen können

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 14. Dezember 2002


Unvergessen als "Fridericus Rex"
Der große Schauspieler Otto Gebühr hätte in diesem Jahr seinen 125. Geburtstag begehen können

In Kettwig an der Ruhr ist Otto Gebühr 1877 geboren, in Köln aufgewachsen, aber Berlin war seine eigentliche Heimat, und hier wurde sein Leben gekrönt durch eine Reihe sensationeller Erfolge als Filmschauspieler. Am bekanntesten war er der breiten Öffentlichkeit als Preußenkönig. Dem großen Schauspieler lagen auch andere Rollen, nur traf ihn das seltsame Schicksal, daß er durch die eine Rolle, die er einmal so lebensnah verkörpert hatte, für lange Jahre zu einem festen Begriff wurde und aus dem damit gezogenen Rahmen für lange Zeit überhaupt nicht mehr herauskommen konnte.

Es wurde ihm nicht leicht gemacht, zur geliebten Bühne zu kommen, denn sein Vater starb schon nach dreijähriger Ehe und hinterließ der Mutter die schwere Aufgabe, zwei Knaben aufzuziehen. Da war es kein Wunder, daß Ottos Mutter keinen Sinn für schauspielerische Neigungen aufbrachte. Die Mutter steckte ihn in ein Wollhandelsgeschäft, weil er eben frühzeitig auf eigenen Beinen stehen sollte, und erst als er sich eine Position in Berlin gesucht hatte und dort ganze 150 Mark im Monat verdiente, konnte er daran gehen, seinem ersehnten Lieblingsberuf näher zu kommen. In Görlitz fand er ein erstes Engagement mit 100 Mark im Monat: Der Anfang war gemacht! Ein Sommertheater, ein Wanderthea-ter, eine richtige Schmiere gehörte auch zu seinem Werdegang ... dann zehn Jahre Dresdner Hoftheater mit 3.000 Mark Jahresgage ... und zuletzt also Berlin. Im Jahre 1907 wagte er den Sprung zur Reichshauptstadt. Das Lessingtheater wurde seine nächste Station, und 1.500 Mark betrug die Monatsgage. Zwischendurch war er auch einmal in Amerika, aber das Heimweh hat ihn nicht losgelassen, es zog ihn wieder nach Europa und nach Berlin.

Nach dem Ersten Weltkrieg, aus dem er als Leutnant heimkehrte, kam dann der Film von der Tänzerin Barberina, und da verfiel man auf ihn als Fridericus Rex. Es wäre eigentlich eine Rolle wie viele andere auch gewesen ... aber sie wurde sein Schicksal: Einmal war er der Große König gewesen, und von Stund an holte man ihn immer und immer wieder zu dieser Rolle. Die ganze Zeitströmung kam ihm entgegen und verlangte ihn: So wurde er zum Begriff "Fridericus" ... Berliner Jungens standen vor dem Denkmal Friedrichs des Großen und sagten: "Kieke mal, Otto Gebühr!" Ein Höchstmaß an Popularität!

Aber sein künstlerischer Radius war viel weiter gespannt. Ihn reizten frühzeitig lustige, heitere Rollen, er hat sich als Lautensänger einen Namen gemacht, er ist in modernen und klassischen Bühnenwerken hundertfach hervorgetreten, er hat sich trotz langjähriger Festlegung auf eine typische Standardrolle seine volle Wandlungsfähigkeit bewahrt. Zahlreiche Chargenrollen im Tonfilm zeigten seine großen komödiantischen Fähigkeiten. Nach 1945 war er unter anderem in "Dr. Holl", "Grün ist die Heide", "Straßenserenade" und "Meines Vaters Pferde" zu sehen.

Dann kam der Streifen "Rosen-Resli" (1954) mit der jungen Christine Kaufmann. Als Otto Gebühr im Filmatelier Wiesbaden eintraf, um die Rolle des alten Gärtners und Rosenzüchters Jakob zu übernehmen, konnten seine Freunde ihr Erschrecken kaum verbergen. Er war bereits ein vom Tode Gezeichneter. Sein schweres Herzleiden machte ihm sehr zu schaffen. Der ihn täglich behandelnde Arzt und die Kollegen umgaben ihn mit rührender Fürsorge. "Kinder, beeilt Euch mit Eurem Film", bat Gebühr mit wissendem Lächeln. "Ich fühle, daß es mein letzter ist." Dann kam der Sonnabend, der 13. März 1954. Als für ihn die letzte Klappe fiel, war es genau die 1000. des Films. Dieses merkwürdige Zusammentreffen gab noch Anlaß zu frohem Scherz. An jenem Sonnabend abend verabschiedete sich der greise Darsteller besonders herzlich von seinen Kollegen. Um 20 Uhr gab ihm der Arzt im Hotel die tägliche Spritze. Wenig später hörte man Lautenklänge aus seinem Zimmer. Wie immer spielte er vor dem Einschlafen auf seinem geliebten Instrument, das ihn überall hin begleitete. Unbefangen unterhielt er sich gegen 22.00 Uhr mit seinem Produktionsleiter, der noch einmal nach ihm sah und sich darüber wunderte, daß Otto Gebühr, der seit Tagen kaum etwas zu sich nahm, um ein Omelett bat. Als der Kellner das Essen brachte, wurde ihm auf sein Klopfen nicht geantwortet. Neben seiner Laute war Otto Gebühr friedlich eingeschlafen. Ein Herzschlag hatte seinem reichen und gesegneten Leben ein Ende gemacht.

Ein ergreifendes Erlebnis für seine ungezählten Filmfreunde, für die er unvergessen bleiben wird. kai-press

Otto Gebühr: Der in Berlin ansässige Mime in seiner bekanntesten Rolle, der des preußischen Königs Friedrich der Große Foto: kai-press