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18.01.03 / "Es geht nicht nur ums Öl" / Gespräch über die Irak-Krise mit dem amerikanischen Deutschland-Korrespondenten Don F. Jordan

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 18. Januar 2003


"Es geht nicht nur ums Öl"
Gespräch über die Irak-Krise mit dem amerikanischen Deutschland-Korrespondenten Don F. Jordan

Herr Jordan, Sie sind US-Amerikaner und Journalist in Deutschland. Was denken Sie, sind die Interessen der USA am arabischen Golf und im Irak ?

Jordan: Ich bin nicht der Meinung vieler Amerikaner und Europäer, daß es nur ums Öl geht. Aber sicherlich gibt es handfeste wirtschaftliche Interessen. Doch das ist nicht die Triebfeder des Handelns der USA. Es geht um die Sicherheit im Nahen Osten und damit um die Sicherheit in der Welt. Gelingt es Saddam Hussein, nukleare Waffen zu bekommen, dann haben wir noch einen Unsicherheitsfaktor mehr. Betrachten Sie nur die Lage in Nordkorea. Dort hat man nicht genug darauf geachtet, und schon nimmt die Regierung des Landes das Atomprogramm wieder auf und versucht damit, noch mehr finanzielle Hilfe von Washington regelrecht zu erpressen Bei Saddam wollen die USA auch eine Demokratisierung des Landes herbeiführen. Mancher in der US-Administration will jedoch einen Demo- kratisierungsprozeß in der ganzen Region in Gang setzten.

Die Staaten der Region wie Kuwait, der Oman, Saudi-Arabien oder auch Quatar, das sind doch alles Monarchien. Wie können die USA da ein Interesse haben, diese Staaten zu demokratisieren und gegebenenfalls zeitweise zu destabilisieren? Und das unterstützt durchs Militär?

Jordan: Die meisten Staaten in der arabischen Welt sind autoritär, wenn nicht totalitär. Wirkliche Demokratien gibt es da gar nicht. Viele in der Nomenklatura der USA wollen, daß die Karten im Nahen Osten gänzlich neu gemischt werden - zugunsten einer langfristigen Stabilisierung und Einführung der Demokratie. Dies widerstrebt natürlich kurzfristigen amerikanischen Interessen. Die USA brauchen die Unterstützung der Kuwaitis und anderer Monarchien im Nahen Osten. Deren Unterstützung ist aber langfristig kein Schutz gegen den antiwestlichen Terrorismus. Ganz im Gegenteil.

Hat der arabische Terrorismus denn nur die westlichen Staaten in Europa und den USA als Ziel? Israel ist doch sicherlich auch ein Angriffspunkt dieser Kämpfer. Dient so das amerikanische Vorgehen gegen den Irak nicht auch den Sicherheitsinteressen Israels?

Jordan: Im Hintergrund spielt das sicher eine Rolle. Saddam Hussein hat ja auch schon Scud-Raketen auf Israel abgeschossen. Zudem hat Saddam geschworen, Israel zu vernichten. Je länger man jetzt wartet mit einem entschiedenen Vorgehen gegen den Irak, desto eher ist Saddam in der Lage, seine Drohungen in die Tat umzusetzen und Israel, wie auch anderen Staaten in der Region wie Kuwait großen Schaden zuzufügen. Wir können uns nicht, wie die Uno seit 1998, weiter an der Nase herumführen lassen. Vergleichen Sie die Situation im Irak mit Nordkorea. Kim ist wahrscheinlich schon im Besitz zweier nuklearer Waffen. Dies hält die USA davon ab, gegen diesen Diktator genauso vorzugehen wie gegen Hussein. Man darf eben bei solchen Despoten, seien sie mit Schnäuzer oder ohne, nicht zu lange warten. Das hat uns die deutsche Geschichte eindrucks-voll gelehrt.

Nun läßt Saddam Hussein Inspektoren ins Land und seine Paläste kontrollieren. Das bringt die USA in Argumentationsschwierigkeiten, wenn nicht in der Tat etwas gefunden wird, das die Vorwürfe gegen den Irak erhärtet. Steht George Bush dann nicht als Kriegstreiber da?

Jordan: Nicht unbedingt. Was die Inspektoren suchen, sind Beweise. Am 27. Januar wird von den Inspektoren der Bericht vorgelegt. Danach kann man erst mit einer Stellungnahme der Washingtoner Administration rechnen. Die Indizien sind zur Zeit so, daß sie den Falken im Weißen Haus recht geben. Dies könnte jedoch auch nur ein Teil der Droh- kulisse sein. Wesentliche Frage ist, auf welche Berater George Bush schließlich hört - auf die Falken oder auf die Tauben.

Sollten sich die USA und die Uno für einen Krieg entscheiden, stellt sich die Frage nach den Kosten. Teurer als der Krieg wird die lange dauernde Phase der Befriedung. Können sich die USA und die Welt einen Krieg am Golf überhaupt leisten?

Jordan: Geld ist hier nicht die Frage. Der Irak ist ein potentiell reiches Land mit hohen Einnahmen aus dem Ölgeschäft. Wiederum ist die Lage anders als zum Beispiel in Nordkorea. Das ist ein verarmtes Land. Ich bin mir sicher, wenn der Irak schnell geschlagen würde und man sich Saddam Husseins entledigt, könnten weltweit die Gläubiger aus den Öleinnahmen auch schnell befriedigt werden. Vor allen Dingen hätte man unglaubliche Mittel, um das Land ökonomisch wieder her- zurichten und auf die Demokratie vorzubereiten.

Bezahlbar mag der Krieg sein - aber kann George Bush dem Druck der Öffentlichkeit standhalten, wenn es Opfer gibt und der Krieg länger dauert?

Jordan: Zur Zeit ist die öffentliche Meinung in den USA gespalten. Dies führt zu einer gewissen Zurückhaltung der Regierung. Wenn aber die Inspektoren oder die Bush-Regierung am 27. Januar Beweise liefern, dann wird das amerikanische Volk geschlossen hinter dem Präsidenten stehen.

Die Verbündeten stehen zur Zeit aber nicht geschlossen hinter den USA!

Jordan: Wenn es im Sicherheitsrat "hart auf hart" kommen sollte, kann ich mir nicht vorstellen, daß die Deutschen nach der Entgleisung im Wahlkampf und der Empfehlung eines "Deutschen Weges" sich wirklich in Europa und weltweit weiter isolieren wollen.

Glauben Sie wirklich, daß die USA Kriegskurs steuern?

Jordan: Es kommt darauf an, daß Saddam Hussein die Administration in Washington überzeugt, daß er künftig keine Aufrüstungspolitik betreiben will. Sollten die Inspektoren oder sonstige Quellen allerdings Beweise liefern, daß der Irak Massenvernichtungswaffen hat und weiter produzieren will, dann wird auch Deutschland im Sicherheitsrat für den Einsatz militärischer Mittel stimmen, "dummen Geschwätzes" ungeachtet. n

(Das Gespräch führte Karl Peter Gerigk.)

Don F. Jordan ist profunder Kenner der deutsch-amerikanischen Beziehungen. Er studierte Wirtschaft an der Universität von Miami und arbeitet seit 1966 als Korrespondent für das amerikanische und deutsche Fernsehen und den Hörfunk (u. a. CBS, Deutsche Welle, ZDF) in Berlin und Bonn. Don F. Jordan war zuletzt Vorsitzender des Vereins der Ausländischen Presse in Deutschland