Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
© Das Ostpreußenblatt Ausgabe / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 11. Januar 2003 |
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Gedanken zur Zeit: Keine Last für Deutschland von Wilfried Böhm Spätaussiedler müssen Deutsch sprechen", lautete am 3. Januar 2003 der Aufmacher der Tageszeitung Die Welt, in dem sie über eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg berichtete. Dieser hatte die Erteilung des Spätaussiedler-Status davon abhängig gemacht, daß die Rußlanddeutschen, um die es sich dabei in erster Linie handelt, zum Zeitpunkt ihrer Einreise fähig sein müssen, "sich in deutscher Sprache annähernd flüssig auszudrücken". "Etwas Pragmatismus hat Einzug gehalten", der die "heilsame Ernüchterung fördert", freut sich Die Welt, von der man diese Sicht der Dinge am allerwenigsten erwartet hätte. Das "richtungsweisende Urteil" distanziere sich von dem "eher verschwommenen Kriterium der historischen Abstammung". Damit ende "wieder ein Stück Nachkriegsgeschichte", befindet Die Welt, wäh- rend der Welt, mit Vornamen Jochen, seines Zeichens SPD-Bundestagsabgeordneter und Aussiedlerbeauftragter der Bundesregierung, schon vor der Gerichtsentscheidung einen Anstieg der Aussiedlerzahlen befürchtet und als Ziel des kürzlich aus formalen Gründen gescheiterten Zuwanderungsgesetzes die Reduzierung des Aussiedlerzuzugs genannt hatte. In dasselbe Horn stößt der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Dieter Wiefels-pütz: "Die Stroßrichtung des Urteils ist genau die, die wir mit dem Zuwanderungsgesetz verfolgen." Beide Stöße richten sich gegen die in ihrer Mehrheit christlich, konservativ und patriotisch gesonnenen Rußlanddeutschen, die von den schlimmen Erfahrungen mit dem Sozialismus geprägt sind. In Wahrheit ist die Entscheidung des genannten Verwaltungsgerichtshofs geschichtslos und weltfremd sowie eine schlimme Rücksichtslosigkeit gegenüber deutschen Schicksalen. Im besten Fall kann man sie als naiv einstufen. Wenn die Rußlanddeutschen in ihrer Mehrheit nur mangelhafte oder in vielen Fällen kaum noch Kenntnisse der deutschen Sprache haben, so besitzen offenbar viele Deutsche in Deutschland samt ihren Verwaltungsrichtern noch geringere Kenntnisse von dem schweren Schicksal, der Geschichte und den Lebensverhältnissen dieser Rußlanddeutschen. Diese Rußlanddeutschen, einst nach Rußland gerufen, haben dort in vielen Teilen des Landes Großartiges zur Kultur, Zivilisation und Wirtschaft des Landes beigetragen. Im vergangenen Jahrhundert - nicht erst nach dem Zweiten Weltkrieg - wurden sie Opfer der unheiligen Allianz von Stalin und Hitler samt ihren totalitären Ideologien. Sie wurden zu Opfern, nur weil sie Deutsche waren, aus ihren Siedlungsgebieten vertrieben, in den Weiten Rußlands gewaltsam verstreut, systematisch voneinander getrennt und ihre Kommunikation untereinander verboten. Ein unbedachtsames deutsches Wort konnte den Tod bedeuten. Zehntausende starben bei Zwangsarbeit in Sibirien. Seit nach dem Zusammenbruch des Kommunismus die Ausreise nach Deutschland in größerem Umfang möglich wurde, versuchten und versuchen viele Rußlanddeutsche ins Land ihrer Väter zurückzukehren. Die Deutschkurse in Rußland sollten als Vorbereitung auf das Leben in Deutschland diese Rückkehr erleichtern, wurden aber schon unter der Regierung Kohl zu einer Art "Sprachmauer", an der die Ausreisewünsche scheiterten, wenn die damit verbundenen "Sprachtests" nicht bestanden wurden. Diese wurden nicht als Hilfe zur Übersiedlung praktiziert, sondern als Abwehr mit dem Ziel der Senkung der Zahl der "Spätaussiedler". Viele der Rußlanddeutschen erschienen gar nicht mehr zum "Sprachtest", weil sie Angst davor hatten, als Erwachsene solche Prüfungssituationen vor jungen Beamten nicht bewältigen zu können. Kam es doch dabei nicht selten vor, daß bei der Prüfung deutsche Gedichte und Volkslieder aufgesagt werden mußten, die in Deutschland selbst kaum noch jemand kennt. Diese Sprachprüfungen zerreißen Familien, bringen großes Leid über sie und sind letztlich eine Verletzung ihrer Menschenrechte. Dabei soll die Bedeutung der Sprache bei der Integration in Deutschland nicht bestritten werden, aber als Voraussetzung der Übersiedlung taugt sie im Fall der Rußlanddeutschen nicht. Vielmehr ist die Förderung der Deutschkenntnisse und ihr Erwerb eine Pflicht, die aus dem Recht zur Rückkehr nach Deutschland folgt. Deutschland hat Millionen von Ausländern aufgenommen, die nicht deutsch sprechen. Das geschieht noch immer, und zwar ohne obligatorischen Sprachtest vor der Einreise. Es bleibt das Geheimnis der Verwaltungsrichter und derer, die ihnen Beifall zollen, warum es Sprachprüfungen als Voraussetzung der Aufnahme nur für Rußlanddeutsche geben soll. Die Rußlanddeutschen sind keine Last für Deutschland, sondern eine Bereicherung, auch was ihre Altersstruktur angeht. Wenn man obendrein erkennt, daß Europa größer ist als sein Westen und daß es Deutschlands Aufgabe ist, Europas Brücke nach Rußland zu sein, dann sind die Rußlanddeutschen mit ihren Erfahrungen und Kenntnissen dafür nicht nur bestens geeignet, sondern unverzichtbar. |