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15.02.03 / Gegen das Vergessen / Zwei Zeitzeugen berichten über ihre schrecklichen Fluchterlebnisse

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 15. Februar 2003


Gegen das Vergessen / Zwei Zeitzeugen berichten über ihre schrecklichen Fluchterlebnisse

Gerade in den Wintermonaten wandern die Gedanken unserer Leser zurück in eine Zeit, die mancher gern vergessen würde. Zuviel Leid und Not hat sie gebracht. Vergessen die Wochen der Flucht durch Eis und Schnee, vergessen die Jahre der Gefangenschaft unter unmenschlichen Bedingungen, vergessen auch die Gewalt, mit der Menschen anderen begegneten. "Es tut so weh, daran zu denken", sagen sie.

Andere wieder wollen sich mit dieser Vergangenheit beschäftigen, wollen davon erzählen, um auf ihr erlebtes Leid aufmerksam zu machen. Sie schreiben nieder, was ihnen geschah - für ihre Kinder, ihre Enkel. Es ist schrecklich, was diese Menschen durchleiden mußten, schrecklich auch, diese Berichte zu lesen. "Wir aber mußten es erleben", sagt Inge Keller-Dommasch, die 1930 in Kaukehmen (Kuckerneese) geboren wurde. "Wir aber mußten es erleben" ist auch der Titel ihrer Erinnerungen an Ostpreußen bis zur Vertreibung 1947. In diesen Erinnerungen schildert die Autorin gemeinsam mit ihrer Mutter Margarete Dommasch eindrucksvoll ihr Leben und Leiden unter der Fremdherrschaft. Vogelfrei waren sie in der Heimat, als die russischen Soldaten das Sagen hatten. In Neukuhren und später in Pobethen fristeten die beiden Frauen ihr Dasein als Helferinnen in einem "Krankenhaus", bis sie 1947 vertrieben wurden. Inge Keller-Dommasch, die heute in der Schweiz lebt, schildert eindringlich diese Zeit, die sie frühzeitig erwachsen werden ließ, eine Zeit, die geprägt war von Unmenschlichkeit.

Paul Strehl war ebenfalls noch ein Kind, als die Kriegsfurie über ihn und seine Vaterstadt Rößel hinwegfegte. Es ist eine glückliche, unbeschwerte Kindheit, die er erleben durfte, bis der Krieg kam, und mit ihm die Flucht. Während eines Bombenangriffs auf den Treck wird Strehl von seiner Mutter getrennt und findet sie erst Jahre später wieder. Mit anderen Kindern, die wie er elternlos durch ein verwüstetes Land irren, versucht er sich am Leben zu erhalten. Nächste Stationen sind ein Kinderheim und schließlich Adoptiveltern in Berlin, die sich rührend um den Jungen kümmern. Seiner Mutter gelingt es endlich, ihren Jungen in den Westen zu holen, wo sie sich ein neues Leben aufbauen können. Nach langen Jahren entschließt er sich, die Heimat zu besuchen. Auf dem völlig verwüsteten Hof der Großeltern erinnert er sich an seine unbeschwerte Kindheit.

Die Erinnerung an die Heimat Ostpreußen, an die glücklichen Jahre, aber auch an die Schrecknisse des Krieges bleiben lange verschlossen im Herzen des Mannes, bis er sich entschließt, alles niederzuschreiben, was er erlebte, nicht zuletzt auch im Gedenken an all die zahllosen Menschen, die namenlos im Straßengraben verscharrt wurden, die in Massengräbern ihr Ende fanden: "Sie verdienen es, wenigstens erwähnt und nicht um des lieben Friedens willen vergessen zu werden." Mit "Ich kam nicht als Fremder - Erinnerungen eines Flüchtlingskindes" hat Paul Strehl ein erschütterndes Bild einer Kindheit im Krieg gezeichnet. SiS

Inge Keller-Dommasch: "Wir aber mußten es erleben. Erinnerungen an Ostpreußen bis zur Vertreibung 1947", Fouqué, Frankfurt/Main. brosch., 258 Seiten mit einigen sw Fotos, 13,40 Euro

Paul Strehl: "Ich kam nicht als Fremder. Erinnerungen eines Flüchtlingskindes", Fischer & Fischer Medien AG, Frankfurt/Main, brosch., 248 Seiten, 13,80 Euro