25.04.2024

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01.03.03 / Wer ist mit Hitler vergleichbar? / Ein aktuelles Lehrstück über die politische Instrumentalisierung historischer Vergleiche

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 01. März 2003


Wer ist mit Hitler vergleichbar?
Ein aktuelles Lehrstück über die politische Instrumentalisierung historischer Vergleiche 
von Manuel Ruoff

Gerne werfen die sogenannten Falken den sogenannten Tauben Appeasement-Politik vor, also die von den Briten und Franzosen betriebene sogenannte Beschwichtigungspolitik, die zum Münchner Abkommen führte. So wie während des kalten Krieges dabei eine Vergleichbarkeit von Sowjetunion und Drittem Reich vorausgesetzt wurde, wird jetzt eine solche zwischen Saddam Hussein und Adolf Hitler suggeriert.

Bei einem Vergleich zwischen der gegenwärtigen Irakkrise und der Sudetenkrise von 1938 lassen sich allerdings nicht nur zwischen Hussein und Hitler, sondern auch zwischen dem heutigen Irak und der damaligen Tschechoslowakei Parallelen finden.

Heute droht ein Angriff auf den Irak durch die USA; damals drohte ein Angriff auf die Tschechoslowakei durch das Dritte Reich. Der Irak hat mit der Bekämpfung seiner kurdischen Minderheit den USA ein gravierendes Argument für deren Intervention geliefert. Die Tschecho- slowakei lieferte mit der Bekämpfung ihrer deutschen Minderheit dem Dritten Reich ein gravierendes Argument für dessen Intervention. Heute untermauern die USA ihre Forderung an den Irak nach Entwaffnung mit supranational anerkanntem Recht, nämlich mit der UNO-Resolution 1441; damals untermauerte das Dritte Reich seine Forderung an die Tschechoslowakei nach dem Sudetenland mit supranational anerkanntem Recht, nämlich dem Selbstbestimmungsrecht der Völker. Einiges spricht für die These, daß George W. Bushs Forderung nach Iraks Entwaffnung nur ein Vorwand sei, um mit dem Hinweis auf dessen Nichterfüllung mit militärischer Gewalt einen Regimewechsel in Bagdad durchführen zu können; einiges spricht für die These, daß Adolf Hitlers Forderung nach dem Sudetenland nur ein Vorwand gewesen sei, um mit dem Hinweis auf dessen Nichterfüllung mit militärischer Gewalt die Tschecho-slowakei zerschlagen zu können. Bush findet Unterstützung in der Türkei, die an Irakisch-Kurdistan, und Großbritannien, das an irakischen Öl-Konzessionen interessiert ist. Hitler fand Unterstützung (was gerne verschwiegen wird) in Polen, das am tschechoslowakischen Industriegebiet von Teschen, und Ungarn, das an der tschechoslowakischen Karpato-Ukraine interessiert war. Die politische Spitze der USA reagiert stinksauer auf das befreundete Deutschland, das nicht in einen Krieg seines US-amerikanischen NATO-Partners gegen den Irak verwickelt werden möchte und deshalb auf eine Verhandlungslösung drängt (UNO); die Spitze des Dritten Reiches (Hitler) reagierte stinksauer auf das befreundete Italien, das nicht in einen Krieg seines deutschen Achsen-Partners gegen die Tschechoslowakei verwickelt werden wollte und deshalb auf eine Verhandlungslösung drängte (Münchner Konferenz). Anders als den USA wird dem Irak nicht nachgesagt, daß er aus einem Gefühl der Überlegenheit heraus missionarisch eine internationale oder auch nur kontinentale Ordnung mit sich selber als Ordnungsmacht anstrebe; anders als dem Dritten Reich wird der Tschechoslowakei nicht nachgesagt, daß sie aus einem Gefühl der Überlegenheit heraus missionarisch eine internationale oder auch nur kontinentale Ordnung mit sich selber als Ordnungsmacht angestrebt habe.

Schlösse man von diesen Parallelen auf eine Vergleichbarkeit des Irak mit der damaligen Tschechoslowakei, würde die Frage, wer mit Adolf Hitler vergleichbar und wer demzufolge als Risiko für den Weltfrieden mit allen Mitteln zu stoppen sei, in einem ganz anderen Lichte erscheinen.

Frieden um jeden Preis: Dieser Wunsch wird gerne als Motiv für die Appeasement-Politik unterstellt, die in der Sudetenkrise 1938 zu dem Münchner Abkommen führte, das hier gerade von Hitler unterzeichnet wird

Inkarnation des Bösen: Da sie mit dem Namen Adolf Hitler verbunden wird, werden immer wieder Menschen der Versuchung erliegen, den politischen Gegner durch einen Vergleich mit dem deutschen Diktator in ein schlechtes Licht zu rücken Fotos (2): DHM