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22.03.03 / Leserbriefe

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 22. März 2003


Leserbriefe

Nur noch mit Ironie zu ertragen

Betr.: "Weltpolitik durch die Hintertür" (Folge 9)

Den weltweiten Medien stehen in den nächsten Wochen einmalige Zeiten ins Haus, der Fernsehkonsument braucht seine seelische Einfalt nicht mit Horror-, Science-fiction- oder Krimi-Konserven aufzubessern. Die Fernsehteams haben schon Stellung bezogen. Frühes Kommen sichert gute Plätze, US-Gesellschaften in der ersten Reihe. Es werden dann richtige Leichen und Einschläge von Präzisionsbomben auf echte oder dank des CIA auf fiktive Ziele geboten. Auch werden im Wüstensand vorpreschende Panzer à la Rommel live an den Bildschirmen zu begutachten sein. US-Tote darf es allerdings nicht geben. Dafür sind andere da.

Man muß es auf der Zunge zer- gehen lassen: Das mächtige Land, "god's own country", fühlt sich von dem "nobody" Irak direkt bedroht! Eigenartigerweise nicht mehr von Libyen oder dem Iran oder gar Nordkorea mit seinen Nuklear-Raketen. Beweise liefert nicht Blix, sondern US-Geheimdienste in altbekannter Weise. Nur: von dem Anschlag in New York ahnten die Jungs vorher nichts, aber zwei Tage später war klar, daß es bin Laden und kein anderer war. Seitdem suchen ihn dieselben Jungs vergeblich. Diese Leute sind demnach also direkt prädestiniert, die staunende Welt über den Irak aufzuklären.

In aller Öffentlichkeit spricht man von nicht vermeidbaren Kollateral-Schäden, sprich einigen hundert Zivilisten, die zwar mit all dem nichts zu tun haben, aber natürlich "Mitläufer" sind. Vielleicht bekommt ja auch die deutsche Botschaft in Bagdad "versehentlich" eine Bombe ab, als Gruß und Dankeschön. Die chinesische Botschaft in Belgrad läßt grüßen!

Was nach dem zweiten Operettenkrieg (aus amerikanischer Sicht) passiert, ist ziemlich klar. Anschließend geht das Irak-Öl in amerikanische Treuhänderschaft über, vermutlich genau so lange, wie die Sanktionen gegen den Irak bisher dauerten, also unbegrenzt. Es könnte sein, daß die USA in ihrer christlichen Großzügigkeit nach Belieben und Interesse den Russen, den Briten und den Franzosen für ihre Hilfe etwas Öl abgeben, sicher ja auch Polen, das ja seinen Judas-Lohn in Form eines US-Kredits bereits abgeholt hat. Es ist immer gut, wenn man Werte verschenken kann, die einem nicht gehören!

Nach getanem, anonymem Job hinterm Bildschirm, der für die US-Jungs sich kaum vom Flippern in der Spielhalle unterscheidet, gehen die GIs dann nach Hause, lassen sich als "heroes" feiern und als "veterans" verehren und hinterlassen die Ruinen den Europäern.

H. W. Wittmeier, Rösrath

 

 

Bamberger Reiter

Betr.: "Aufzug der Nation" (Folge 7)

Dieser Artikel hat in meinem Innern eine Saite, die dort schon seit meinem ersten Anblick des Bamberger Reiters vor 76 Jahren aufgespannt ist, zum Schwingen gebracht.

Baldur Springmann, Geschendorf

 

 

Bewegende Begegnung mit M. Peyinghaus

Betr.: Literatur über Ostpreußen

Als ich im Herbst 2002 im Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung in der Rubrik "Literatur über Ostpreußen" das Buch "Stille Jahre in Gertlauken" von Marianne Peyinghaus aus dem Siedler Verlag entdeckte, erwarb ich es sofort. Die Lektüre war sehr bewegend.

Das Buch besteht ausschließlich aus Briefen von der im Jahre 1942 gerade 21jährigen Frau, die aus dem Rheinland ins ferne Ostpreußen als Lehrerin versetzt wurde, an ihre Eltern in Köln oder ihren Bruder ins Feld. Man kann sich heute gar nicht mehr vorstellen, daß eine so junge Frau fern der Heimat als alleinige Lehrkraft mit 100 Schülern der Dorfschule fertig werden mußte. Welch ein Elan, welch ein Berufs-ethos spricht aus diesen Briefen. Am 17. Januar 1945 schreibt sie ihren letzten Brief aus Gertlauken vor ihrer Flucht.

Bislang wußte ich nichts Näheres von dieser Frau. Nach einigem Nachdenken kam ich auf die Idee, daß Marianne Peyinghaus eigentlich noch leben könnte. Ich warf meinen Computer an und fand im Telefonbuch nur wenige Anschlüsse auf diesen Namen. Der Eintrag "F. Peyinghaus" konnte Fritz Peyinghaus meinen, den Offizier, den die gebürtige Marianne Günther später ehelicht. Ich wählte auf gut Glück und hatte eine freundliche Frauenstimme am Apparat. Nachdem ich mein ungewöhnliches Anliegen etwas stockend vorgetragen hatte, sagte die Stimme: "Ja, ich bin Marianne Peyinghaus, geborene Günther." Mir verschlug es fast die Sprache. Ich bat um ein Treffen mit ihr, hatte ich doch noch viele Fragen zu dem Buch und der Zeit damals. Ich selbst bin 67 Jahre alt und war in den Kriegsjahren somit noch ein kleiner Junge.

Im November 2002 kam es dann zu der Zusammenkunft. Meine Frau und ich waren etwas eher am Treffpunkt und warteten gespannt. Wir malten uns gegenseitig aus, wie Marianne Peyinghaus wohl aussehen würde. Da tat sich die Flügeltür auf, und eine Dame mit weißem Haar schritt rüstig auf uns zu. Die Augen leuchteten und ihr Gesicht strahlte nur Positives aus.

Einige Stunden konnten wir uns angeregt unterhalten. Sie berichtete uns, daß es einen Gertlauker Kreis gebe, bestehend aus ihren ehemaligen Schülern und Freunden. Schon oft hat sie Ostpreußen und besonders Gertlauken besucht. Wir konnten auch unsere Erlebnisse aus Ostpreußen einbringen, da wir ebenfalls mehrfach da waren, ohne dort beheimatet zu sein. Für uns war es ein unvergeßlicher Nachmittag.

Ich denke, ein jeder sollte das Buch gelesen haben. Nicht nur für Erwachsene, sondern auch für jüngere Menschen ist es ein wichtiges Zeitdokument. Zudem zeigt es, wie man durch Tatkraft, Willensstärke und Mut, auch wenn die Zeiten schwer sind, das Leben und den Beruf meistern kann. Harm Smidt,

Bad Gandersheim

 

 

Selbst Lazarettzug des Roten Kreuzes wurde angegriffen

Betr.: "Eine Gasse für die Wahrheit" (Folge 1)

Der Leserbrief von Helmut Panzer führt eine größere Zahl alliierter Kriegsverbrechen auf, die allerdings nicht oder kaum der deutschen Öffentlichkeit - mit Ausnahme des Luftterrors - bekannt sind, da ihr Bekanntwerden den Prinzipien des Zeitgeistes ungelegen wäre. Daher möchte ich - wenn auch nur einem begrenzten Leserkreis - zur Ergänzung persönlich Erlebtes erzählen.

Schwerverwundet Mitte Juli 1944 in Italien befand ich mich in einem groß mit dem Roten Kreuz gekennzeichneten Lazarettzug auf dem Transport nach Deutschland. Stimmung und Verhalten der Schwerverwundeten sind vorstellbar. In der Po-Ebene erblickte ich plötzlich am Himmel zwei Doppelrumpf-Flieger. In der Annahme, daß es deutsche Focke Wulf-Maschinen sind, kam Freude darüber auf, daß die Kameraden an der Front Entsatz erfahren werden. Diese Freude oder Einbildung trog jedoch. Nach kürzester Zeit sah ich diese beiden Flugzeuge direkt auf unseren Zug zusteuern, und schon krachte und splitterte es im Waggon, und Schreie übertönten den Fahrtenlärm. Nach dem Halten des Zuges nach kurzer Strecke versuchten noch Gehfähige und andere Schwerstbehinderte aus dem Zug in nahestehende Büsche zu flüchten; illusionäre Schutzsuche und -vorstellung. Schreckliche Bilder im Orkan von Schüssen, Schreien, Panik und Flucht aus diesem Höllengrund!

Nach Berichten des begleitenden Sanitätspersonals hat dieser Überfall beider englischen Lightnings auf diesen nach Vorschrift gekennzeichneten Lazarettzug 27 Tote (darunter der Lokomotivführer) und 39 erneut Verwundete gefordert. Ein Verbrechen, das bekanntlich keine moralische und juristische Anklage und Verfolgung ausgelöst hat. Solches blieb nur zum großen Teil erfundenen deutschen Kriegsverbrechen vorbehalten. Also auch hier bestätigt: Wehe den Besiegten!

Otto Gallmeister, Bensheim

 

 

Held enteehrt

Betr.: "Hindenburg im Visier der Linken" (Folge 6)

Der obige Artikel beleuchtet klar die gesamte geschichtliche Misere des heutigen Deutschlands. Nicht nur daß man auf ein Viertel des eignen Landes bedingungslos ver- zichtet hat und damit zwölf Millionen völkerrechtswidrig entrechtete, nein, jetzt versucht der Pöbel außerdem, ehrbare Helden Deutschlands zu "entehren". Zur gleichen Zeit werden Namen wie Marx, Engels, Liebknecht und Luxemburg als Vertreter des blutrünstigsten politischen Systems der Welt weiterhin verehrt. Kein Wunder, daß wir Amerikaner mit dem heutigen Deutschland nicht mehr übereinstimmen. 

Peter P. Haase, Boca Raton, Florida, USA

 

 

Andere Zeitung

Betr.: "Die manipulierte Demokratie" (Folge 5)

Sie schreiben das bekannte Maastricht-Versailles-Zitat Le Monde zu, es stammt aber aus Le Figaro und lautete: "Deutschland muß zahlen, hieß es in den zwanziger Jahren. Heute zahlt Deutschland: Maastricht, das ist dasselbe wie der Versailler Friedensvertrag ohne Krieg."

Friedrich Karl Pohl, Lüneburg

 

 

Trotz Ganztagsbetreuung glücklich

Betr.: Die Kinder werden verstaatlicht (Folge 50)

Ich lese gerne Ihre Zeitung. Mein Mann bezieht sie seit Jahren, denn er ist Ostpreuße. Mit dem obengenannten Artikel bin ich allerdings nicht einverstanden. Denn meine eigenen Erfahrungen lassen mich andere Rückschlüsse ziehen.

Meine Tochter lebt seit 15 Jahren in Spanien. In Spanien werden Kinder schon mit drei Jahren obligatorisch in die Betreuung gegeben. Die Kinder werden die ersten drei Jahre spielend an alles herangeführt. Die Schulstunden sind meistens von 9 bis 17 Uhr einschließlich Mittag- essen zu einem geringen Preis. Meine vier und acht Jahre alten Enkelkinder machen auf mich stets einen fröhlichen, aufgeschlossenen Eindruck wie überhaupt alle Kinder in Spanien. Sie sprühen vor Lebenslust. Der Bezug zur Familie ist in Spanien extrem gut; obwohl die Kinder die überwiegende Zeit des Tages in staatlicher Obhut verbringen. Gleichzeitig gibt es wohl kaum ein Land in Europa, dessen Einwohner so wenig obrigkeitshörig sind wie die Spanier. Die Regierung spielt für sie nur eine untergeordnete Rolle.

Die Spanier, ob groß oder klein, sind selbstbewußt und stolz, trotz oder gerade wegen ihres Schulsystems. 

Adelheid Gunia, Hannover

 

 

Wir sind der Souverän

Betr.: "Ohne das Volk" (Folge 4)

Demokratie heißt bekanntlich Volksherrschaft. Davon scheint der Chef der CSU-Gruppe im Europäischen Parlament, Markus Ferber, nichts zu halten. Ja, es scheint fast so, als ob er eine echte Demokratie fürchtet wie der Teufel das Weihwasser. Man hat doch beste Erfahrungen mit dem Ausschalten des Volkes gemacht, denn was wäre aus dem (T)Euro geworden, wenn es eine Volksbefragung gegeben hätte? Und was würde aus dem Zuwanderungsgesetz, wenn das Volk nach seiner Meinung gefragt würde?

Wie lange wird das Volk das alles noch stillschweigend hinnehmen? Es wird Zeit, daß wir uns gegen Bevormundung wehren und den Politikern klarmachen, daß wir der Souverän sind, dessen Auftrag sie erfüllen sollen. Wir haben sie nicht zu unserer Entmündigung gewählt. Die Gefahr, daß sich eine "europaskeptische Partei" etabliert, ist um so größer, je offensichtlicher das Volk übergangen wird.

Ruth Bachmann, Bad Arolsen

 

 

Zuflucht geboten

Betr.: "Dänische Flüchtlingslager waren die Hölle" (Folge 4)

Ich bin Jahrgang 1934, stamme aus Königsberg und war von April 1945 bis Oktober 1948 in dänischen Flüchtlingslagern (Kopenhagen und Oksböl). Als Hölle und Freiheitsberaubung habe ich diesen Aufenthalt nie empfunden. Gedanken an Mord beziehungsweise fahrlässige Tötung hatte ich nicht. Was wäre uns wohl passiert, wären wir in Ostpreußen den Russen in die Hände geraten? In der Osternacht 1945 erreichte unser Minensuchboot von Hela kommend die dänischen Hoheitsgewässer: Ein Gefühl der Sicherheit breitete sich sofort auf dem Schiff aus. Ich halte es mit Agnes Miegel (sie war auch in Oksböl): "Oh Erde Dänemarks, die Zuflucht uns geboten ..."

In Kopenhagen herrschte im Sommer 1945 zeitweise Bäckerstreik. Damals bekamen wir statt richtigem Brot nur große Scheiben Knäckebrot, aber es schmeckte gut, hatte keine Maden, machte allerdings auch wenig satt. In Kopenhagen gab es siebenmal die Woche Eintopf. In Oksböl war die Verpflegung sogar erheblich besser.

In Kopenhagen fielen am Rand der Schulwiese manchmal ein paar Steine, geworfen von Halbstarken, nicht von Erwachsenen.

Natürlich war es uns im eisigen Winter 1946/47 in Oksböl nicht verboten zu heizen, aber bei der Kälte blieben sowieso alle, die gerade nichts zu tun hatten, im Bett.

Ruth Henke, Kiel