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21.12.02 / Von Marzipan und dem Schimmelreiter

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 21. Dezember 2002


Von Marzipan und dem Schimmelreiter
Tuta und Malchen planen ein ostpreußisches Weihnachtsfest

Tuta, Trautsterchen, daß ich dich heut noch seh! Erbarmung, is das wieder ein Trubel. Man könnt meinen, die Menschen wüßten nicht, daß jedes Jahr Weihnachten is, alles müssen sie auf den letzten Drücker besorgen!"

"Ach, Malchen, was sagst? Hab ich mich doch verschabbert mit dem Hildchen. Ich muß socken, muß noch unbedingt was zum Schmengern besorgen, am besten Marzepan. Hab's diesmal nich gezwungen, selbst was zu backen. Und Weih-nachten ohne Marzepan - undenkbar!"

"Ja, Tuta, da hast recht. Was meinst, was mein Albertche sagt, wenn er zum Fest nich seinen Monstriezel bekommt!"

"Un mein Elschen erst, wenn die keinen Pfefferkuchen auf'm Bunten Teller hat, is die glubsch. Na, dem Herbertche, dem kann man mit Zimtsternen und Thorner Kataschinchen erobern."

"Ach, Tuta, all die Herrlichkeiten aus unserer Kindheit! Was meinst, wenn wir mal nich mehr sind, ob dann unsere Kinder noch wissen, was man alles Leckeres zum Weih-nachtsfest bereiten kann? Überhaupt, wer weiß denn noch, wie wir früher Weihnachten gefeiert haben, und unsere Eltern und Großeltern?"

"Ja, Malchen, das is wahr. Ich glaub', wir müssen unseren Kindern und Enkeln mal wieder auf den Zahn fühlen und erzählen, was wir so erlebt haben. Wie wir zur Kirch gegangen sind, am Heiligen Abend, oft durch hohen Schnee, der uns bis zum Bauch reichte. Wie wir Geschenke für die Eltern und Geschwister selbst gebastelt haben, wie wir gezittert haben, wenn der Weih-nachtsmann tatsächlich vor einem stand ... Später wußten wir natürlich, daß es der Nachbar war, aber im Augenblick ..."

"Ja, Tuta, all das müssen wir erzählen. Aber auch von der schönen Musik, die in Königsberg von der Stadtmusik am Abend in den verschneiten Straßen gespielt wurde. - Vom Himmel hoch, da komm ich her ..."

"Malchen, Malchen, ich fang all an zu grienen, wenn ich nur daran denk. War das nich auch schön, wenn die Sternsinger durch die Straßen zogen? In andern Orten sind es die Dannekinder gewesen, hat mir eine Tante erzählt. Die haben dann gesungen: Wir kommen hereingetreten, loop anne Linge, mit Singen und mit Beten, loop anne Linge, de Strußklangs klinge, de Fischkes springe, de Dannekinder singe ... Klar wie dicke Tinte, daß die dann Süßigkeiten bekommen haben!"

"Tuta, Tuta, weißt noch, wenn der Schimmelreiter mit seinem wilden Gefolge kam, oder der Neujahrsbock? Da war dann vielleicht ein Hallo und Gelächter! Man mußte schon aufpassen, daß der Storch oder der Bär nicht allzuhart mit einem umging."

"Ja, Malchen, in den Zwölften, den Tagen zwischen Heiligabend und dem Dreikönigstag war allerhand los bei uns in Ostpreußen. Schad nur, daß heute kaum noch einer davon weiß. Was meinst, sollten wir Elschen und deinen Heinrich, was dein Sohn is, nich mal aufstacheln, daß die mit ihren Freunden einen Schimmelreiter-Umzug auf die Beine stellen?"

"Erbarmung, Tuta, ich laß mich auf meine alten Tage doch nich mehr vom Storch ins Bein beißen!"

"Hast recht, Malchen, aber Weih-nachtsstimmung wie zu Haus, die zaubern wir uns auch so, ward all ware, nuscht is nu all. Jetzt muß ich aber wirklich socken, das Marzepan!!" belauscht von os

Tuta und Malchen: Ward all ware ...Scherenschnitt: Hannelore Uhse