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08.02.03 / Abschied auf der Prager Burg: Politik mit Idealen / Václav Havel schied aus dem Präsidentenamt

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 08.Februar 2003


Abschied auf der Prager Burg: Politik mit Idealen
Václav Havel schied aus dem Präsidentenamt

Am 2. Februar schied eines der bemerkenswertesten europäischen Staatsoberhäupter aus dem Amt: Václav Havel.

Der tschechische Präsident war alles andere als ein typischer Politiker. Stets blieb er der schriftstellernde Intellektuelle aus großbürgerlichen Verhältnissen, dessen Moral- und Freiheitsvorstellungen zur geistigen Rebellion gegen den Kommunismus führen mußten. Sein Weg in die tschechische Bürgerrechtsbewegung "Charta 77" war durch seinen Charakter gewissermaßen vorgezeichnet. Als einer der Wortführer dieser Oppositionellen und Verfasser kritischer Essays und Theaterstücke landete er im Gefängnis, wo er unverdrossen an seinen Einwänden gegen den "real existierenden Sozialismus" festhielt. Grollend zog er sich ins Riesengebirge zurück und arbeitete infolge eines Berufsverbotes in einer Brauerei.

Der bedeutende polnische Dissident Adam Michnik betonte am 29. Januar in der Prager Zeitung zu Recht, daß sich sein großer tschechischer Mitstreiter von vielen rebellierenden Dissidenten dadurch unterschied, "daß er nie der ideologischen Versuchung des Kommunismus erlag".

Vor allem ist es Havels Ausstrahlung als ein Mann des Wortes, der die entsprechenden Taten folgen ließ, die ihn weit über den unidealistischen Durchschnittspolitiker unserer Tage erhebt. Ein Opportunist ist er nie gewesen und wurde es auch nicht, als er während seiner letzten Amtszeit deutlich an Beliebtheit in der tschechischen Bevölkerung verlor. Trotz eines hierfür ungünstigen Meinungsklimas im Lande beharrte der Amerikafreund Havel auf der Eingliederung in die Nato und dem angestrebten EU-Beitritt.

Im Zuge der "Samtenen Revolution" in der Tschechoslowakei im Herbst 1989 hatte Havel für die Hunderttausenden von Demonstranten die Verhandlungen mit dem kommunistischen Staatsapparat geführt und war am 28. Dezember erstmals vom Volk ins Präsidentenamt gewählt worden. Danach erhob man ihn noch drei weitere Male ins höchste Staatsamt, und Havel verbrachte auf dem Hradschin eine rekordverdächtige Amtszeit von 13 Jahren.

Zu seinen wichtigsten Leistungen gehörten die Billigung der demokratisch legitimierten Selbstauflösung des tschechoslowakischen Kunststaates und das Bemühen um gedeihliche Beziehungen zum Nachbarn Deutschland.

Als bewußter Mitteleuropäer träumte Havel noch bis kurz nach der Wende von einem blockfreien Europa und machte seine erste Auslandsreise am 2. Januar 1990 nicht von ungefähr nach Deutschland. Ebenso hatte sein vorletzter Auslandsaufenthalt in diesem Januar Deutschland zum Ziel; danach folgte nur noch ein Besuch der Slowakei, der er als Ex-Präsident besondere Reverenz schuldig war.

Auch hinsichtlich der Haltung zu den Sudetendeutschen zählt Havel zu jenen eher seltenen tschechischen Vertretern, die eine wirkliche Aussöhnung anstreben und zu diesem Zweck auch zu eigenen Gesten bereit sind. Die Benesch-Dekrete und ihre diskriminierenden Folgen lehnte er ab und stellte den einstigen deutschen Mitbürgern Böhmens kurz nach dem Umbruch die Möglichkeit einer doppelten Staatsbürgerschaft in Aussicht, ohne daß es nach diesem interessanten Vorschlag zu Gesprächsangeboten der offiziellen bundesdeutschen Politik oder der Sudetendeutschen Landmannschaft gekommen wäre.

Im Ruhestand will der sichtlich ausgelaugte Havel nun nach eigenen Worten sein literarisches Schaffen fortsetzen. Hoffentlich verbleibt dem in den letzten Jahren ständig kränkelnden Ex-Bürgerrechtler dafür noch genügend Zeit. Desgleichen ist es ihm und uns allen nur zu wünschen, daß sich am Ende der bislang in zwei Runden ergebnislos verlaufenden Kür eines Nachfolgers nicht sein alter Erzfeind und Deutschland-Hasser Václav Klaus durchsetzt.

Derzeit sieht es leider so aus, als ob Klaus nach einer entsprechenden Verfassungsänderung in einigen Monaten im Zuge einer Direktwahl durch das Volk Präsident werden könnte. Martin Schmidt