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© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 25. Januar 2003 |
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Zähe Regierungsbildung In Österreich ringen die politischen Parteien um die Machtverteilung von R. G. Kerschhofer Sind es schon Regierungsverhandlungen? Oder nur Vorgespräche? Oder erst "Vor-Sondierungen"? Fest steht, daß es bereits mehrere Gesprächsrunden zwischen der ÖVP und jeder der drei anderen Parteien gab und daß diejenigen, die gerade nicht mit der ÖVP sprechen, der ÖVP ein abgekartetes Spiel mit dem jeweils Dritten vorwerfen. Auch die ÖVP liefert höchst unterschiedliche Signale, was bestätigt, daß zwei Monate nach der Wahl noch in keiner Partei die Meinungsbildung abgeschlossen ist. Selbst Bundeskanzler Schüssel wird zu jeder Option - einschließlich einer ÖVP-Minderheitsregierung - einiges an innerparteilicher Überzeugungsarbeit zu leisten haben. Zunächst schien eine Neuauflage der ÖVP-FPÖ-Koalition greifbar nahe. Tatsächlich gibt es nur wenig Differenz in Sachfragen, und die ÖVP könnte mit der geschwächten FPÖ leichtes Spiel haben. Dennoch zögert man, und dafür werden von ÖVP-Seite zwei Gründe genannt: Einerseits glaubt man nicht, daß FPÖ-Chef Haupt - der bisherige Sozialminister, der dies erklärtermaßen auch bleiben möchte - seine Partei wirklich im Griff hat. Andererseits mehren sich die Stimmen, die wieder eine Koalition mit der SPÖ anstreben, um endlich "große Reformen" durchführen zu können. Auch in der FPÖ sind die Meinungen geteilt: Man sieht die Gefahr, als Mehrheitsbeschaffer für die ÖVP weiter an Profil zu verlieren und bei den nächsten Wahlen aufgerieben zu werden. In der Opposition hingegen müßte man wieder dort anfangen, wo man vor zehn Jahren stand - aber ohne Führungspersönlichkeiten vom Format eines Jörg Haider. Und selbst wenn sich Haider wieder voll einsetzen sollte, die Zeit ist weder an ihm noch an seinen Anhängern spurlos vorübergegangen. Die SPÖ, die sich anfangs zierte, kann sich nun für eine Koalition mit der ÖVP erwärmen, denn die Angst vor einer längeren Durststrecke in der Opposition ist beträchtlich. Diese pragmatische Linie wird vor allem von Partei-Chef Gusenbauer vertreten, der noch vor der Wahl den Gang in die Opposition angekündigt hatte, falls er nicht Erster werden sollte. Nach dem derzeitigen Stand der Dinge jedenfalls erscheint eine schwarz-rote Koalition als wahrscheinlichste Variante. Die Grünen hatten sich zunächst selbst aus dem Rennen genommen, indem sie der ÖVP verbieten wollten, gleichzeitig mit anderen Parteien zu verhandeln. Mittlerweile gibt es die Parteispitze zwar billiger, doch bei der eher fundamentalistischen "Basis" herrscht Skepsis. Als Hauptargument für eine "Große Koalition" wird ins Treffen geführt, daß eine Regierung, die sich auf eine Zweidrittelmehrheit stützt, überfällige Reformen angehen kann. Sogar von einem "Konvent" für eine Bundesstaatsreform ist die Rede. Nun war zwar auch schon die ÖVP-FPÖ-Koalition vor drei Jahren mit großen Ambitionen angetreten, doch das Kernproblem ist, daß tiefgreifende Änderungen meist eine Verfassungsänderung brauchen und somit von der SPÖ blockiert wurden oder wieder nur zu faulen Kompromissen führten. Die Bundesverfassung, das Grundgesetz, das noch aus der Zwischenkriegszeit stammt, wurde seit 1945 Hunderte Male abgeändert. Denn alle Gesetze, die vom Höchstgericht als verfassungswidrig aufgehoben wurden oder von denen man annehmen mußte, daß dies geschehen könnte, wurden schlicht und einfach mit Zweidrittelmehrheit als Verfassungsgesetz beschlossen! Und just dafür verantwortlich zeichnen ÖVP und SPÖ, die - zwar mit Unterbrechungen, doch in Summe - 30 Jahre lang die nötigen Mehrheiten hatten. In der breiten Öffentlichkeit ist das Interesse an der Regierungsbildung erstaunlich gering, wenn man an die Polarisierung denkt, welche von der Linken und ihren Hintermännern in den letzten drei Jahren betrieben worden war. Aber ob eingestanden oder nicht, der österreichische Normalverbraucher hat offenbar begriffen, daß es ohnehin kaum noch etwas zu entscheiden gibt: Die allermeisten Vorschriften kommen aus Brüssel und müssen im heimischen Parlament nachvollzogen werden. Wozu dann das Theater? Dieses Gefühl der Ohnmacht wurde durch den EU-Gipfel in Kopenhagen auf den Punkt gebracht, denn bei allen für Österreich wichtigen Fragen wird das Land überfahren - was beim Transitverkehr sogar wörtlich zu nehmen ist. Und die jüngsten "Reformvorschläge" von Chirac und Schröder tragen weiter zur Entfremdung bei. Also freut man sich lieber über Erfolge der heimischen Wintersportler, und die Ball-Saison ist auch schon angelaufen. Gerade über dieser schwebt allerdings ein Damoklesschwert: Wird man den Opernball wie beim letzten Golfkrieg aus Solidarität mit dem "Big Brother" Amerika absagen müssen? Die Völkerrechtsexperten sind ohnehin schon vollzählig angetreten, um den Menschen zu erklären, warum die US-Truppentransporte durch und über Österreich nicht die Neutralität der Alpenrepublik verletzen. |