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08.02.03 / Gedanken zur Zeit: Selbstzerstörerisches Tabu

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 08.Februar 2003


Gedanken zur Zeit: Selbstzerstörerisches Tabu
von Wilfried Böhm

Gespart und umverteilt werden muß in Deutschlands öffentlichen Kassen, wenn es wieder aufwärts gehen soll mit unserem Land. Dabei stehen zu recht alle Ausgabepositionen zur Disposition - merkwürdigerweise nur eine nicht: die deutschen Zahlungen an die Europäische Union (EU) in Brüssel. Ein erstaunliches Tabu lastet auf dem deutschen Geld für "Europa". Darum nähern auch wir uns diesem Thema vorsichtig in Form einer Parabel:

Herr Deutschmann hatte viele Jahre fleißig gearbeitet und war dabei erfolgreich gewesen. Er gab seinen Nachbarn viel von seinen Einkünften ab, damit auch sie erfolgreicher arbeiten und ein besseres Leben haben konnten. Der gute Mann hoffte, daß seine Nachbarn zu echten Freunden würden. Diese gewöhnten sich schnell an die Überweisungen, die über eine bürokratische Umverteilungszentrale in Brüssel pünktlich an sie gelangten.

Nachdem das über viele Jahre so gelaufen war, gelang es Deutschmanns Bruder, endlich zu ihm zu ziehen. Der Bruder hatte viele Jahre hinter einer Mauer leben müssen, wo es ihm nicht besonders gut erging und ihn Leute kräftig abzockten, die vorgaben, seine Freunde zu sein. So war er ziemlich heruntergekommen. Deutschmann brachte viel, sehr viel von seinem Geld auf, um seinem Bruder zu helfen, wieder auf die Beine zu kommen.

Selbstverständlich erfüllte Deutschmann seine Bruderpflicht. Aber trotz dieser hohen Aufwendungen zahlte er weiter an die Nachbarn, die sich an diese finanziellen Leistungen gewöhnt hatten und auf diesen Zahlungen bestanden. Es kam, wie es kommen mußte: bald ging es dem Deutschmann gar nicht mehr so gut wie einst, die Geschäfte liefen immer schlechter, Arbeitslosigkeit kam auf, und er mußte sich mehr und mehr Sorgen um seine Zukunft machen. Schließlich hatte er nicht einmal genug Geld für sich selbst.

Es lag nahe, daß die Nachbarn, die ja Freunde waren, wie sie immer wieder feierlich erklärten, angesichts dieser neuen Lage auf die Zahlungen Deutschmanns verzichteten und sei es nur solange, bis es Deutschmann wieder besser gehen würde. Waren doch die Nachbarn jetzt in mancher Hinsicht sogar besser dran als ihr gewohnter Zahlemann. Doch die verwöhnten und egoistischen Nachbarn baten ihn weiter zur Kasse. Sie schickten ihm sogar "blaue Briefe", verurteilten sein tatsächliches oder vermeintliches Fehlverhalten, machten ihm Vorhaltungen und Auflagen, ja, sie leiteten sogar ein Strafverfahren ein. Schließlich teilten ihm diese merkwürdigen Freunde mit, daß sie in naher Zukunft noch viel höhere Nettozahlungen von Deutschmann erwarteten, denn es würden sich noch mehr Nachbarn der bürokratischen Umverteilungszentrale anschließen, die dringend Geld brauchten. Tief erschrocken fragte sich Deutschmann nun, ob wohl seine Freunde auch nicht viel besser seien, als es die seines Bruders gewesen waren. Klüger schon, so hofft er immer noch, sollten sie jedenfalls sein, denn sonnenklar ist ihm die Moral von der Geschicht: Schlachte deine Milchkuh nicht!

In der europäischen Realität und Deutschmanns Lage hat verantwortliche Politik die nationalen Interessen Deutschlands mit Nachdruck zu vertreten. Wenn Deutschland nach wie vor mehr Nettozahlungen an die EU erbringt als alle anderen Staaten zusammen und im letzten Jahrzehnt mehr als 240 Milliarden DM deutsche Nettozahlungen in die Brüsseler Kassen geflossen sind, ist eine Umgestaltung der EU von einer finanziellen Umverteilungsmaschinerie in einen Ausgleichsfonds der europäischen Nationalstaaten für unvorhersehbare zivile und militärische Katastrophen- und Verteidigungsfälle das Gebot der Stunde. Die mit hohem bürokratischen Aufwand verbundene Umverteilerei riesiger finanzieller Mittel und damit verbundene Schaffung einer weiteren Ebene staatlichen Verwaltungshandelns ist im höchsten Maße anachronistisch.

Mehr als ein Jahrzehnt nach dem Zusammenbruch des Kommunismus und damit des Wegfalls der realen militärischen Bedrohung aus Moskau ist ein Umbau der EU überfällig, der Folgerungen aus der neuen weltpolitischen Situation zieht.

Es sind zwei CSU-Abgeordnete im Deutschen Bundestag, die unlängst als erste Überlegungen zur Thematisierung der deutschen Beitragszahlungen an die EU öffentlich angestellt haben und damit gegen das bisherige Tabu angegangen sind: Gerd Müller und Johannes Singhammer. Sie meinen, daß die EU aus der Sicht der nationalen Haushalte ein Sparpotential darstelle und verlangen eine Reform des EU-Finanzierungssystems. Deutschland könne nicht länger der Zahlmeister Europas bleiben, formulierten sie keck, aber klar und wahr. Die beiden verdienen Beifall und Unterstützung.