18.04.2024

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25.01.03 / Die ostpreußische Familie extra

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 25. Januar 2003


Die ostpreußische Familie extra
Leser helfen Lesern
Ruth Geede

Lewe Landslied und Freunde unserer Ostpreußischen Familie,

neues Jahr - neue Wünsche! Das heißt: So neu sind sie auch wieder nicht, denn sie sind noch im alten Jahr gestellt worden, aber sie benötigen viel Platz, weil es sich wieder um die großen Suchfragen handelt. Und so beginnen wir gleich ohne Umschweife mit dem ersten Wunsch, den uns die Kreisgemeinschaft Angerapp (Darkehmen) übermittelte. Und es ist wohl zugleich einer der schwierigsten Wünsche.

Denn Edith Schmidt, geb. Quade, und ihre Schwester Waltraut wissen kaum etwas über ihre Eltern Assaph Quade und Edith Lisbeth Quade, geb. Riegert. Die Mädchen wuchsen als Waisen in Kinderheimen auf, Papiere über ihre Herkunft besitzen sie nicht. Die Familie muß im östlichen Teil unserer Heimat gelebt haben, denn Edith wurde am 28. April 1935 in Szameitkehmen geboren, als letzte Heimatanschrift der Mutter wird Treufelde (Trczaken), Kreis Schloßberg, angegeben. Ein verstorbener Bruder soll in Gumbinnen begraben sein. Der Vater Assaph Quade, geboren 27. September 1912 in Ruchinkey, soll nach Angaben der deutschen Dienststelle Berlin als Angehöriger der Einheit 10. Kompanie Regiment am 28. Dezember 1941 in Andreijankora, UdSSR, gefallen sein.

Über den Verbleib der Mutter Lisbeth (2. Oktober 1917, Geburtsort ist aus den vorhandenen Aufzeichnungen nicht entzifferbar) existieren kaum Angaben. Sie soll zuletzt auf dem Bahnhof in Riga gesehen worden sein, wollte von dort über die Kurische Nehrung nach Danzig. Aber diese Angaben erscheinen doch sehr vage. Wo und wann sie von ihren Kindern getrennt wurde, ist unbekannt. Die beiden Tbc-kranken Mädchen kamen in das Krankenhaus Lochstedt bei Pillau. Spätere Stationen der Elternlosen, ehe sie zu Pflegefamilien kamen, waren die Waisenhäuser Kolberg, Stettin, Bad Oldesloe, Reinfeld und Hoisdorf. Welch eine Odyssee! Ihr ganzes Leben haben sie versucht, etwas über ihre Eltern und andere Verwandte zu erfahren. Es soll noch eine Schwester der Mutter überlebt haben. Mit Edith Schmidt und ihrer Schwester Waltraut hofft auch die stellvertretende Kreisleiterin der Kreisgemeinschaft Angerapp, Edeltraut Mai, daß sich einige Spuren finden. An Frau Mai sind auch die Zuschriften zu richten. (Weißdornweg 8, 22926 Ahrensburg.)

Noch komplizierter ist die nächste Frage, obgleich hier konkretere Angaben vorliegen. Aber sie führt wieder einmal nach Litauen, und durch die Umbenennungen ergeben sich große Schwierigkeiten, zumal manche Namen in drei oder vier Versionen angegeben sind. Und wieder sind es zwei Schwestern, die versuchen, etwas über ihre Familie zu erfahren. Der Wunsch wurde dem Memelländer Erwin Falk auf einer Heimatreise von einer der Frauen übermittelt.

Sie heißen heute Elzbieta Kumetiene und Ona Potapova, geboren wurden sie als Hildegard-Ilse Elisabeth Kunkies (1942) und Anna-Christina Kunkies (1944) in Bajohren, Gemeinde Kretingalen, Land- kreis Memel. Der Vater Martin Kunkies stammte von einem Bauerngut bei Polangen, die Großeltern sollen während des Krieges nach Deutschland gegangen sein. Martin Kunkies (auch Kunke) war Bahnbeamter, er ist als Wehrmachtsangehöriger seit 1945 verschollen. Eine Anfrage bei der WAST erbrachte kein Ergebnis.

Martin Kunkies war verheiratet mit Bronislova, geb. Burkaite (1912). Das Paar hatte sieben Kinder: Helmut (1934), Bruno (1936), Albert (1938), alle in Nimmersatt geboren, Horst Werner (1940), Kurt (1941), in Bajohren geboren wie die beiden jüngeren Schwestern. Als das Memelgebiet 1944 von den Russen bedroht wurde, ging die Mutter mit ihren Kindern zu Verwandten nach Berlin. Dort erhielt sie die Nachricht vom Tod ihres Mannes. Aus ungeklärten Gründen kehrte sie nach Kriegsende in die Heimat zurück und kam 1950 bei einem Hausbrand in dem Dorf Kisiniai ums Leben. Mitverbrannt sind alle Dokumente, die zur Klärung der Familienzugehörigkeit beitragen könnten. Die älteren Kinder gaben später bei den Behörden ihre litauischen Namen an. Dadurch entstanden bis heute Unstimmigkeiten, so wie zum Beispiel bei dem Familiennamen: Kunkies, Kunke, Kunkis, Kunkyte - Vornamen wurden sogar gänzlich geändert. Die älteren Geschwister kamen in Kinderheime, ein Junge wurde adoptiert. Heute sind sie über ganz Rußland verstreut, nur die beiden jüngsten Schwestern leben in Litauen.

Sie möchten nun mehr über ihre Herkunft wissen, damit sie auch genaue Angaben gegenüber den Behörden machen können. Die einzigen Beweismittel, die sie besitzen, sind ein Foto des Vaters in deutscher Wehrmachtsuniform und eine Eintragung in einem Buch über die evangelisch-lutherische Trauung der Eltern.

Es müssen Verwandte dieser memelländischen Familie in Deutschland leben. Deshalb die Bitte der Schwestern: "Meldet euch bei uns, damit wir endlich unsere Identität finden können!" Auch ehemalige Nachbarn der Familie sind gefragt. So tauchen Namen aus Bahren auf wie Neufeld und Bäcker (Becker). Die Söhne der letztgenannten Familie, Werner und Alfred, gingen mit den älteren Brüdern der Schwestern zur Schule. Diese Familie kam 1964/65 nach Deutschland. "Sie alle kannten unsere Eltern", schreibt Anna Christina, die nun mit ihrer Schwester Elisabeth auf Antwort hofft. (Kristina, Ona Patapova, Melioratoriu 6/5, 5840 Gargzdai. Für Nachfragen steht auch Edwin Falk, Sielbecker Landstraße 45, 23701 Eutin, bereit.)

Sie sucht nun schon vierzig Jahre lang nach den Wurzeln ihrer Herkunft, die Oberstudienrätin Renate Brix aus Ellerau bei Hamburg. Aufgrund einer neuen Information, die sie im Nachlaß ihrer Pflegemutter fand, hat sie in einer norddeutschen Zeitung ihren Lebensweg geschildert. Da dieser in Königsberg begann, bekam sie von vielen Lesern den Hinweis, sich an die Ostpreußische Familie zu wenden, denn nur diese könne helfen. Wollen es hoffen.

Renate Brix wurde am 6. Februar 1944 in Königsberg als Tochter von Hildegard Klein geboren. Der Vater - Nachname Scholz - soll als Feldwebel im Krieg gefallen sein. Das Kind verbrachte die ersten drei Monate in einem Säuglingsheim, dann wurde es von einer Vertreterin des Jugendamtes - Dunst oder Duns - in die Obhut der Pflegemutter Maria Linda, wohnhaft in Königsberg, Bilderweiterweg 8, gegeben. Über jene Zeit gibt es nur spärliche Angaben, die von der inzwischen verstorbenen Pflegemutter stammen. So soll sich Hildegard Klein 1944 in Dresden aufgehalten haben, dann aber nach Königsberg zurückgekehrt sein. Frau Linda kam mit ihrem Pflegekind 1944 nach Mühlau im Vogtland zu einer Familie Schwab. Diese soll Kontakt mit der leiblichen Mutter gehabt haben. Auch Frau Linda ging noch einmal nach Königsberg zurück, floh dann mit dem Kind über See auf einem Begleitschiff der "Gustloff" und fand dann in Duisburg ihren endgültigen Wohnsitz.

Erst als Zehnjährige erfuhr Renate Brix, daß sie das Pflegekind von Frau Linda war. Auch, daß sie eine ein Jahr ältere Schwester haben soll. Daß eine Maria Blum aus Castrop-Rauxel über den Suchdienst nach dem Kind geforscht hatte, stellte sich erst nach dem Tod der Pflegemutter heraus. Diese Bemerkung stand in einem Sitzungsprotokoll des Sozialgerichtes. Frau Linda hat sich auf die Suchanzeige nicht gemeldet, wohl um das Kind nicht zu verlieren. Aus anderen Unterlagen geht hervor, daß die Pflegemutter von der Existenz einer Schwester der leiblichen Mutter gewußt hat, die in Kiel lebte und deren Mann bei der Marine war. Irgendwo taucht auch der Name "Helga" auf - ist es der dieser vermutlichen Tante?

Diese Fragen beschäftigten Frau Brix noch immer, und vielleicht jetzt nach dem Tod ihres Mannes noch stärker. Sie hat auf dem zweiten Bildungsweg ihr Abitur gemacht und Biologie und Chemie studiert, bekam aber wegen fehlender Urkunden kein Stipendium, das ihr als Kriegswaise zugestanden hätte. Auch bei der Hochzeit gab es wegen der fehlenden Geburtsurkunde Schwierigkeiten. Obwohl sie ihren Beruf gerne ausübt und mit ihren Töchtern sehr harmonisch zusammenlebt, blieb und bleibt ein Gefühl der Unsicherheit, das mit ihrer Kindheit zusammenhängt. Und um diese zu erhellen, haben wir ihre Geschichte veröffentlicht. (Zuschriften an Renate Brix, Birkeneck 51, 25479 Ellerau.)

Sie sehen selber, liebe Leserinnen und Leser, wieviel Platz wir benötigen, um wenigstens die spärlichen vorhandenen Fakten so zu bringen, daß sie aus dem Ablauf des Geschehens ersichtlich sind. Deshalb dauert es eben länger, bis manche Wünsche bearbeitet werden, und ich muß immer wieder um Geduld bitten, obgleich ja manchmal die Zeituhr tickt. Deshalb bin ich froh, wenn ich einige Suchbitten in kürzerer Form bringen kann.

Selbst die Liga der Russisch-Deutschen Freundschaft in Moskau hat keine Spur von dem wahrscheinlich nach Rußland verschleppten Gerhard Rockel aus Königshöhe, Kreis Lötzen, finden können. Nun hofft seine Schwester Irene Achtelik, daß jemand mit ihm während der Lagerzeit zusammen war und Auskunft über seinen Verbleib geben kann - aber das wäre wirklich schon ein Wunder. Die Familie Rockel war geflüchtet und wurde Januar 1945 von den Russen eingeholt. Der damals 16jährige Gerhard, Schüler der Sensburger Oberschule, mußte mit einem Fuhrwerk Futter von den umliegenden Bauernhöfen auf ein Gut in Langenbrück bringen, wo die Russen Vieh zusammengetrieben hatten. Frau Rockel lebte mit dem Sohn und ihrer Tochter Irene bei der Familie Zimmermann, Abbau Langenbrück. Am 6. März kam Gerhard nicht mehr zurück. Er soll noch in Insterburg gesehen worden sein. Eine inzwischen verstorbene Heimkehrerin hat der Familie Roc-kel berichtet, daß sie in Rußland von dem Typhustod des Jungen gehört hätte, aber Näheres wußte sie auch nicht. Für jeden Hinweis wäre Frau Achtelik dankbar. (Irene Achtelik, Kuhlmannsfeld 10, 45355 Essen.)

Hoffentlich hat Lore Kretzschmar nicht schon zu lange gezögert, ihren Suchwunsch zu äußern, aber ich hoffe doch, daß der Gesuchte sich meldet, wenn er diese Zeilen liest. Denn 1. ist Reinhold Preikschat aus Insterburg erst 63 Jahre alt und 2. lebte er als Kind mit seiner Großmutter in Westermarkelsdorf auf Fehmarn. Nun aber zu der Geschichte! Die Insterburgerin Lore Kretzschmar - damals Lore Schneider - leistete 1941/42 bei der Familie Preikschat ihr Pflichtjahr ab. Die Familie wohnte in der Siehrstraße 9/10 und besaß ein Kolonialwarengeschäft mit Kohlenhandel. Reinhold war damals drei Jahre alt und hatte noch einen etwas älteren Bruder, Wolfgang. Im März 1942 wurde noch ein Mädchen, Sieglinde?, geboren. Das Schicksal schlug hart zu: Der Vater in Rußland vermißt, die Mutter und Wolfgang noch in Ostpreußen verstorben. Etwa 1948 fand die Großmutter, Luise Zahlmann, die beiden anderen Kinder durch den Suchdienst. Das kleine Mädchen war inzwischen von einer Familie in Thüringen adoptiert worden. Reinhold kam zu seiner Großmutter nach Fehmarn. Dann verliert sich die Spur. Nun möchte Frau Kretzschmar Reinhold Preikschat oder seine Schwester wiederfinden, denn sie besitzt noch einige Fotos von der Familie, die sie den letzten Nachkommen gerne übergeben möchte. (Lore Kretzschmar, Berzdorfer Straße 23, 01239 Dresden.)

Immer wieder erzählt Waltraut Schwiedeps, geb. Hildebrandt, von ihrer Kindheit in Klein Sausgarten bei Preußisch Eylau. Anläßlich ihres 70. Geburtstages im vergangenen Februar kamen ihre Kinder auf die Idee, nach der damals besten Freundin der Mutter zu suchen. Diese hieß Liselotte Matz und war die Tochter eines Rittergutbesitzers in der Nähe von Klein Sausgarten und Rohrmühle. Sie besuchten beide bis zur Vertreibung die Grundschule in ihrem Heimatdorf. Zu den Schulkameraden und Spielgefährten gehörten auch Helga und Hubert Dehn, Erika Marx, Bruno Lange und ein Junge namens Schreiber, und der Lehrer war Herr Rabe. Letztmalig haben sich Waltraut und Liselotte auf der Flucht gesehen, dann verlor sich die Spur bis heute. Frau Schwiedeps hat auch nicht intensiv gesucht, denn sie lebte in Mecklenburg, war berufstätig und mußte seit 1979 ihre fünf Kinder allein großziehen.

Jetzt wohnt sie in Gelbensande zwischen Rostock und Ribnitz-Damgarten. In der gleichen Gegend leben auch ihre Brüder Herbert und Walter und ihr Vater, der vor kurzem 91 Jahre alt wurde. Zu dem 71. Geburtstag von Waltraut Schwiedeps am 16. Februar 2003 möchten nun ihre Kinder die Mutter mit einem Lebenszeichen der Jugendgespielen von einst überraschen. Vielleicht meldet sich sogar ihre alte Freundin Liselotte? (Zu richten sind die Antworten an Elvira Michel, Müllerweg 1b, 38159 Vechelde.)

Schon einmal konnten wir Christel Magdziacz helfen, vielleicht gelingt es uns auch diesmal. Allerdings müssen da wohl einige Landsleute ihre Familiengeschichte durchforsten, denn Frau Magdziacz sucht Nachkommen von Paul Friedrich Gustav Grossmann (Großmann), 25. Januar 1871 in Golubien. Er war Gutsbesitzer in Golubien (Friedberg), Kirchspiel Arnswald/Grabowen, vor 1907. Es wäre für unsere Leserin im Rahmen ihrer Familienforschung sehr wichtig, wenn sich Nachfahren des Genannten finden und sich mit ihr in Verbindung setzen würden. (Christel Magdziacz, Kleingeraer Weg 1a, 07973 Greiz.)

Ein Bild aus ihrer Königsberger Kinderzeit hat Astrid Weiß bis heute bewahrt: Es zeigt die kleine Astrid Lorenz im Jahre 1942 an ihrem ersten Schultag in der Privatschule von Fräulein Lemke. Als einziges Mädchen unter lauter Jungen mag sich der kleine Blondschopf bei der Einschulung wohl etwas seltsam gefühlt haben, aber immerhin gab es mitten im Krieg eine Schultüte! Astrid Lorenz wohnte damals in der Dahnstraße 6 in Maraunenhof. Sie möchte nun gerne mit ehemaligen Mitschülern und Spielgefährten aus den Königsberger Kindertagen Verbindung aufnehmen. Vielleicht erkennt sich ja auch jemand von den braven Jungen - nein, Lorbasse kann man sie wirklich nicht nennen! - auf dem Foto? Astrid Weiß (Rittershausstraße 6, 01279 Dresden) würde sich freuen.

So, mein Suchpungel ist nun etwas leichter. Aber immerhin ist noch soviel drin, daß es bald wieder eine EXTRA-Familie geben muß, denn unsere Ostpreußische Familie wächst und wächst ...

Eure

Ruth Geede

 

Einschulung 1942: Astrid Lorenz war das einzige Marjellchen in der 1. Klasse der Privatschule von Fräulein Lemke in Königsberg. Foto: privat