Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
© Das Ostpreußenblatt Ausgabe / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 11. Januar 2003 |
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Kritik an "kurzsichtiger Türkei-Euphorie" Mittelstands-Verband lehnt einen Beitritt Ankaras zur EU strikt ab Massive Meinungsverschiedenheiten zwischen Großindustrie und Mittelstand prägen die Kommentare zu den Plänen führender Politiker der EU, insbesondere der deutschen Bundesregierung, der - überwiegend auf asiatischem Boden liegenden - Türkei möglichst schnell den Weg in die Europäische Union zu ebnen. Während der Bundesverband der deutschen Industrie sich von einer Aufnahme der Türkei "einen großen Gewinn" (oder große Gewinne?) erhofft, warnen die Bundesvereinigung Mittelständischer Unternehmer (BVMU) und der Bund der Selbständigen (BdS) vor "kurzsichtiger Türkei-Euphorie" und vor übereilten Entscheidungen. Der ehemalige Regierungssprecher und jetzige Sprecher des BVMU/BDS-Kuratoriums, Friedhelm Ost, sieht die Türkei "zweifellos als einen wichtigen wirtschaftlichen und strategischen Partner" der Europäischen Union. Er spricht sich zwar für engere Beziehungen durch ein Assoziierungsabkommen beziehungsweise durch die Aufnahme in die Europäische Freihandelszone aus, lehnt aber einen EU-Beitritt der Türkei ab, da dies eine noch höhere Zuwanderung aus der Türkei zur Folge haben werde, die unter anderem mit enormen Sozialfolgekosten verbunden sei. Den Anteil nichtqualifizierter Türken an der Arbeitslosenzahl bezeichnete Ost mit Blick auf Untersuchungen des Bevölkerungswissenschaftlers Herwig Birg (Universität Bielefeld) als überproportional hoch. Auch der ehemalige Präsident des Europäischen Rechnungshofes, Professor Dr. Bernhard Friedmann, ein exzellenter Kenner der europäischen Szene, listet eine Reihe von Gründen auf, warum eine EU-Vollmitgliedschaft der Türkei in absehbarer Zeit ausgeschlossen werden müsse. So stelle bereits die Aufnahme der mittel- und osteuropäischen Staaten eine gewaltige finanzielle, organisatorische und po- litische Herausforderung für die EU dar. Es bedürfe vieler Jahre, bis dieser Kraftakt bewältigt werden könne. Zudem werden über kurz oder lang europäische Länder wie Serbien, Kroatien, Mazedonien, Albanien, die Ukraine und Weißrußland ebenfalls in die EU drängen. Diesen Ländern könne man allerdings kaum einen Beitritt verweigern, wenn ein nichteuropäischer Staat wie die Türkei aufgenommen würde. Vor allem sei aber auch zu bedenken, daß zum Zeitpunkt des anvisierten EU-Beitritts die Türkei aufgrund starken Bevölkerungswachstums nahezu 40 Prozent mehr Einwohner als Deutschland haben werde. Die Türkei wäre somit das größte EU-Land und könne dementsprechend die meisten Abgeordneten im Europäischen Parlament und die meisten Stimmen im Rat stellen. Aus wirtschaftlicher Sicht spreche auch die Tatsache, daß das Bruttoinlandsprodukt in der Türkei nur 22 Prozent des EU-Durchschnitts beträgt, gegen einen EU-Beitritt. Die daraus resultierenden enormen Transferleistungen würden alle bisherigen Dimensionen sprengen und seien schlichtweg nicht zu verkraften. EB |