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15.02.03 / 58 Jahre nach Dresden leugnen Briten noch immer den verbrecherischen Charakter der Terrorangriffe

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 15. Februar 2003


Ein Unrechtsbewusstsein fehlt
58 Jahre nach Dresden leugnen Briten noch immer den verbrecherischen Charakter der Terrorangriffe

Wie man hört, hat das Buch über den anglo-amerikanischen Luftkrieg gegen Deutschland "Der Brand" von Jörg Friedrich inzwischen eine Auflage von über 100.000 Exemplaren erreicht, und das in wenigen Monaten. Der alle Erwartungen sprengende Bucherfolg zeigt, daß das Thema den Deutschen auf den Nägeln brennt. Jahrzehntelang überließ es die politische Klasse den wenigen Militärhistorikern, dieses Kapitel des Zweiten Weltkrieges zu erforschen und dar-über wissenschaftliche Bücher zu publizieren, und es waren allein die von der wie gleichgeschaltet agierenden Presse als politisch unkorrekt ausgegrenzten Zeitungen und Zeitschriften, die von den Ergebnissen der wissenschaftlichen Forschung berichteten. Was dabei herausgekommen war über die Verantwortlichkeit der britischen und US-amerikanischen Führung für die Massaker an deutschen Zivilisten, paßte allerdings so gar nicht in das fleißig propagierte Klischee von den stets bö-sen Deutschen und den gar edlen Siegern. Und so schwieg man das Thema lieber tot.

Zwar bringt Jörg Friedrich jenen, die sich mit dem alliierten Bombenkrieg befaßt haben, nichts Neues, doch hat er das Verdienst, daß er als einer, der aus dem Lager der früheren 68er stammt, das dort tabuisierte Geschehen aufgreift und es damit auch für die Linken, die weitgehend die deutsche Medienwelt beherrschen, zu einem Thema macht, mit dem man sich befassen darf.

Friedrich nennt den für den Luftkrieg gegen die deutsche Zivil- bevölkerung politisch verantwortlichen Winston Churchill nicht aus- drücklich einen Kriegsverbrecher, doch kann der Leser gar nicht anders, als den damaligen britischen Premierminister genau so zu sehen. Nun hat schon Rudolf Augstein vor Jahren im Spiegel nicht mehr und nicht weniger festgestellt, als daß Winston Churchill wegen des Luftterrors auf die Bank eines Kriegsverbrechertribunals gehört hätte, eine Meinung, die heute die Spiegel- Redaktion allerdings nicht mehr teilt, sondern ihre nachklappende Titelgeschichte über den Bombenkrieg lieber so abfaßt, als hätte sie immer noch Angst vor dem britischen Besatzungsoffizier, dem der Spiegel seine Lizenz verdankt. Als Augstein seine couragierte Bewertung Churchills äußerte, folgte ihm das Heer der deutschen Chefredakteure nicht. Jetzt aber hat Jörg Friedrich die Medien aufgestört. Churchill, diese Ikone der Sieger, der Karlspreis-Träger von Aachen, einer der großen Befreier - ein Kriegsverbrecher? War bislang im Rahmen der politischen Korrektheit der Titel nicht allein den Besiegten vorbehalten?

Aufschlußreich ist das Echo, das Friedrichs Buch in Großbritannien hervorgerufen hat, in dem man weithin der Meinung war und ist, man gehöre zu den "Guten", die das "Böse" bekriegt hätten.

Großbritannien wie die USA und natürlich auch das Deutsche Reich gehörten zu den Unterzeichnerstaaten der Haager Landkriegsordnung (HLKO), in der die Gesetze und Gebräuche des Landkrieges um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert zusammengefaßt und kodifiziert worden sind. In erster Linie dient das Vertragswerk dem Schutz der Zivilbevölkerung, der Verwundeten, der Kriegsgefangenen, der Kulturgüter, und das, indem es deutlich unterscheidet zwischen sogenannten Kombattanten (Kriegführenden) und Nichtkombattanten, die außerhalb des Krieges stehen und zu schützen sind.

Die vier großen Siegerstaaten verwendeten die Regeln der Haager Landkriegsordnung, um in den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen die deutsche Führung wegen des Bruches der HLKO-Regeln anzuklagen und zu verurteilen. Es wird bis heute nicht ausreichend gewürdigt, daß die USA, die UdSSR, das Verei-nigte Königreich und Frankreich zwar darauf bestanden, daß die Besiegten die Landkriegsordnung hätten einhalten müssen, daß sie selbst sich aber ausdrücklich nicht an die HLKO den besiegten Völkern gegenüber gebunden fühlten.

Ausdrücklich sagt Artikel 22 des 1. Abschnitts, 1. Artikel, daß die "Kriegführenden kein unbeschränktes Recht in der Wahl der Mittel zur Schädigung des Feindes" haben. Der Artikel 25 legt fest: "Es ist untersagt, unverteidigte Städte, Dörfer, Wohnstätten oder Gebäude, mit welchen Mitteln es auch sei, anzugreifen oder zu beschießen." Weiter liest man in Artikel 27, daß bei Belagerungen, Beschießungen "alle erforderlichen Vorkehrungen getroffen werden sollen ..., um die dem Gottesdienst, der Kunst, der Wissenschaft und der Wohltätigkeit gewidmeten Gebäude, die geschichtlichen Denkmäler, die Hospitäler und Sammelplätze für Kranke und Verwundete so viel wie möglich zu schonen ...".

Es liegt auf der Hand, daß Großbritannien und die USA bei ihrem Luftkrieg gegen die deutsche, französische und italienische Zivilbevölkerung gegen das Völkerrecht verstießen. Die Schätzungen bezüglich Frankreich schwanken zwischen 67.000 und 300.000 Ziviltoten. Hinsichtlich Italien ist die Gesamtzahl der Opfer unklar. Belegt hingegen ist, daß Rom bis zum Juni des Jahres 1944 4.000, Frascati 6.000 und Mailand 2.700 Luftkriegstote zu beklagen hatte.

Das Völkerrecht spielt in Großbritannien bei der Bewertung des Luftkrieges gegen die Zivilbevölkerung offensichtlich überhaupt keine Rolle. Der Daily Telegraph empört sich über einen "noch nie dagewesenen Angriff auf die Kriegführung der Alliierten". Der durchaus angesehene Historiker Richard J. Overy rechtfertigt den Luftkrieg damit, daß ohne die Zerstörung der Wohnviertel das Deutsche Reich länger Widerstand gegen die Alliierten geleistet hätte. Es sei aber das Ziel von Churchill gewesen, mit den alliierten Landstreitkräften innerhalb einer bestimmten Zeit und mit Verlusten, welche die Bevölkerung ihrer Länder akzeptieren konnte, den Sieg zu erringen. "Dieses Ziel wurde erreicht." Und tröstend setzt Overy hinzu, es seien "ja nicht die meisten Deutschen den Luftangriffen ausgesetzt gewesen, sondern überwiegend nur die Arbeiterviertel". Und bei Overy findet man wie auch bei anderen britischen Journalisten und Historikern die Begründung, daß Deutschland schließlich mit dem Luftkrieg angefangen habe.

Auch der britische Historiker Anthony Beevor schreibt, Deutschland habe den Bombenterror "erfunden", und damit sei Churchill, der lediglich Gleiches mit Gleichem vergolten habe, kein Kriegsverbrecher. In der Daily Mail wird Jörg Friedrich verdächtigt, er habe sich "dem Haufen gefährlicher Revisionisten" angeschlossen, die die Verbrechen der Wehrmacht und den deutschen Massenmord an den Juden relativieren wollten.

Durch die Bank findet man in den britischen Stellungnahmen das Argument, Großbritannien habe 1940 keine andere Waffe gehabt als die Bomber, um Deutschland schwere Schäden zuzufügen. Damit rechtfertigt man die 635.000 Luftkriegstoten in Deutschland, unter ihnen übrigens 56.000 Kinder unter 14 Jahren und 32.000 ausländische Arbeiter und Kriegsgefangene.

Immer wieder liest man in den englischen Stellungnahmen den Hinweis, daß schließlich die Sieger, also das Vereinigte Königreich, die Vereinigten Staaten, die Sowjet-union und Frankreich einen "gerechten Krieg" gegen das "böse" Deutschland geführt hätten. Und nirgendwo wird ein Bedauern ausgedrückt, nirgendwo findet man eine Wendung, die darauf schließen läßt, daß die Briten eine nationale Schuld oder Scham empfinden. Das verwundert, denn die Deutschen haben nicht zuletzt durch ständige Ermahnungen ihrer politischen Leitfiguren immer wieder gehört, daß die Erinnerung an eigene Schandtaten frei mache, daß öffentliche Schuldbekenntnisse ein Volk erhöhen würden, daß Deutschland sein internationales Ansehen nicht zuletzt dadurch gewonnen habe, daß seine Repräsentanten permanent büßen und bereuen. Die Briten halten offenkundig von solchen Ritualen nichts.

Die britischen Meinungsäußerungen zu Friedrichs Buch über den Bombenkrieg lassen den Schluß zu, in Großbritannien herrschte und herrscht ungebrochen der Grundsatz, der Zweck heilige im Krieg jedes Mittel. Jörg Friedrich weist in einem Interview darauf hin, daß diese Einstellung bedeute, einen "Blankoscheck für jede Barbarei auszustellen". Damit aber ist die moderne Welt zurückgefallen in Zustände, wie sie im Mittelalter herrschten.

Was hindert einen Staat mit solchen Grundsätzen noch daran, im Krieg Giftgas einzusetzen oder - wie es die USA 1945 taten - mit Atombomben Hunderttausende Zivilisten umzubringen? Churchill hatte denn auch keine Bedenken, im Zweiten Weltkrieg zu befehlen, einen Plan zu entwickeln, 60 deutsche Städte mit chemischen Kampfstoffen anzugreifen, um einen Zusammenbruch der deutschen Moral zu bewirken. Angewendet werden sollte ein biologischer Kampfstoff, der Milzbrand hervorruft. Der Churchill-Berater Lord Cherwell (eigentlich Lindemann) empfahl Churchill diesen Kampfstoff mit der Erläuterung: "Es scheint sich um eine Waffe mit beängstigendem Wirkungsvermögen zu handeln, beinahe gewaltiger, da sie unendlich einfacher herzustellen sei, als ‚tube alloy' (Tarnname für das Atombombenprojekt)." Im März 1944 hatte Churchill in den USA 500.000 derartiger 4-Ib-Milzbomben bestellt, von denen die ersten 5.000 schon im Mai 1944 geliefert wurden. Gegen den Einsatz erhoben allerdings zahlreiche militärische Berater Einspruch, weil sie fürchteten, daß Deutschland mit gleichen Waffen zurückschlagen würde. Churchill bedauerte nachdrücklich, daß das Milzbrand-Projekt eingestellt wurde, hatten doch die Kreise um Lord Cherwell errechnet, daß der Einsatz von Milzbrandbomben gegen Aachen, Stuttgart, Frankfurt am Main, Hamburg und Berlin etwa 50 Prozent der Bevölkerung das Leben kosten würde.

Wenn nun alle bislang erfolgreichen Vernebelungstricks nichts mehr nützen, um Großbritanniens Verantwortung für den Massenmord an Zivilisten zu verbergen, dann versuchen Briten (verständlicherweise) und ihre deutschen Handlanger (unappetitlicherweise) die Deutschen wenigstens damit zu belasten, sie hätten begonnen mit dieser unmenschlichen Kriegführung. Das ist längst durch sorgfältige Untersuchungen widerlegt. Warschau und Rotterdam waren verteidigte Städte in der Kampflinie, deren Übergabe trotz mehrfacher Aufforderung verweigert wurde. Werden solche Städte dann aus der Luft angegriffen, so ist das nicht völkerrechtswidrig. Und darüber hinaus lagen der britischen Luftkriegführung der Bombenteppiche auf Wohnviertel Planungen aus dem Anfang der dreißiger Jahre zugrunde. Der Auftrag, viermotorige Bomber zu entwickeln, die große Bombenlasten über weite Entfernungen transportieren sollten, wurde der britischen Rüstungsindustrie bereits 1932 erteilt. Deutschland besaß solche Flugzeuge nie.

Vom Völkerrecht war bei den britischen Planungen des Luftkrieges gegen die deutsche Zivilbevölkerung keine Rede, und das Erschreckende ist, daß diese Ideologie offenbar noch immer herrscht. Das läßt für bewaffnete Auseinandersetzungen der Zukunft Schlimmstes befürchten. Hans-Joachim v. Leesen