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11.01.03 / Zurück zur Disziplin / Jungunternehmerin rühmt preußische Tugenden

© Das Ostpreußenblatt Ausgabe / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 11. Januar 2003


Zurück zur Disziplin / Jungunternehmerin rühmt preußische Tugenden

Gründlich räumt Judith Mair, eine Kölner Jungunternehmerin, mit mondänen Klischees von kollegialen Führungsmethoden und hierarchieloser Organisation, von Star-Teams und systemstrukturierten Diskursen als kreativem Mittel der Betriebsleitung auf. Es sei nicht das allgemeine Wohlfühlklima für den Arbeitnehmer, das wirklich Erfolge bringe, sondern Disziplin und sekundäre Tugenden, die bisher immer erforderlich waren, wenn es um den Begriff von Arbeit und Leistung geht.

Arbeit sei hierbei keinesfalls ein Freizeiterlebnis oder mache Spaß. Nein. "Arbeit macht keinen Spaß" und ist in erster Linie eine Form des Geldverdienens und eine Pflichterfüllung. Arbeit ist in erster Linie eben nur Arbeit, und man mag hier fast sagen, nur süß, wenn ein gewisses Maß an Mühe mit einhergeht und sich das Büro deutlich vom Wohnzimmer unterscheidet, sich also ein Unterschied zwischen Freizeit und Arbeitszeit ausmachen läßt. Die Arbeitswelt ist ernst, eben nicht Disneyland.

Alles das sind Thesen aus dem Buch "Schluß mit Lustig". Ansichten, die man der jungen Blondine, die nach ihrem Design-Studium das Kommunikationsbüro "Mair und andere" gründete, gerne glaubt. Denn in Zeiten, in der die "New Economy" ihren Höhenflug hinter sich hat, in der junge Akademiker mit acht oder neun Jahren Studium arbeitslos auf der Straße stehen und man zwischen Besitzern und Nicht-Besitzern von Arbeitsplätzen sozial qualifizieren kann, ist ein Um- denken in den Philosophien für Unternehmen auch offensichtlich geboten. So gesehen kommt das Buch, das sich in gefälligem Schreibstil und einfacher Struktur durchaus als Bettlektüre eignet, zur rechten Zeit. Aber es ist weniger eine Kritik an Unternehmenskultur alleine oder an der unendlichen Leichtigkeit des beruflichen Daseins. Es ist die Kritik an der Einstellung der Spaßgesellschaft, an der "Verantwortungslosigkeit" im Team, das ja bekanntlich die Abkürzung sei für "Toll, ein anderer macht's".

Judith Mair geht recht weit, wenn sie davon schreibt, daß diese "weichen Eigenschaften" wie emotionelle Intelligenz, Fingerspitzengefühl, kommunikative Kompetenz oder Sanftheit weibliche Eigenschaften seien, die eine frauengerechte Arbeitswelt propagierten, was jedoch eine sexuelle Deformation darstelle. Eigenschaften wie Disziplin, Ausdauer, Durchsetzungsfähigkeit und Zielstrebigkeit blieben ausgeblendet, würden unmodern. Dies sind jedoch Tugenden, die sie für sich und ihr "Start-Up" - die Autorin möge mir den Anglizismus verzeihen - im Auge hat. Es sind preußische Tugenden.

Der Mangel dieser Eigenschaften ist laut der Autorin die Ursache für das Versagen in der Arbeitswelt und in den Unternehmungen. Dort, wo weibliche Eigenschaften gefragt sind, ist Gleichberechtigung angestrebt. So argumentiert die "Domina wider Willen", wie der Spiegel titelte, gegen eine unqualifizierte Bevorzugung von Frauen im Jahrhundert der Weiblichkeit. Ganz im Gegenteil. Sie spricht sich aus für Regeln, Umgangsformen, für Pflichterfüllung und Leistung. Sie propagiert damit eine Gestaltungskraft, die auf den Punkt kommt und frei ist von jeglicher aufgeblasener Attitüde, vom Geschwafel der Möchtegern. Wenn ihre Firma so ist wie der Geist des Buches, nämlich in der Sache auf das Notwendige beschränkt und doch vollständig, dann ist dies Buch hoffentlich nicht das letzte von ihr in diesem Sinne. kpg

Judith Mair: "Schluß mit lustig", Eichborn-Verlag, Frankfurt/Main 2002, gebunden, 177 Seiten, 16,90 Euro