23.04.2024

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22.03.03 / Broschüre informiert auf erstaunlich hohem Niveau über den Werdegang der Hohenzollern

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 22. März 2003


Äusserst beeindruckende Lektüre
Broschüre informiert auf erstaunlich hohem Niveau über den Werdegang der Hohenzollern

Die Hohenzollern einst und jetzt. Die königliche Linie in Preußen. Die fürstliche Linie in Hohenzollern" kann man geradezu als Kleinod bezeichnen. Dabei kommt "Die Hohenzollern" ganz unauffällig als Broschüre daher, doch hier gilt das preußische Motto "Mehr Sein als Schein". Es ist schon bemerkenswert, wie viel Information Heinrich Freiherr v. Massenbach auf gerade einmal 97 Seiten untergebracht hat.

Das Heftchen beginnt mit drei Seiten über die Burg Hohenzollern von ihrer ersten urkundlichen Erwähnung im Jahre 1267 bis in unsere Zeit. Es folgen zwei Seiten über die Herkunft und Anfänge des Hauses, die von der Erwähnung des Todes von Burchardus und Wezil de Zolorin durch Mönch Berthold in der mittelalterlichen "Weltchronik" im Jahre 1061 bis zu der 1415/17 durch Kaiser Sigismund erfolgten Belehnung des Burggrafen Friedrich VI. von Nürnberg mit der Mark Brandenburg reichen und damit bis zur Mündung der Entwicklung des süddeutschen Grafengeschlechtes in die Geschichte von Brandenburg(-Preußen). Mit 38 Seiten bildet das dritte Kapitel auch quantitativ den Hauptteil. Hier werden in kurzen Lebensabrissen in chronologischer Reihenfolge die Kurfürsten, Könige und Kaiser des Geschlechtes von dem oben erwähnten Burggrafen, der sich als brandenburgischer Kurfürst Friedrich I. nannte, bis zum letzten Kaiser und König Wilhelm II. vorgestellt. Außer der Schilderung ihres Lebens und Wirkens werden regelmäßig auch die Regierungszeit, der Name der Ehefrau, der Ort und das Datum der Vermählung sowie der Geburtsort, das Geburtsjahr, der Sterbeort und das Sterbejahr der Ehepartner angegeben.

Eine gute Idee ist die sogenannte kleine Zeittafel. Am Fuße der Seiten wird auf historische Daten von überregionaler Bedeutung hingewiesen, die in die Regierungszeit des jeweils gerade vorgestellten Hohenzollernherrschers fallen. Dadurch wird der historische Kontext zumindest angedeutet und eine Beurteilung des jeweiligen Herrschers vor dem zeitgeschichtlichen Hintergrund erleichtert.

Überhaupt ist dieser Hauptabschnitt nicht nur ein Nachschlagewerk, sondern auch als Einführung in die Geschichte von Brandenburg(-Preußen) zwischen 1415 und 1918 durchaus geeignet. Gerade für jene Ostpreußen, die von der Vorgeschichte Brandenburg-Preußens eher den (ost)preußischen Teil kennen, werden die Passagen über die brandenburgischen Kurfürsten vor der Vereinigung viele neue Informationen und auch Sichtweisen enthalten. Doch auch die Abrisse über die schon eher bekannten brandenburgischen Herrscher nach der Vereinigung sind durchaus lesenswert. Es ist geradezu faszinierend, mit welcher Differenziertheit und Ausgewogenheit hier schillernde und in der Geschichtsschreibung hoch umstrittene Herrscherpersönlichkeiten auf engstem Raum vorgestellt werden, und das auf dem aktuellen Stand der Historiographie. Gerade weil dieses kleine Werk alles andere als eine polarisierende Kampfschrift ist, kann sie der geschichtsinteressierten Schülerin oder Studentin an einer staatlichen Bildungseinrichtung ebenso unbesorgt in die Hand gedrückt werden wie dem Praktikanten oder Volontär beim Ostpreußenblatt.

Diesem Hauptteil folgen Seiten über Wilhelms II. Exil in Doorn, in denen neben den letzten Lebensjahren des Deutschen Kaisers auch das Haus Doorn und sein Schicksal bis zur Gegenwart thematisiert werden. Es folgen 16 Seiten, auf denen die Nachfahren des Kaisers systematisch vorgestellt werden, wobei auf die Chefs des Hauses, also Kronprinz Wilhelm, Prinz Louis Ferdinand und Prinz Georg Friedrich naheliegenderweise mehr Aufmerksamkeit verwandt wird.

In dem Kapitel über die Seiten- linien des Hauses Preußen werden Wilhelms II. Bruder Heinrich sowie Friedrich Wilhelms IV. und Wilhelms I. Brüder Karl und Albrecht, die allesamt nie Regenten wurden, samt deren Nachfahren vorgestellt. Außerdem werden die schwäbischen Hohenzollern zum Thema gemacht, von denen im Geschichtsunterricht Erbprinz Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen in der Regel kurz Erwähnung findet, wenn es um die Vorgeschichte des Deutsch-Französischen Krieges geht. Hier lernt man auch seine Familie und deren Geschichte kennen.

Es folgen eine Auflistung der Grab- legen der brandenburgisch-preußischen Hohenzollern mit den Namen der entsprechenden Familienmitglieder, ein Literaturverzeichnis, das Lust auf eine vertiefendere Lektüre zu dem Thema macht, je eine Stammtafel zur fränkisch-brandenburgisch-preußischen Linie und zu den Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen sowie ein Abbildungsnachweis, womit wir beim letzten Punkt wären. Hier zahlt sich zusätzlich aus, daß das Heft aus Hochglanzpapier besteht, denn außer dem interessanten Text enthält die Broschüre auch interessante Bilder des Chefs des Hauses Hohenzollern, Prinz Georg Friedrich von Preußen, des Chefs der schwäbischen Linie, Fürst Friedrich Wilhelm von Hohenzollern, der Vermählung Prinz Louis Ferdinands in Doorn, Wilhelms II. einschließlich seiner beiden Ehefrauen Auguste Victoria und Hermine, der Denkmäler Friedrichs des Großen in Letschin und Wilhelms I. am Deutschen Eck, der Burgen Hohen- zollern und Namedy, der Marienburg, der Schlösser Sigmaringen und Sanssouci, des Hauses Doorn, des Berliner Doms sowie der Urkunde über die Belehnung des Burggrafen Friedrich VI. am 30. April 1415 durch Kaiser Sigismund mit der Mark Brandenburg.

Man kann und muß schon lange in der Schrift stöbern, bis sich das erste Mal Ansätze von Widerspruch regen. Im Abschnitt über Wilhelm I. heißt es: "Der deutsche Kaiser (...) ernennt und entläßt den Reichskanzler und die Minister. Der Reichskanzler ist zugleich preußischer Ministerpräsident." Das Kaiserreich kannte außer dem Kanzler keine Minister, sondern nur Staatssekretäre, und im Gegensatz zur Personalunion zwischen deutschem Kaiser und preußischem König sah die Reichsverfassung eine entsprechende personelle Identität zwischen deutschem Reichskanzler und preußischem Ministerpräsidenten nicht vor. So waren vom 20. März 1892 bis zum 26. Oktober 1894 zeitgleich Graf Georg Leo Caprivi im Reich Kanzler und Botho v. Eulenburg in Preußen Ministerpräsident.

Unter dem Stichwort Flüchtigkeitsfehler können hingegen die diversen Bindestriche verbucht werden, die sich bei den diversen Friedrich Wilhelms eingeschlichen haben. Überhaupt hätte der Text ein (weiteres) Korrekturlesen vor der Veröffentlichung verdient gehabt. Es muß auch nicht sein, daß zum Ende des Textes hin bei der Aufzählung der Kinder des letzten Kronprinzen die Nummer 3 zweimal vergeben wird, aber dafür die Nummer 5 keinmal. Daß sich die Kritik an der Arbeit auf derartige Formalien konzentriert, kann durchaus als Kompliment für das Gesamtwerk interpretiert werden. M. Ruoff

Heinrich Freiherr v. Massenbach: "Die Hohenzollern einst und jetzt. Die königliche Linie in Preußen. Die fürstliche Linie in Hohenzollern", Broschüre, 97 Seiten, 7 Euro