19.04.2024

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01.02.03 / Vorsorglich festgenagelt

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 01. Februar 2003


Vorsorglich festgenagelt
Blix oder nicht: Washington und Berlin bleiben unversöhnlich

Bertold Brecht für Fortgeschrittene, oder die Fortsetzung der Dichtkunst mit anderen Mitteln: "Stellt euch vor, es ist kein Krieg, und nicht alle gehen nicht hin." Einige wollen eben doch "hingehen", und so folgt der zweite, von Pazifisten meist unterschlagene Teil des Brecht-Zitats: "Dann kommt der Krieg zu euch!"

Ähnlich verworren stellte sich Anfang dieser Woche die Nachrichtenlage dar. Der Chefinspektor der Vereinten Nationen, Hans Blix, legte im Sicherheitsrat seinen Bericht vor. Für die einen war es ein Zwischenbericht, für die anderen sollte es der Abschlußbericht sein. Die Frage, die alle Welt bewegte, lautete vorher: Was hat er gefunden? Hinterher erwies sich als viel interessanter, was er nicht gefunden hatte. Zum Beispiel 6.500 Chemie-Bomben, die eigentlich noch in irgendeinem der Depots oder Paläste Saddam Husseins lagern müßten.

Der Bericht des Schweden enthielt genügend Belege dafür, daß der irakische Diktator nach wie vor den UN-Inspektoren nur das offenbart, was ohnehin nicht mehr zu verbergen ist (solche Verhaltensweise soll es auch unter europäischen Politikern geben). Der Verdacht, daß Bagdad weiterhin an einem Arsenal von Massenvernichtungswaffen arbeitet, ist durch die Kontrollen der letzten sechs Wochen erhärtet, zumindest aber nicht entkräftet worden.

Aber: Ein Verdacht, selbst ein dringender, reicht nicht aus für eine Verurteilung. Daher dringt die breite Mehrheit der Sicherheitsrats-Mitglieder darauf, Hans Blix weitersuchen zu lassen. Lediglich die Amerikaner werten die Verdachtsmomente als beweiskräftige Indizien und sind damit international genauso isoliert wie der deutsche Bundeskanzler, der sich schon vorab darauf festgelegt hat, daß es überhaupt keine ein gewaltsames Vorgehen gegen Saddam Hussein rechtfertigenden Beweise gibt - und auch nicht geben wird. Der einzige qualitative Unterschied zwischen diesen beiden Extrempositionen ist wohl darin zu sehen, daß in den USA - im Gegensatz zu den deutschen Bundesländern Hessen und Niedersachsen - zur Zeit keine Wahlen anstehen.

Dementsprechend emotional aufgeheizt ist denn auch die Debatte über dieses Thema in Deutschland. Die rot-grüne Bundesregierung klammert sich - angesichts der katastrophalen Umfragewerte durchaus erklärlich, wenn auch nicht entschuldbar - an den letzten, den irakisch-amerikanischen Strohhalm. Unmittelbar nach Veröffentlichung des Blix-Berichts verblüfften deutsche TV-Kommentatoren das Publikum damit, daß sie nicht nur über die angekündigte "Rede an die Nation" des US-Präsidenten nicht nur munter spekulierten, sondern schon im Wortlaut genau wußten, was Bush da alles Schreckliches von sich geben wird - bis hin zur offenen Kriegserklärung! Da diese Rede erst nach Re-daktionsschluß dieser Folge ansteht, können und wollen wir uns an derartigen Spekulationen nicht beteiligen; allerdings können wir uns auch nicht so recht vorstellen, daß George W. Bush dem von ihm nicht sonderlich geliebten Gerhard Schröder den Gefallen tun wird, mit kriegerischen Handlungen gegen den Irak noch in dieser Woche in deutsche Landtagswahlen einzugreifen. H.J.M.